KNE-Podcast: Drei in Einem – Solarenergie, Biodiversität, Landwirtschaft

Wie können Photovoltaik-Freiflächenanlagen naturverträglich gestaltet werden? Welche Maßnahmen können zur Artenvielfalt beitragen und welche Erfahrungen gibt es schon?

Der Ausbau der Photovoltaik wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Ab 2026 sollen jährlich rund 12 Gigawatt PV-Freiflächenanlagen gebaut werden, was diese Stromquelle zu einer zentralen Säule der Energiewende macht. Das wird einen hohen Flächenbedarf nach sich ziehen, auch landwirtschaftliche Flächen werden zu diesem Zweck benötigt werden.

Ein gelungenes Beispiel für eine PV-Freiflächenanlage mit multipler Flächennutzung ist der Solarpark Klein-Rheide in Schleswig-Holstein. Er wird von der Wattmanufactur betrieben und kann mit seinen 27 Hektar Größe zirka 7.200 Haushalte mit Strom versorgen.

Im Gespräch mit Anke Ortmann, erzählt in Folge 39 von Naturschutz und Energiewende diesmal René Nissen, Geschäftsführer der Wattmanufactur von seinen Erfahrungen im Solarpark Klein-Rheide. Von den Anfängen der Fläche als Maisacker und Kiesabbaugebiet, wie der Aufbau des Solarparks verlief bis hin zu der unverhofften Bildung eines Teichs und den Arten, die man dort nun finden kann.

Dabei geht es vor allem auch um Fragen der Praxis: Worauf sollte man bei der Planung eines naturverträglichen Solarparks achten, um die Fläche vielfältig nutzen zu können? Und welche konkreten Tipps können vielfältige Akteure umsetzen, um diese Effekte auch zu erreichen?

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MEHR ZUM THEMA

Aktuelles aus Bund und Ländern

Bund

Ein aktueller Artikel der Bundesregierung zeigt die von ihr ergriffenen Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien auf. So habe unter anderem der Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung, der am 6. November 2023 beschlossen wurde, bereits zu einer deutlichen Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien geführt. Durch den Pakt seien Verfahren verschlankt, das Recht modernisiert und einzelne Prüfschritte in Genehmigungsverfahren reduziert worden. Des Weiteren habe der Vorrang für erneuerbare Energien eine Beschleunigungswirkung entfaltet. Im Ergebnis haben sich die Genehmigungszahlen im Bereich Windenergie in nur einem Jahr nahezu verdoppelt: Während 2021 und 2022 gut 4.000 Megawatt Windleistung genehmigt wurden, waren es 2023 knapp 8.000 Megawatt. Projekte werden jetzt durchschnittlich vier Monate schneller genehmigt als vor einem Jahr. Auch der Ausbau der Solarenergie boome: Jeden Tag werden in Deutschland aktuell Photovoltaik-Anlagen in der Größe von 34 Fußballfeldern installiert.

Bayern

In ihrer Antwort (Landtags-Drucksache 19/2268) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl (SPD) gibt das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Auskunft über Windenergieanlagen (WEA) auf dem Gebiet der Bayerischen Staatsforsten (BaySF). Zum Stand 13. Mai 2024 waren in den BaySF 101 WEA in Betrieb. 154 Anlagen befanden sich in der Planung, die meisten davon in Oberbayern (69 Anlagen). Im Rahmen von Standortsicherungsverträgen stellen die BaySF Dritten Staatsforstflächen zur Verfügung. Der Standortsicherungsverträge ermöglichen es den Vertragspartnern, Voruntersuchungen (z. B. Windmessungen) durchzuführen, Gutachten zu erstellen und das öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren einzuleiten. Auf Grundlage der Ergebnisse der Voruntersuchungen und Gutachten würden für die jeweilige Fläche die Genehmigungsplanung für das Windprojekt mit der geeigneten Zahl an WEA festgelegt und der Anlagentyp mit der korrespondierenden Nennleistung ausgewählt. Die Erträge der BaySF aus der Windenergie beliefen sich im Jahr 2023 insgesamt auf mehr als drei Millionen Euro.

