Verhinderungsplanung durch Höhenbegrenzungen von Windenergieanlagen in der Flächennutzungsplanung in Rheinland-Pfalz

Frage

In einem Teilflächennutzungsplan Windenergie in Rheinland-Pfalz soll eine Höhenbegrenzung zum Schutz des Landschaftsbildes aufgenommen werden. Ab welcher Höhenbegrenzung könnte diese als Verhinderungsplanung gewertet werden? Ist eine Begrenzung auf 180 Meter Gesamthöhe im Mittelgebirgsbereich bereits als kritisch anzusehen?

Vollständige Antwort

1. Höhenbegrenzungen von WEA in der Flächennutzungsplanung

Höhenbegrenzungen von Windenergieanlagen (WEA) wurden in der Vergangenheit in der Flächennutzungsplanung häufiger festgelegt und stellen heute insbesondere im Rahmen des Repowerings eine planerische Einschränkung dar. Viele Gemeinden bewerten allerdings die Belange, die damals zu den Höhenbegrenzungen geführt haben, heute im Verhältnis zur Windenergie anders. (Agatz 2017, S. 133)

Rückfragen bei den zuständigen Referaten für Raumordnung und Landesplanung der beiden Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGD) Nord und Süd in Rheinland-Pfalz ergaben, dass in deren Zuständigkeitsbereich nur wenige Flächennutzungspläne (FNP) mit Höhenbegrenzungen bekannt sind. Im Bereich der SGD Nord seien dies Fälle mit Höhenbegrenzungen von 100 Meter Nabenhöhe oder 150 Meter Gesamthöhe. Dabei handele es sich zumeist um ältere Planungen, die derzeit in Neuaufstellung zur Anpassung an die neuen Vorgaben der 3. Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV in Rheinland-Pfalz sein könnten und damals dem Stand der Technik entsprochen hätten. Zudem wurde ein FNP aus dem Jahre 2000 mit einer Höhenbegrenzung von 35 Metern in einer sehr großen Fläche in der Verbandsgemeinde St. Goar-Oberwesel genannt, der auch heute noch wirksam sei.

In der SGD Süd ist über Höhenbegrenzungen für WEA in Flächennutzungsplänen im Zuständigkeitsbereich nichts bekannt. Auch wenn bezüglich der jeweiligen Gründe für Höhenbegrenzungen in FNP für die Windenergienutzung ein abschließender Überblick bei der SGD Nord fehle, so geht die SGD jedoch davon aus, dass der Grund regelmäßig im Schutz des Landschaftsbildes liege. Der Gesetzgeber gestatte es, dass durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtlich geschützte Nutzungsinteresse in der Konkurrenz mit anderen Abwägungsbelangen ggf. zurückzustellen. Wegen der Bedeutung des Ausbaues der erneuerbarer Energien für den Klimaschutz (vgl. z. B. § 1 Absatz 5 BauGB, wonach der Klimaschutz zu den Planungsleitsätzen des BauGB gehört), der fortschreitenden Entwicklung der Anlagentechnik und mit Blick auf ein zukünftiges Repowering sollten auch aus Sicht der SGD Nord allenfalls dort Höhenbegrenzungen erwogen werden, wo ansonsten besonders gewichtige öffentliche Belange – wie zum Beispiel die visuelle Integrität besonders geschützter (Kultur-)Landschaften, Kulturdenkmäler (-ensembles) oder Stadtbilder – erheblich beeinträchtigt werden könnten.

Landschaftlich bzw. naturräumlich besonders schützenswerte Räume selbst sind mit dem derzeitigen LEP bereits von einer Windenergienutzung ausgenommen.

2. Höhenbegrenzung und Verhinderungsplanung in der Rechtsprechung

Eine Recherche zur Rechtsprechung zum Thema Höhenbegrenzung und Verhinderungsplanung auf FNP-Ebene ergab, dass das Thema in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen war. Bei den ermittelten Entscheidungen handelt es sich überwiegend um obergerichtliche Rechtsprechung aus den Ländern (Bayern, Baden-Württemberg, Berlin/Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen). Zudem fand sich auch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Entscheidungen zeigen, dass sich die Grenze zur Verhinderungsplanung nicht abstrakt anhand allgemein verbindlicher Größenangaben zu WEA bestimmen lässt (vgl. BVerwG 2010, OVG Münster 2012a, OVG Bautzen 2012, OVG Greifswald 2013, VGH Mannheim 2012, VGH Hessen 2012).

Die Entscheidungen enthalten jedoch Indizien die für bzw. gegen eine gerichtliche Wertung als Verhinderungsplanung sprechen. Maßgeblich im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzungen ist dabei die Frage, ob der Windenergie trotz Höhenbeschränkung (noch) substanziell Raum verschafft wird und ob WEA auf den festgesetzten Flächen (noch) wirtschaftlich zu betreiben sind.

