Fragen & Antworten

© stockpics - stock.adobe.com

Sie fragen – wir antworten

Das KNE erreichen zahlreiche Anfragen aus der ganzen Bandbreite der Themen der naturverträglichen Energiewende. Wir bearbeiten alle Fragen gewissenhaft und ausführlich, informieren über den aktuellsten Wissensstand und ordnen diesen ein. Wir bieten Hintergrundinformationen und empfehlen weiterführende Literatur.

Schlagwort: "Signifikanz"

[75] Zulässigkeitsmaßstäbe des BVerwG zum signifikant erhöhten Tötungsrisiko von Vögeln an

? Frage

Können Sie die Zulässigkeitsmaßstäbe des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem Tötungsverbot und dem „signifikant erhöhten Tötungsrisiko“ sowie deren Rezeption und Entwicklung in Rechtswissenschaft und -praxis darstellen? Welche fachlichen und wissenschaftlichen Ansätze existieren zum Umgang mit den diesbezüglich bestehenden artenschutzrechtlichen Unsicherheiten?

! Kurzantwort

Mit dem Urteil vom 9. Juli 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Erfüllung des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes einschränkend entschieden, dass dieses nur als verwirklicht angesehen werden kann, wenn sich das Tötungsrisiko in signifikanter Weise erhöht. Seitdem gab es in diesem Zusammenhang sowohl Diskurse in der rechtswissenschaftlichen Literatur als auch weitere bundes- und verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die sich mit einer Konkretisierung dieses Maßstabs auseinandergesetzt haben. Als schwierig stellte sich hierbei unter anderem die Abgrenzung von Schwellenwerten dar. In Wissenschaft und Praxis haben sich mittlerweile unterschiedliche Ansätze herausgebildet, um den artenschutzrechtlichen Konflikten im Zusammenhang mit der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu begegnen. Dazu gehören zum Beispiel pauschale Abstandsradien von Vogel-Brutstätten zu WEA, Raumnutzungsanalysen, Mortalitätsgefährdungsindizes sowie eine Reihe von Modellen zur Berechnung des Kollisionsrisikos. Alle Ansätze scheinen mehr oder weniger große spezifische Schwächen bzw. Einschränkungen zu haben, weshalb die diesbezügliche Diskussion noch nicht als abgeschlossen gelten dürfte.

Ausführliche Antwort

[192] Vorsorgeprinzip bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisiko

? Frage

Wie kommt das Vorsorgeprinzip bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos zur Anwendung? Ist es z. B. bei Unsicherheiten bezüglich des Sachverhaltes möglich, vorsorglich ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen?

! Kurzantwort

Das Vorsorgeprinzip findet im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung und der Beurteilung, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliegt, an mehreren Punkten Berücksichtigung. So beinhaltet die Einordnung planungsrelevanter Arten als „WEA-sensible Arten“ vorsorgliche Annahmen über deren Schlaggefährdung. Mindestabstands- und Prüfradien sollen Tötungsrisiken vermindern und dienen der vorsorglichen Minderung von Kollisionsrisiken.

Sofern kein gesichertes Wissen (etwa über das Vorkommen von bestimmten Arten) oder Prognoseunsicherheiten (über die Wirksamkeit von Vermeidungs- bzw. Schutzmaßnahmen) besteht, können Worst-Case-Annahmen getroffen werden. Diese haben in der Regel ebenfalls vorsorgenden Charakter. Somit kommen an mehreren Stellen des Prüf- und Entscheidungsprozesses der Vorsorge dienende Annahmen um Tragen. Es ist allerdings nicht möglich, vorsorglich ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen, ohne dass diese einzelnen Prüfschritte durchlaufen wurden. Die Beurteilung des signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bildet den Abschluss der – auf einer Reihe von vorsorglichen Annahmen beruhenden – Prüfschritte.

Ausführliche Antwort

[189] Störungsempfindlichkeit und Kollisionsgefährdung des Kranichs durch Windenergieanlagen

? Frage

Ist der Kranich windenergiesensibel? Wie ist der aktuelle Wissensstand zur Störungsempfindlichkeit und Kollisionsgefährdung durch Windenergieanlagen und welche Schutzmaßnahmen sind gegebenenfalls notwendig und geeignet?

! Kurzantwort

Im Rahmen der Fortschreibung von artenschutzrechtlichen Leitfäden und Erlassen in den Bundesländern besteht die Möglichkeit, auch Festlegungen zur Planungs- und Windenergierelevanz von potenziell kollisionsgefährdeten Vogelarten zu aktualisieren. Die Antwort stellt den aktuellen Stand des Wissens zur Störungsempfindlichkeit und Kollisionsgefährdung des Kranichs dar und beantwortet die Frage, bei welchen Konstellationen welche Schutzmaßnahmen erforderlich und geeignet sind.

Ausführliche Antwort

[284] Berücksichtigung von nach der Genehmigung entdeckter Brutvorkommen im Nahbereich von Windenergieanlagen

? Frage

Inwieweit müssen Wechselhorste besonders geschützter Vogelarten berücksichtigt werden, wenn sie nach der Erteilung einer Genehmigung für eine Windenergieanlage an Land und vor Baubeginn dieser Anlage in unmittelbarer Nähe (unter 500 m) zur geplanten Anlage entdeckt werden? Welche Behörde ist für das weitere Vorgehen zuständig, und käme zu diesem Zeitpunkt auch eine Ausnahme in Betracht?

