Fragen & Antworten

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Sie fragen – wir antworten

Das KNE erreichen zahlreiche Anfragen aus der ganzen Bandbreite der Themen der naturverträglichen Energiewende. Wir bearbeiten alle Fragen gewissenhaft und ausführlich, informieren über den aktuellsten Wissensstand und ordnen diesen ein. Wir bieten Hintergrundinformationen und empfehlen weiterführende Literatur.

Schlagwort: "Windenergie"

[356] Regelung zu künstlichen Nisthilfen

? Frage

Welche Regelungen gelten für das Anbringen von künstlichen Nisthilfen gemäß § 45b Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz und welche Auswirkungen haben diese Regelungen auf die Praxis?

! Kurzantwort

Nisthilfen sind eine häufig eingesetzte behördliche oder ehrenamtliche Maßnahme zum Schutz und zur Förderung bestimmter Vogel- und Fledermausarten. Mit dem 2022 eingeführten § 45b Abs. 7 BNatSchG wurde das Anbringen neuer Nisthilfen in ausgewiesenen Windenergiegebieten und im Umkreis von 1.500 Metern um Windenergieanlagen verboten. Damit soll vermieden werden, dass sich bestehende artenschutzrechtliche Konflikte verschärfen oder neue Konflikte hinzutreten können. Das Verbot gilt für jedermann, weshalb Nisthilfen innerhalb des Verbotsbereichs weder als FCS-Maßnahmen im Vorhabenkontext noch im ehrenamtlichen Naturschutz eingesetzt werden dürfen. Das Verbot kann sich zudem auf Schutzgebiete einschränkend auswirken, wenn sich der Verbotsbereich mit einem Schutzgebiet überschneidet und in diesem Bereich neue Nisthilfen nicht mehr als Maßnahmen im Rahmen des Schutzgebietsmanagements genutzt werden können. Der Einsatz als CEF-Maßnahme dürfte nach erster Rechtsprechung von dem Verbot ausgenommen sein, wobei eine höchstrichterliche Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht noch abzuwarten ist.

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[357] Ausgleichszahlungen nach WindBG und BNatSchG

? Frage

Unter welchen Voraussetzungen kann der Vorhabenträger bei der Genehmigung von Windenergieanlagen die Leistung jährlicher Ausgleichszahlungen in das nationale Artenhilfsprogramm vermeiden oder verringern und stattdessen Schutzmaßnahmen umsetzen?

! Kurzantwort

Die Beantwortung der Frage hängt davon ab, in welchem Zulassungsverfahren die Windenergieanlagen genehmigt werden. Werden die Anlagen nach § 6 WindBG genehmigt, kann der Vorhabenträger die jährlichen Zahlungen in das Artenshilfsprogramm verringern, indem er Abschaltmaßnahmen für Vögel oder Minderungsmaßnahmen mit Investitionskosten in Höhe von mindestens 17.000 Euro je Megawatt Anlagenleistung umsetzt. Gänzlich vermeiden kann er die Zahlungen, wenn er durch die umzusetzenden Maßnahmen sicherstellt, dass sämtliche artenschutzrechtliche Zugriffsverbote eingehalten werden. Hierfür kann der Vorhabenträger auch verlangen, dass die Behörde unzumutbare Maßnahmen anordnet. Werden die Anlagen nicht nach § 6 WindBG genehmigt, kann die Zahlungspflicht nur entstehen, wenn eine artenschutzrechtliche Ausnahme beantragt wird. Die Höhe der Zahlungen kann der Vorhabenträger durch die Umsetzung von Schutzmaßnahmen verringern oder auch gänzlich vermeiden, indem er selbst populationsstützende Maßnahmen umsetzt.

 

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[358] WEA und PV-FFA in FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten

? Frage

Wie viele Windenergieanlagen und wie viele PV-Freiflächenanlagen stehen in Deutschland in FFH-Gebieten und in Europäischen Vogelschutzgebieten und wie ist die Verteilung auf die Bundesländer?

! Kurzantwort

Windenergieanlagen (WEA) und PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) stehen nur in einem vergleichsweise geringen Umfang in FFH- und Vogelschutzgebieten. 2020 lagen bundesweit 90 WEA-Standorte in FFH-Gebieten und 471 Standorte innerhalb von Vogelschutzgebieten, die meisten davon in Hessen.  PV-FFA lagen bundesweit mit einem Anteil von 56 Hektar innerhalb von FFH-Gebieten und 471 Hektar innerhalb von Vogelschutzgebieten, mit Schwerpunkten in Brandenburg und Bayern. Eine Aufsummierung der errichteten Anlagenzahlen (WEA) bzw. Flächen (PV-FFA) ist nicht möglich, da sich die Schutzgebietskategorien teilweise räumlich überlagern. Grundsätzlich ist es möglich, dass die genannten Anlagen mit entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen in bestehende Schutzgebiete hinein geplant wurden, aber auch, dass es erst nach Bau der Anlagen zu den Schutzgebietsausweisungen kam.