Niedersachsen

Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz informiert in ihrer Antwort (Landtags-Drucksache 19/4703) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Jonas Pohlmann (CDU) über die Berücksichtigung von Vorschlägen, die durch Branchenvertreterinnen  und -vertreter im Rahmen der Task-Force Energiewende eingebracht wurden. Die niedersächsische Task-Force Energiewende wurde am 31. Januar 2023 eingerichtet. Verschiedene Gremien erfüllen dabei spezifische Aufgaben. Die Projektgruppen seien das Gremium, in dem Branchenvertreter/-innen und andere Teilnehmende Vorschläge zur Beseitigung von Ausbauhemmnissen vorbringen können. Dabei wurde vorgeschlagen, per Erlass festzulegen, welche Tierarten im Kontext des § 6 WindBG als „relevant“ gelten. Die Landesregierung erklärt diesbezüglich, dass der Bundesgesetzgeber eine abschließende Liste der durch den Betrieb von WEA an Land kollisionsgefährdeten Brutvogelarten in Abschnitt 1 der Anlage 1 zu § 45 b Abs. 1 bis 5 BNatSchG festgelegt habe. Diese sei geltendes Recht, weshalb es keines Erlasses bedürfe. Festlegungen zu kollisionsgefährdeten „Ansammlungen“, wie z. B. von Koloniebrütern und Gastvögeln, von Fledermäusen und störungsempfindlichen Arten, die vom Bund bisher nicht beregelt wurden, finden sich im niedersächsischen Artenschutzleitfaden.

Thüringen

Mit der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) und der Regionalisierung der Teilflächenziele leiste Thüringen nun seinen Beitrag zu dem im Windenergiebedarfsgesetz (WindBG) festgelegten Zwei-Prozent-Flächenziel für die Windenergie. Außerdem sei das Land, wie Energieminister Bernhard Stengele erklärte, dank des Windenergiebeteiligungsgesetzes gut aufgestellt, da an jeder neuen WEA die Gemeinden finanziell beteiligt werden. Man habe sich während des gesamten Prozesses dafür eingesetzt, dass WEA standortnah an Industrie- und Gewerbegebieten errichtet werden. Das erleichtere der Wirtschaft – von kleinen- und mittelständischen Unternehmen bis hin zu Weltkonzernen – den dringend benötigten Zugang zu Strom aus erneuerbaren Energien. Das LEP sorge bei der Ausweisung von Standorten für WEA durch die regionalen Planungsgemeinschaften für Klarheit. Für den Naturschutz gelten laut Stengele hohe Standards, beispielsweise für Schutzgebiete im Wald, Natura-2000-Gebiete oder das Grüne Band Thüringen. WEA auf Schadflächen in Wäldern können dazu beitragen, dass die Waldbesitzer den nötigen Waldumbau finanzieren können (PM Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz Thüringen 07/2024).

KNE-Veranstaltung „Naturverträgliche Solarparks in die Praxis bringen“

Online-Veranstaltung für kommunale Akteure

Am 30. Januar fand die Veranstaltung „Naturverträgliche Solarparks in die Praxis bringen – Erfahrungen und Wissensbedarfe kommunaler und überregionaler Akteure“ statt. Darin tauschten sich kommunale und überregionale Akteure, Teilnehmende aus Naturschutzverbänden und Genehmigungsbehörden sowie aus Institutionen der Landwirtschaft über die Potenziale und Möglichkeiten von naturverträglichen Solarparks aus.