! Kurzantwort

Nach der Erteilung einer Genehmigung kann die Genehmigungsbehörde die Genehmigung widerrufen, wenn ein Widerrufsgrund vorliegt. Ein nachträglich festgestellter Wechselhorst kann ein solcher Widerrufsgrund sein. Wenn die Behörde eine Genehmigung widerruft, wird sie entschädigungspflichtig. Die Naturschutzbehörde kann nachträglich Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anordnen. Diese Maßnahmen dürfen aber keinem Widerruf gleichkommen; hierfür ist die Immissionsschutzbehörde zuständig. Wenn die entsprechenden Maßnahmen aufgrund einer geringen Distanz zwischen Anlage und Horst nicht erfolgsversprechend sind, kann ein Wechselhorst auch verlegt werden. Für eine solche Maßnahme wäre regelmäßig eine Ausnahme erforderlich, da es ungewiss ist, ob die Maßnahme erfolgreich ist.

Ausführliche Antwort

[337] Habitatpotenzialanalyse und artspezifische Habitatbindung

? Frage

Was ist eine Habitatpotenzialanalyse, welche Rolle spielt sie zukünftig bei der Signifikanzprüfung und für welche kollisionsgefährdeten Vogelarten ist sie im Rahmen der Signifikanzprüfung fachlich geeignet?

! Kurzantwort

Eine Habitatpotenzialanalyse ist eine Methode, mithilfe derer die voraussichtliche Raumnutzung von kollisionsgefährdeten Vogelarten im Prüfbereich auf der Grundlage von Habitatstrukturen prognostiziert werden kann. Sie soll zukünftig bei der Signifikanzermittlung von Kollisionsrisiken bei als kollisionsgefährdet geltenden Vogelarten mit Brutplätzen im Abstand des zentralen Prüfbereichs von Windenergieanlagen vorrangig eingesetzt werden. Sie setzt sich aus einer Datenaufnahme und fachlichen Einschätzung der potenziellen Habitateignung und der potenziellen Raumnutzung zusammen. Die Habitatpotenzialanalyse hat für Arten mit enger Habitatbindung (Spezialisten) eine größere Aussagekraft als für Generalisten.

Ausführliche Antwort

[365] Kollisionsgefährdung Uhu Rohrweihe Wiesenweihe

? Frage

Ist es aus fachlicher Sicht korrekt, dass bei Brutplätzen der Rohrweihe im Nahbereich von Windenergieanlagen auch bei höheren Rotorunterkanten als 30, 50 bzw. 80 Metern kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen ist? Oder trifft dies auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse nicht vielmehr auf den Uhu zu und müsste nicht daher der Uhu anstelle der Rohrweihe in der Fußnote in Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b BNatSchG aufgeführt sein?

! Kurzantwort

Studien zu Flugverhalten und Flughöhen des Uhus, der Rohrweihe und der Wiesenweihe geben Hinweise darauf, dass das Gesetz hier einen redaktionellen Fehler enthält. Bei Rohr- und Wiesenweihe wurden zumindest gewisse Anteile der Flugzeit in Höhen des Rotorbereichs festgestellt. Zudem liegen Informationen darüber vor, dass größere Flughöhen insbesondere in Brutplatznähe erreicht werden. Uhus überschreiten die in Fußnote 1 in Anlage 1 Abschnitt 1 zu § 45b BNatSchG genannten Flughöhen in der Regel weder im Nahbereich noch im zentralen Prüfbereich. Daher sollte der Uhu anstelle der Rohrweihe in der Fußnote aufgeführt sein. Folglich würde für den Uhu gelten, dass bei Brutplätzen im Abstand des Nahbereichs auch bei höheren Rotorunterkanten als 30, 50 bzw. 80 Metern kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen ist

Ausführliche Antwort

[360] KNE-Antwort 360 zum Umgang mit Vogelansammlungen in artenschutzrechtlichen Prüfungen nach § 45b BNatSchG sowie nach § 6 WindBG

? Frage

Wie ist mit Ansammlungen von Vögeln in der Artenschutzprüfung nach § 45b BNatSchG und in der modifizierten Artenschutzprüfung nach § 6 WindBG umzugehen?

! Kurzantwort

Für Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen im Anwendungsbereich des § 45b BNatSchG sind artenschutzrechtliche Konflikte der Anlage mit Ansammlungen von Vögeln nach den bestehenden Regelungen der Länder sowie nach den etablierten fachwissenschaftlichen Standards zu prüfen. Für Vorhaben, für die § 6 WindBG anwendbar ist, dürfte nur die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zum Schutz von Vögeln in Ansammlungen in Anlehnung an den Maßstab des § 45b Abs. 6 BNatSchG zu prüfen sein. Im Übrigen dürften artenschutzrechtliche Konflikte der Anlage mit Ansammlungen von Vögeln auch in Verfahren im Anwendungsbereich des § 6 WindBG nach den bestehenden Regelungen der Länder sowie nach den etablierten fachwissenschaftlichen Standards zu prüfen sein.

Ausführliche Antwort