Gegen das Vorliegen einer Verhinderungsplanung spricht, wenn Anlagen mit entsprechenden Turm- und Gesamthöhen der jeweils aktuellen Anlagengeneration auf dem Markt gängig und herstellerseitig verfügbar sind und zugleich hinreichende Argumente oder Nachweise fehlen, dass WEA in der festgesetzten maximalen Höhe auf den jeweiligen Flächen nicht wirtschaftlich zu betreiben sind (z. B. OVG Berlin-Brandenburg 2016, Rn. 17, juris bzgl. einer Beschränkung auf 150 Meter Gesamthöhe sowie VG Düsseldorf 2015, Rn. 36, juris bzgl. einer Beschränkung auf 100 Meter Gesamthöhe).

Auch spricht gegen das Vorliegen einer Verhinderungsplanung, wenn sich der Plangeber mit der Frage der Möglichkeit eines wirtschaftlichen Betriebs auseinandergesetzt hat und sich dabei ergibt, dass sich bezogen auf die Lebensdauer entsprechender Anlagen eine nennenswerte Eigenkapital-Rendite (zwischen drei und vier Prozent) erwirtschaften lässt (z. B. OVG Münster 2012b, Rn. 50, juris bzgl. einer Beschränkung auf 100 Meter Gesamthöhe).

Für eine Verhinderungsplanung spricht hingegen, wenn der Planungsträger, trotz Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte, von einer Klärung der Frage, ob sich auf den bauhöhenbeschränkten Standorten ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb von Windenergieanlagen verwirklichen lässt, abgesehen hat und sich die Flächenausweisung im Wesentlichen auf solche in dieser Hinsicht unsicheren Standorte beschränkt. (VGH Mannheim 2012, Rn. 62, juris)

Das VG Würzburg (2015) sah in einem Fall eine Verhinderungsplanung vorliegen, da die vorgesehene Beschränkung auf 150 Meter Gesamthöhe die Nutzung der Windenergie im fraglichen Bereich erheblich einschränke und zugleich aber die für die Einschränkung erforderlichen „hinreichend bedeutsamen städtebaulichen Gründe“ nicht ersichtlich waren. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH 2014, Rn. 29) hatte gemeindlichen Planungsträgern eine Beschränkung der Windenergienutzung bei hinreichend gewichtigen städtebaulichen Interessen mit der Begründung zugebilligt, dass der Windenergienutzung lediglich substanziell Raum geschaffen, nicht jedoch bestmöglich Rechnung getragen werden müsse. Laut VG Würzburg ginge es vor diesem Hintergrund allerdings „wohl zu weit, soweit [von der Klägerin] geltend gemacht werde, nur noch eine Anlagenhöhe von mindestens 200 Metern sei betriebswirtschaftlich sinnvoll“.

3. Möglicher Einfluss der aktuellen Rahmenbedingungen des EEG auf Praxis und Rechtsprechung

Abgesehen von der oben beschriebenen bisherigen Praxis und Rechtsprechung dürften Festsetzungen zur Höhenbegrenzung von WEA für Projektierer unter den gegenwärtigen Bedingungen vermutlich nachteilig sein. Das Ausschreibungssystem für die Windenergie führt zu einem erhöhten preislichen Wettbewerb unter den Projektierern, bei dem die Höhe der geplanten WEA aus Gründen der Windhöffigkeit und somit des erreichbaren Ertrags eine umso größere Rolle spielen dürfte.

In diesem Zusammenhang ist auch die weiter fortschreitende technisch-bauliche Anlagenentwicklung relevant. Zukünftig sollen Anlagen mit Gesamthöhen von nahe 250 Metern (170 Meter Gondelhöhe und 150 Meter Rotordurchmesser) zum Einsatz kommen.

Gleichwohl könnte es trotzdem weiterhin einzelfallspezifische Konstellationen geben, bei denen Höhenbeschränkungen notwendig werden und WEA auch mit einer Gesamthöhe von bis zu 180 Metern wirtschaftlich betrieben werden können. Weitere Argumente im konkreten Planungsfall könnten entsprechende Wirtschaftlichkeits-Abschätzungen liefern.

Laut Agatz (2017) wurden in den letzten Jahren unter den Bedingungen der alten EEG-Festvergütungsregelungen noch WEA mit 100 Meter Gesamthöhe umgesetzt. Daher bleibt zudem abzuwarten, ob der deutlich verschärfte Wirtschaftlichkeitsdruck sowie die Tatsache, dass Projekte mit ungünstigen Kostenstrukturen unter dem Ausschreibungsregime des EEG 2017 tatsächlich nicht mehr verwirklicht werden können, eine Anpassung der Rechtsprechung in Bezug auf Verhinderungsplanungen nach sich ziehen. (Agatz 2017, S. 136)

Quellen

Agatz, M. (2017): Windenergie-Handbuch. 14. Ausgabe, Dezember 2017. 370 S. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 19. Feb. 2018).

Gerichtliche Entscheidungen

BayVGH (2015): AZ 22 CS 14.2495 vom 19.02.2015.

BVerwG (2010): AZ 4 C 7.09 vom 20.05.2010.

OVG Bautzen (2012): AZ 1 C 40/11 vom 19.07.2012.

OVG Berlin-Brandenburg (2016): AZ 2 S 66.15 vom 22.11.2016.

OVG Münster (2012a): AZ 8 A 252/10 vom 20.11.2012.

OVG Münster (2012b): AZ 10 D 47/10.NE vom 04.07.2012.

OVG Greifswald (2013): AZ 4 K 24/11 vom 03.04.2013.