Die Veranstaltung startete mit der Vorstellung des FuE-Vorhabens „Solarenergie und Naturschutz – Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen“ (SuN-divers). Frau Ammermann, vom Bundesamt für Naturschutz erteilte das Grußwort. Dr. Julia Wiehe, Projektleiterin und Leiterin des Teams Solar am KNE, erklärte die Ziele des Projekts, erläuterte die Auswirkungen von Solarparks auf Natur und Landschaft und stellte bestehende Instrumente für die Umsetzung naturverträglicher Solarparks dar.

Der Erfahrungsaustausch der 130 Teilnehmenden war das Herzstück der Veranstaltung. In mehreren Kleingruppen diskutierten die Teilnehmenden darüber, welche Vorteile sie in der naturverträglichen Gestaltung von Solarparks sehen. Darüber hinaus tauschten sie sich dazu aus, inwiefern sie schon bei der Gestaltung eines solchen Parks Einfluss nehmen konnten und wie Kommunen mit der Eingriffsregelung umgehen können. Die Antworten auf diese und weitere Fragen gaben den Gruppen und dem KNE hilfreiche Einblicke in die Arbeit vor Ort.

Im letzten Teil der Veranstaltung fand eine Podiumsdiskussion statt. Eduard Eich (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen), Daniel Krieg (Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur GmbH), Dr. Verena Ruppert (Landesnetzwerk Bürgerenergiegenossenschaften Rheinland-Pfalz e. V.) und Pia Schmidt (Dialogforum Energiewende und Naturschutz, Baden-Württemberg) gaben einen Überblick über ihre Erfahrungen und die Informationsbedarfe der Kommunen.

Der Austausch hat gezeigt, dass die Planung und Umsetzung von naturverträglichen Solarparks trotz bestehender Handreichungen und Fachliteratur für die Kommunen eine große Herausforderung darstellt. Über die Bauleitplanung hinaus werden von den befragten Kommunen bislang kaum weitere Instrumente, wie zum Beispiel kommunale Standortkonzepte oder städtebauliche Verträge, genutzt, um den Ausbau der Solarenergie zu steuern. In der Diskussion wurde positiv hervorgehoben, dass den Konzepten klare Auswahlkriterien zugrunde liegen und sie somit Kommunen dabei helfen, begründete Entscheidungen über Standorte und Vergabekriterien zu treffen.

Die von den Teilnehmenden geäußerten Bedarfe nach gezielter Unterstützung bei der Umsetzung naturverträglicher Solarparks werden im Projekt SuN-divers ausgewertet, in die inhaltliche Arbeit des Projektes einfließen und bei der Erstellung weiterer Informationsmaterialien berücksichtigt. Wir bedanken uns für die zahlreichen Anregungen und Hinweise.

Das FuE-Vorhaben: Solarenergie und Naturschutz

Der Ausbau der Photovoltaik, auch auf der Freifläche, wird in den nächsten Jahren in Deutschland stark zunehmen. Ziel des Projektes ist es, die Berücksichtigung von Naturschutzbelangen bei der Umsetzung von Solarparks besser zu unterstützen und den Wissenstransfer in die Planungspraxis zu stärken. Um dies zu erreichen werden verschiedene Veranstaltungsformate genutzt. Hierzu zählen online durchgeführte Workshops, Werkstattgespräche in kleiner Runde und bundesweite Veranstaltungen für eine große Teilnehmendenzahl sowie regionale Präsenzveranstaltungen. Die Ergebnisse aus den Fachgesprächen und dem Artenschutzgutachten werden zusammengeführt und in einer Informationsbroschüre für die an Solarparks beteiligten Akteure aus Kommunen/Kreisen, Verbänden und Landwirtschaft aufbereitet.

Das Projekt SuN-divers wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“

Am 7. Dezember traf sich zum achten Mal das KNE-Forum “Naturverträgliche Solarparks”. In der Veranstaltung diskutierten die geladenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem Fragen zum Solarpaket, interessante Praxisprojekte, Neuigkeiten aus der Forschung und Erfahrungen mit dem Thema Folgenutzung in Solarpark.

