Möglichkeiten und Grenzen des artenschutzrechtlichen Ausgleichs
in Solarparks

Fachgutachten im Auftrag des KNE

Das Fachgutachten wurde  im Auftrag des Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende erstellt.

Veröffentlicht: August 2024, Hrsg.: KNE gGmbH
Auftragnehmer: BGHplan Umweltplanung und Landschaftsarchitektur GmbH
Bearbeitung: Dr. Stephan Feldmeier; unter Mitarbeit von: Sandra Folz, Joachim Konrad, Daniel Müller, Martin Seibert

Bis 2040 soll die installierte Leistung der Solarenergie in Deutschland auf 400 Gigawatt gesteigert werden. Es ist zu erwarten, dass beim Ausbau der Photovoltaik in der Freifläche artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht vollständig vermieden werden können. Im Falle der Beeinträchtigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten besonders und streng geschützter Arten ist laut Gesetz ein (vorgezogener) artenschutzrechtlicher Ausgleich erforderlich. Hierfür müssen zusätzliche Flächen planungsrechtlich gesichert werden.

Kommunen müssen diesen Bedarf in ihrer Planung mitbedenken. Wenn sich der artenschutzrechtliche Ausgleich direkt im Solarpark verwirklichen ließe, würde das Flächen sparen und den Aufwand für die Aufstellung von Bebauungsplänen begrenzen.

Im Rahmen des FuE-Projekts „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen" (SuN-divers) hat das KNE daher ein Fachgutachten beauftragt. Das Gutachterbüro BGH-Plan, Umweltplanung und Landschaftsarchitektur hat untersucht, ob und für welche Arten der artenschutzrechtliche Ausgleich innerhalb der Vorhabenflächen von Solarparks umgesetzt werden kann.

Das Fachgutachten bietet eine Einführung in planungsrechtliche Grundlagen und eine Darstellung der von Solarparks ausgehenden Wirkungen. Basierend auf aktueller Literatur zu den Auswirkungen auf Arten und Biotope werden mögliche Beeinträchtigungen, deren Vermeidung und Ausgleichsmaßnahmen für ausgewählte Artengruppen des Offenlandes steckbriefartig dargestellt.

Ergebnisse der Untersuchung

Zur Frage der Eignung von Solarparks als Lebensraum besteht immer noch ein erhebliches Defizit an systematischen, methodisch robusten Studien. Die Autorinnen und Autoren kommen dennoch zu verallgemeinerbaren Ergebnissen:

  • Größere Freiflächen ohne Module stellen die wichtigsten Lebensräume für die meisten wertgebenden Arten(-gruppen) dar.
  • Eine standortgerechte extensive Pflege muss erfolgen, um artenreiche Offenlandbiotope zu entwickeln und bestenfalls einen Ausgleich für betroffene Offenlandarten zu schaffen.
  • Die großteils beschatteten Bereiche zwischen oder unterhalb der Modulreihen eignen sich eher als Lebensraum für artenärmere Vegetationsbestände und verbreitete, anspruchslose Arten.
  • Die im öffentlichen Diskurs oft undifferenzierte Betrachtung von Solarparks kann zu unzulässigen Schlussfolgerungen führen. Der Artenreichtum einiger Vorzeigeanlagen mit hochwertigem Ausgangszustand oder im Umfeld von hochwertigen sogenannten Spenderbiotopen sollte nicht ohne Prüfung auf die mit Modulen überstellten Bereiche naturferner Anlagen in ausgeräumten Agrarlandschaften übertragen werden.

Nach aktuellem Stand des Wissens können Beeinträchtigungen hochwertiger Biotoptypen und Arten nur mit einem erhöhten Bedarf an externen Flächen oder mit größeren modulfreien Bereichen und damit geringerem Stromertrag in der Anlage vermieden werden.

Einschätzung des KNE

Aus Sicht des KNE erfordert die Berücksichtigung schutzbedürftiger Arten und Lebensgemeinschaften bei der Planung und dem Bau von Solarparks weiterhin besondere Aufmerksamkeit. Die umfassende Literaturauswertung zeigt, dass sich oftmals nur Teilbereiche der Anlagen zu hochwertigen Lebensräumen entwickeln können. Das ist zudem nur mit fachgerechten Pflegemaßnahmen zu erreichen. Artspezifische Ausgleichsziele können zwar in günstigen Fällen im Solarpark erreicht werden, dies dürfte aber nicht die Regel sein. Somit ist nicht auszuschließen, dass weiterhin ein Bedarf an Ausgleichsflächen besteht und planerisch abzusichern ist.

Das Gutachten zeigt aber auch die nach wie vor großen Wissenslücken auf. Weitere Forschung sollte unbedingt stattfinden, um die Auswirkungen der sehr verschiedenen technischen Komponenten eines Solarparks frühzeitig zu erfassen und negativen Entwicklungen entgegenzutreten.

Das FuE-Projekt „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen - SuN-divers“

Das FuE-Projekt soll dazu beitragen, dass Naturschutzbelange bei der Implementierung von Solarparks auf kommunaler Ebene stärker als bisher Berücksichtigung finden. Um diese Ziele zu erreichen, werden verschiedene Veranstaltungsformate genutzt. Hierzu zählen online durchgeführte Workshops, Werkstattgespräche in kleiner Runde und bundesweite Veranstaltungen für eine große Teilnehmendenzahl sowie die regionalen Workshops vor Ort mit Exkursionen zu guten Beispielen von naturverträglich gestalteten Solarparks. Die Ergebnisse aus den Fachgesprächen und dem Artenschutzgutachten werden zusammengeführt und für die an Solarparks beteiligten Akteure aus Kommunen/Kreisen, Verbänden und Landwirtschaft aufbereitet.

Das Projekt wird gefördert durch das BfN mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

Titelblatt mit Schrift und Bild Solarpark

Fachkontakt
Dr. Julia Wiehe
Leiterin Team Solar
julia.wiehe@naturschutz-energiewende.de