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[365] Kollisionsgefährdung Uhu Rohrweihe Wiesenweihe

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Ist es aus fachlicher Sicht korrekt, dass bei Brutplätzen der Rohrweihe im Nahbereich von Windenergieanlagen auch bei höheren Rotorunterkanten als 30, 50 bzw. 80 Metern kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen ist? Oder trifft dies auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse nicht vielmehr auf den Uhu zu und müsste nicht daher der Uhu anstelle der Rohrweihe in der Fußnote in Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b BNatSchG aufgeführt sein?

! Kurzantwort

Studien zu Flugverhalten und Flughöhen des Uhus, der Rohrweihe und der Wiesenweihe geben Hinweise darauf, dass das Gesetz hier einen redaktionellen Fehler enthält. Bei Rohr- und Wiesenweihe wurden zumindest gewisse Anteile der Flugzeit in Höhen des Rotorbereichs festgestellt. Zudem liegen Informationen darüber vor, dass größere Flughöhen insbesondere in Brutplatznähe erreicht werden. Uhus überschreiten die in Fußnote 1 in Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b BNatSchG genannten Flughöhen in der Regel weder im Nahbereich noch im zentralen Prüfbereich. Daher sollte der Uhu anstelle der Rohrweihe in der Fußnote aufgeführt sein. Folglich würde für den Uhu gelten, dass bei Brutplätzen im Abstand des Nahbereichs auch bei höheren Rotorunterkanten als 30, 50 bzw. 80 Metern kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen ist

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[360] KNE-Antwort 360 zum Umgang mit Vogelansammlungen in artenschutzrechtlichen Prüfungen nach § 45b BNatSchG sowie nach § 6 WindBG

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Wie ist mit Ansammlungen von Vögeln in der Artenschutzprüfung nach § 45b BNatSchG und in der modifizierten Artenschutzprüfung nach § 6 WindBG umzugehen?

! Kurzantwort

Für Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen im Anwendungsbereich des § 45b BNatSchG sind artenschutzrechtliche Konflikte der Anlage mit Ansammlungen von Vögeln nach den bestehenden Regelungen der Länder sowie nach den etablierten fachwissenschaftlichen Standards zu prüfen. Für Vorhaben, für die § 6 WindBG anwendbar ist, dürfte nur die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zum Schutz von Vögeln in Ansammlungen in Anlehnung an den Maßstab des § 45b Abs. 6 BNatSchG zu prüfen sein. Im Übrigen dürften artenschutzrechtliche Konflikte der Anlage mit Ansammlungen von Vögeln auch in Verfahren im Anwendungsbereich des § 6 WindBG nach den bestehenden Regelungen der Länder sowie nach den etablierten fachwissenschaftlichen Standards zu prüfen sein.

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[361] KNE-Antwort 361 zur Abschaltung von Windenergieanlagen („Trudelbetrieb“)

? Frage

Zur Senkung des Kollisionsrisikos für Vögel und Fledermäuse an Windenergieanlagen (WEA) sieht das Bundesnaturschutzgesetz unterschiedliche Formen der Abschaltung als fachlich geeignete Schutzmaßnahmen vor. Abschaltung bedeutet jeweils, dass der Rotor in den sogenannten „Trudelbetrieb“ versetzt wird. Wie ist dieser eigentlich definiert und mit welcher Rotordrehzahl ist dabei zu rechnen? Wie schnell kann dies erreicht werden und welche Rolle spielt das im Kontext der Anwendung von Antikollisionssystemen als Schutzmaßnahme?

! Kurzantwort

Bei einer Abschaltung (synonym auch Abregelung) wird die Windenergieanlage in den Trudelbetrieb versetzt. Dies geschieht, indem die Rotorblätter „aus dem Wind gedreht“ werden („Pitchen“). Im Trudelbetrieb ist die WEA immissionsschutzrechtlich gesehen nicht „in Betrieb“. Vom Trudelbetrieb kann somit kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ausgehen. Aus rechtlicher Sicht gilt dies unabhängig von der Drehgeschwindigkeit des Rotors. Ein Stillstand des Rotors ist nicht gefordert.

Bei der bedarfsgerechten Abschaltung mit Antikollisionssystemen (AKS) kommt es für die Vermeidungswirksamkeit auf eine rechtzeitige Verringerung der Rotordrehzahl an. Damit diese Anforderung erfüllt werden kann, wird eine Mindest-Reaktionsdistanz festgelegt, bei deren Unterschreitung abzuschalten ist. Um diese zu bemessen, müssen Annahmen für die Rotordrehzahl und die Zeit bis zum Erreichen des Trudelmodus (Trudelzeit) getroffen werden. Im Mittel wird hierfür eine Rotordrehzahl von zwei Umdrehungen pro Minute und eine Zeitspanne von 30 Sekunden angenommen.

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