„Quo vadis Solarpaket der Bundesregierung? Naturverträgliche Solarparks zwischen Nische und Mainstream“ war die Diskussionsrunde überschrieben, mit der das Forum diesmal startete. Das Solarpaket der Bundesregierung befindet sich aktuell im parlamentarischen Prozess. In einer Anhörung Mitte November wurden von vielen Akteuren nochmal Stellungnahmen eingebraucht. Welche Anregungen aus Landwirtschaft, Solarbranche und Naturschutz insbesondere mit Blick auf die naturverträgliche Gestaltung von Solarparks nun im weiteren Prozess aufgegriffen werden, bleibt abzuwarten. Hier blicken die Forums-Teilnehmenden mit Spannung auf die weitere Entwicklung.

Im Rahmen eines Praxisbeitrags, diesmal zum Thema „Die Kuh im Solarpark“ wurde anhand eines interessanten Beispiels aus Schleswig-Holstein diskutiert, wie sich Photovoltaik, Landwirtschaft und Naturschutz auf der selben Fläche realisieren lassen und welche Synergieeffekte es insbesondere mit der Weidehaltung von Rindern bei der Förderung von mehr Biodiversität im Solarpark gibt.

Neben Neuigkeiten aus der Forschung waren gegen Ende des Forums zudem Herausforderungen, Wege und Erfahrungen bei der Folgenutzung von Solarparks Gegenstand des Austauschs. Eine Umfrage unter den Teilnehmenden zeigte, dass in fast der Hälfte der in der Runde bekannten Solarparkprojekte Folgenutzungsfragen sehr präsent sind. Einen Teil der damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen hat das KNE in zwei Publikationen aufgegriffen (siehe unten). Die Diskussion im Forum zeigte jedoch, dass bei diesem komplexen Thema durchaus auch noch viele Fragen offen sind.

Aktuelles aus Bund und Ländern

Bund

Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie am 15. November, stießen die von der Bundesregierung im sogenannten Solarpaket I geplanten gesetzlichen Neuregelungen zum Ausbau der Photovoltaik (Drucksache 20/8657) grundsätzlich auf Zustimmung. Es wurden jedoch weitere Änderungen angemahnt, damit der jährliche Leistungszubau bei PV-Anlagen wie geplant bis auf 22 Gigawatt gesteigert und für die Folgejahre auf diesem hohen Niveau stabilisiert werden kann. Durch das Gesetz soll unter anderem die Förderung für besondere Solaranlagen, sogenannte Agri-PV, Floating-PV, Moor-PV und Parkplatz-PV, neu geregelt werden. Birthe März, Referentin für Klima- und Transformationspolitik beim Deutschen Naturschutzring (DNR) erklärte, dass bei der Umwandlung unversiegelter und landwirtschaftlicher Flächen zu Standorten für Solar-Freiflächenanlagen Anforderungen des Naturschutzes eingehalten werden müssten. So könnten Naturschutz und eine beschleunigte Energiewende in Einklang gebracht werden. Ein Mehr an Biodiversität stärke zudem die Akzeptanz vor Ort.

Brandenburg

Eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Domres (DIE LINKE) befasst sich mit dem „Artenschutzprogramm Adler“, das 2005 in Brandenburg veröffentlicht wurde. Neben konkreten Schutzmaßnahmen, die das Programm vorschlug, sollte das Interesse für die berühmten Großvögel geweckt werden. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage (Landtags-Drucksache 7/8673) geht hervor, dass sich die Anzahl der Reviere von Fischadler und Seeadler deutlich positiv entwickelt haben. Beim Schreiadler sei zumindest von einer Stabilität des Bestandes auszugehen. Das bestehende Horstbetreuersystem und die Horstschutzzonen nach § 19 BbgNatSchAG hätten sich bewährt. Beim Fischadler gebe es zudem eine gute Zusammenarbeit mit den Energieversorgungsunternehmen. Hinsichtlich des Verlustgeschehens gebe es kaum noch Verluste durch Stromschlag. Verluste an Windenergieanlagen seien vor allem bei Schrei- und Seeadler relevant. Beim Seeadler gebe es zudem immer noch Bleivergiftungen und eine hohe Zahl an Bahnopfern.

