Unterschreitung der Mindestabstände von Windenergieanlagen im Rahmen von Repowering in Hessen

Frage

Kann im Rahmen des Repowerings von Windenergieanlagen (WEA) in Hessen der im Windenergieerlass festgelegte Mindestabstand von 1.000 Metern zwischen WEA und Siedlungsflächen unterschritten werden?

Vollständige Antwort

Der Mindestabstand von 1.000 Metern zwischen Windenergieanlage und Wohnbebauung kann in Hessen grundsätzlich nicht unterschritten werden – auch nicht im Rahmen des Repowerings. Bestehende Standorte der Windenergienutzung werden bei der Flächenausweisung einbezogen, wenn sie den 1.000-Meter-Abstand einhalten. Dies wird durch die 2018 in Kraft tretende dritte Änderung des Landesentwicklungsplans bestätigt.[1]

Sobald die Vorranggebiete (VRG) mit Ausschlusswirkung für die Windenergie im Regionalplan festgelegt sind, ist eine Unterschreitung regelmäßig nicht mehr möglich.

Der Landesgesetzgeber möchte den weiteren Ausbau der Windenergie in den mit Ausschlusswirkung konzentrieren und damit zu einem verträglichen und geordneten Ausbau beitragen. Für die Anwendung des Instruments der „abschließenden regionalplanerischen Steuerung“ mit Hilfe entsprechender VRG sind feste Mindestabstandswerte die einzige Möglichkeit, zu einem rechtsicheren Planungsergebnis zu kommen.

Lediglich durch ein so genanntes „Zielabweichungsverfahren“ könnten die Mindestabstände unterschritten werden. Es ist allerdings fraglich, inwieweit ein solches Verfahren erfolgreich ist. Wird das Instrument der Zielabweichung eher „ermöglichend“ interpretiert, wäre eine Unterschreitung auch bei VRG mit Ausschlusswirkung nicht ausgeschlossen, solange das regionalplanerische Gesamtkonzept dadurch nicht in Frage gestellt wird. Bei einer eher restriktiven Auslegung kommt man zu dem Ergebnis, dass eine Zielabweichung nicht positiv beschieden werden kann, da es dadurch zur Aushöhlung des Gesamtkonzepts käme.

Es ist darüber hinaus unstrittig, dass auf Altstandorten dieselben Anforderungen an die Anlagenzulassung zu stellen sind, wie es für Neuanlagen der Fall wäre. Das bedeutet, dass die planerischen Siedlungsabstände so gewählt sein sollten, dass die neu zu errichtenden Anlagen – unabhängig davon, ob sie alte Anlagen ersetzen oder nicht – die zulässigen Lärmimmissionswerte für Siedlungen nicht überschreiten dürfen. Selbst wenn Anlagen auf Standorten, die den 1.000-Meter-Abstand unterschreiten, „gewollt“ wären, könnten die neuen Anlagen möglicherweise aus immissionsschutzrechtlichen Gründen unzulässig sein.

Quellen

[1] Nachtrag vom 18.01.2019: Die 3. Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) Hessen 2000 ist mittlerweile in Kraft getreten. Die landesplanerischen Festlegungen zu Siedlungsabständen sind unter der Planziffer 5.3.2.2 des LEP zu finden. Das Quellenverzeichnis wurde entsprechend aktualisiert.

HMWEVL − Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (2018): 3. Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 − Beschluss der Hessischen Landesregierung vom 21.06.2018. GVBl. für das Land Hessen Nr. 19 v. 10. September 2018. S. 397-552. Link zum Dokument (letzter Zugriff: 18.01.2019).