Saarland

Wirtschafts- und Energieminister Jürgen Barke (SPD) und Klimaministerin Petra Berg (SPD) haben Anfang November ein Gesetzespaket zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Saarland vorgestellt. Mit dem Saarländischen Flächenzielgesetz soll den Vorgaben des Windenergieflächenbedarfsgesetztes (WindBG) des Bundes entsprochen werden. Für das Saarland gelten demzufolge Flächenbeitragswerte von 1,1 Prozent der Landesfläche bis Ende 2027 und 1,8 Prozent bis Ende 2032. Die Landesregierung beabsichtigt, ihre Verpflichtung deutlich schneller zu erfüllen und insgesamt 2,0 Prozent der Landesfläche bis zum 31. Dezember 2030 nach Maßgabe des Energiefahrplans aus dem Jahr 2021 auszuweisen. Das Saarländische Flächenzielgesetz enthält Teilflächenziele auf kommunaler Ebene. Die Planungshoheit und damit die Steuerung des Windenergieausbaus werden dadurch auch zukünftig bei den Kommunen liegen. Zudem werde es ein Saarländisches Gemeindebeteiligungsgesetz und eine Änderung des Landeswaldgesetzes geben (PM Ministerium für Umwelt Saarland 11/2023).

Zur räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive

Peter et al. (2023): Lebensraumverbund und Wildtierwege – erforderliche Standards bei der Bündelung von Verkehrswegen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen

Die räumliche Steuerung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) ist im Zuge des verstärkten und beschleunigten Ausbaus von großer Bedeutung. Die Flächen entlang von bestehenden Infrastrukturen gelten aufgrund ihrer Vorbelastung als konfliktarm und vorrangig nutzbar. Um eine Lenkung auf diese Flächen zu erreichen, wurde in §35 Baugesetzbuch (BauGB) eine Teilprivilegierung und damit ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für PV-FFA im Nahbereich (bis 200 m) zu Autobahnen, mehrgleisigen Schienen und parallel zu Verkehrswegen eingeführt (§35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB). Zudem macht die Vergütung nach §37 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für PV-FFA in bis zu 500 Meter Entfernung zu Autobahnen und mehrgleisigen Schienenwegen die Nutzung dieser Flächen attraktiv (§37 Abs. 1Nr. 2c EEG).

Der Artikel widmet sich der räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive und wurde in Folge eines Workshops an der internationalen Naturschutzakademie auf der Insel Vilm (INA) erstellt.

Die Autorinnen und Autoren gehen zunächst auf den politischen und rechtlichen Kontext ein und zeigen die Bedeutung der Bündelung von PV-FFA und Verkehrswegen auf. Durch eine Nutzung dieser Flächen für PV-FFA können zusätzliche Landschafts- und Habitat-Zerschneidungen vermieden und ein besserer Biotopverbund geschaffen werden. Des Weiteren werden auch mögliche negative Folgen der Bündelung thematisiert. Hierbei werden beispielsweise die kumulative Wirkung der PV-FFA, eine erhöhte Mortalitätsrate für Wildtiere und fehlende Ruhebereiche für die Tiere nach Querung der Verkehrswege erwähnt. Zudem wird der Begriff der „Bündelung“ genauer erläutert, unterschiedliche Definitionen sowie Beispiele aus der Praxis werden angeführt. Anschließend werden zu beachtende Aspekte im Planungs- und Abwägungsprozess der Bündelung erläutert, wie beispielsweise die Sicherung von Wildtierkorridoren, die Beachtung der Flächen des Biotopverbundes und der übergeordneten Regelungen der Bundesländer. Als Abschluss der Veröffentlichung werden Hinweise zu erforderlichen Standards der Standortwahl und zur Gestaltung der PV-FFA an Verkehrswegen formuliert. Hierbei werden acht Ergebnisse präsentiert. Es wird empfohlen, dass

  • obligate Tabuflächen für die Errichtung von PV-FFA entlang von Verkehrswegen freizuhalten sind. Dazu gehören beispielsweise ausgewiesene Flächen des Biotopverbundes und prioritäre Bereiche für Wiedervernetzungsmaßnahmen.
  • keine wilddichten Zäune um die PV-FFA errichtet werden.
  • eine Barrierewirkung durch eutrophe und/oder dicht und hochwachsende Begrenzungssäume vermieden wird.
  • durch die obligate Errichtung von Wildtierkorridoren eine Mindestdurchlässigkeit für Tiere erhalten werden soll.
  • Freihalteflächen im Umkreis von Querungshilfen an Verkehrswegen vorgesehen werden.
  • Mindestabstände von PV-FFA zu Gewässern, kleineren Querungshilfen und Waldrändern berücksichtigt werden.
  • die Ausgestaltung und Pflege der Wildtierkorridore auf den Landschaftsraum und die Ziele des jeweiligen Lebensraumverbunds ausgerichtet sein sollten.
  • Beleuchtung zu vermeiden ist, welche auf die Tiere abschreckend, störend oder attrahierend wirken könnte.

Der Artikel gibt einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zum Thema der Einbindung von PV-FFA in den Lebensraumverbund und bietet eine Orientierungshilfe für Genehmigungsbehörden. Durch die erwähnten neuen gesetzlichen Regelungen werden die Flächen entlang von Verkehrswegen immer wichtiger für den Ausbau von PV-FFA. Eine standortangepasste und naturverträgliche Gestaltung dieser Anlagen ist daher entscheidend, um mögliche negative Folgen der Bündelung zu verhindern und die positiven Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen.

Quelle: Peter, F., Reck, H., Trautner, J., Böttcher, M, Strein, M., Herrmann, M., Meinig, H., Nissen, H., Weidler, M. (2023): Lebensraumverbund und Wildtierwege – erforderliche Standards bei der Bündelung von Verkehrswegen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen. „Natur und Landschaft“ 98. Jahrgang (2023) – Ausgabe 11, S. 507-515

Link zum Artikel
(Artikel nicht frei verfügbar)

Solarparks als strategische Chance für die Wiedervernässung von Moorböden?

Mit dem EEG 2023 ist die Errichtung von Solarparks auf landwirtschaftlich genutzten Moorböden förderfähig, sofern die Fläche dauerhaft wiedervernässt wird. Doch hier gilt es noch viele Fragen zu klären, beispielsweise: Wie werden Wiedervernässungsmaßnahmen erfolgreich gestaltet? Wie lassen sich Solarparks auf dauerhaft nassem Untergrund umsetzen? Und wie steht es um die Bereitschaft zur Wiedervernässung in stark landwirtschaftlich geprägten Regionen? Der Forschungsbedarf dazu ist hoch.

Das KNE hat am 10. November rund 100 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Naturschutz, Moorschutz, Landwirtschaft und der Solarbranche in einem ersten Fachgespräch zusammengebracht, um die Herausforderungen und Chancen bei der Nutzung dieser neuen Flächenkategorie zu diskutieren, Wissen auszutauschen und sich untereinander zu vernetzen.

Nach einem Grußwort von Prof. Dr. Michael Succow, eröffnete Dr. Arndt Piayda vom Johann Heinrich von Thünen-Institut das Fachgespräch mit einem Vortrag zum Moorschutz als Klimaschutzmaßnahme, zum Ablauf und den Maßnahmen einer Wiedervernässung. Olaf Stührmann vom Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser erläuterte am Beispiel einer Wiedervernässung im Landkreis Diepholz, welche Akteure aus Verwaltung und Landwirtschaft an dem sehr komplexen Verfahren der Wiedervernässung beteiligt sind und wie die Flurbereinigung im Moorschutz eingesetzt werden kann. Erste Praxisbeispiele zu Photovoltaik auf wiedervernässten Moorböden  stellten René Nissen, Wattmanufactur GmbH, mit dem Solarpark  Lottdorf und Ulf Larschow, EE Plan GmbH, mit   der Bürgerenergie im Landkreis Cuxhaven vor. Anhand dieser anschaulichen Beispiele konnten die Herausforderungen für die Praxis  gut diskutiert werden.

KNE-Podcast zum Thema

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In der Diskussion zeigte sich die Skepsis der Diskutierenden, ob es sowohl umsetzbar als auch notwendig sei, wiedervernässte Moorböden zusätzlich für die Stromproduktion zu nutzen. Gleichwohl stimmten etliche der Anwesenden der Einschätzung zu, dass die Etablierung von Photovoltaik auf diesen Flächen eine strategische Chance für mehr Wiedervernässung sei. So wären Photovoltaik-Projekte insbesondere in den Randbereichen der Wiedervernässungsflächen oder in den Übergangsbereichen von intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen und Schutzgebieten sinnvoll. Allerdings seien die jeweiligen Standortgegebenheiten, wie etwa Torfmächtigkeit, Wasserverfügbarkeit, Relief usw. sehr divers, so dass auch die notwendigen Maßnahmen und Kosten für eine Wiedervernässung nur standortbezogen festgelegt werden können. Eine großflächige Überstellung von landwirtschaftlich genutzten Moorböden mit Solarmodulen  wurde als nicht realisierbar und nicht zielführend für den Moorschutz erachtet.

[Download nicht gefunden.]

Weitere Forschung ist erforderlich

Als erstes Fazit lässt sich festhalten, dass zu den klimatischen, ökologischen und sozio-ökonomischen Auswirkungen generell große Wissenslücken bestehen, die durch weitere  Forschung geschlossen werden sollten. Hierfür wäre eine beschleunigte Umsetzung von Beispielprojekten sinnvoll und notwendig.  Grundsätzlich wurden auch die Regelungen des EEG  als eher unklar, zu starr und als überarbeitungswürdig eingeschätzt. Einig waren sich alle Teilnehmenden, dass Solarparks ohne Wiedervernässung der landwirtschaftlich genutzten Moorböden verhindert werden sollten, da diese sonst die Flächen für den natürlichen Klimaschutz blockierten.

Das KNE wird das Thema weiter intensiv inhaltlich begleiten und mit den Akteuren im Austausch bleiben.

KNE-Podcast: Artenhilfsprogramme – Aktueller Stand, Fragen und Herausforderungen

 

Artenhilfsprogramme dienen dem Erhalt von Tier- und Pflanzenarten, entweder einer einzelnen oder ganzer Artengruppen.

Sie sollen einem Populationsrückgang der Art Einhalt gebieten bzw. die

Bestandssituation verbessern. Prinzipiell gibt es eine Riesenbandbreite: Vom Ameisenbläuling, einer Schmetterlingsart, über bedrohte Pflanzenarten wie dem böhmischen Enzian, über den Gartenschläfer bis hin zu den Weihen oder dem Weißstorch.

Mit den Beschlüssen der Bundesregierung zum beschleunigten Ausbau der Windenergie ist klar, dass es zum Schutz windenergiesensibler Arten auch bundesweite Artenhilfsprogramme geben wird.

Diesbezüglich gilt es, noch etliche Fragen zu beantworten und Herausforderungen zu bewältigen, damit diese ein Erfolg werden können. Wie der aktuelle Stand in den Ländern ist, für welche Arten sie erstellt werden, wie die Programme aussehen, wie sie finanziert und umgesetzt werden und warum Hessen im Kontext von Artenhilfsprogrammen und Windenergie ein Vorreiter ist, bespricht Moderatorin Anke Ortmann mit Holger Ohlenburg, KNE-Referent für naturverträgliche Windenergie.

Globale Energiewende stagniert

KNE-LESETIPP

Ernüchterndes Fazit des Renewable Energy Policy Network 21

Im jüngsten Bericht des Renewable Energy Policy Network 21 (REN21) wird der aktuelle Status der erneuerbaren Energien grundsätzlich zwar als positiv beschrieben, jedoch erfolgen der weltweite Ausbau und die Nutzung der Erneuerbaren viel zu langsam, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und dem Klimawandel entgegenzuwirken.

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat zwar in den vergangenen fünf Jahren merklich zugenommen, aber in den Bereichen Wärme, Kälte und Verkehr geschehe zu wenig, so im Renewables 2020 Global Status Report (englisch) nachzulesen. Zudem dominieren die fossilen Brennstoffe nach wie vor die weltweiten Energiesysteme. Der Anteil von Kohle, Gas und Öl liegt weiterhin bei fast 80 Prozent am Gesamtenergieverbrauch. Darüber hinaus nehmen der weltweite Energiebedarf und der -verbrauch stetig zu. Sollte nicht unverzüglich in allen Sektoren auf effiziente und erneuerbare Energien umgestellt werden, werde der Klimawandel ungebremst und dramatisch fortschreiten.

Anteil der Erneuerbaren stagniert durch steigenden Energieverbrauch

Der Anteil der erneuerbaren Energien insgesamt am Endenergieverbrauch über alle Sektoren nimmt nur unwesentlich zu. Für das vergangene Jahrzehnt ist praktisch kein Wachstum zu erkennen. 2009 lag der Anteil erneuerbaren Energien bei 10,6 Prozent, 2019 bei 11,7 Prozent und im Jahr 2020 bei 12,6 Prozent – das ist eine Zunahme von gerade mal zwei Prozentpunkten im genannten Zeitraum.

Die Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien finde damit nicht statt, so die Autorenschaft des Berichtes. Dabei waren erhebliche Zuwächse bei den Erneuerbaren-Kapazitäten zu verzeichnen, 314.000 Megawatt wurden im Stromsektor neu installiert. Jedoch habe der weltweit steigende Energieverbrauch den Ausbau der Erneuerbaren gewissermaßen „neutralisiert“, insbesondere nach der Corona-Pandemie sei ein starker Anstieg des Energieverbrauchs zu verzeichnen. Die Pandemie habe durch den außerordentlichen Wirtschaftseinbruch nur kurzfristig die energiebedingten CO2-Emissionen reduziert.

Fazit

Der Status Quo der Erneuerbaren weltweit sei weitgehend das Ergebnis der Politik und der Regulierung. Die entscheidenden Hindernisse in den Bereichen Wärme, Kälte und Verkehr müssten durch entschlossenes politisches Handeln aus dem Weg geräumt werden. Kurz- und langfristige Ziele und Pläne für den Umstieg auf erneuerbare Energien in Verbindung mit klaren Ausstiegsdaten für fossile Brennstoffe seien unbedingt notwendig. “Es ist klar, dass erneuerbarer Strom heute etabliert ist, und es ist großartig das zu sehen. Aber die Fortschritte in diesem Teilbereich sollten uns nicht zu der Annahme verleiten, dass die erneuerbaren Energien ein Selbstläufer sind. Die Regierungen müssen über wirtschaftliche Konjunkturpakete hinaus grundlegende Maßnahmen ergreifen und die Voraussetzungen für eine Umstellung auf ein effizientes und erneuerbares Energiesystem schaffen. Weltweit. Sofort.“ erklärt REN21-Präsident Arthouros Zervos in einer Pressemitteilung (PR REN21, 16.06.2022).

Quelle: REN21 (2022): Renewables 2022 Global Status Report. 312 S., ISBN 978-3-948393-04-5

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 06/22

Aktuelles aus dem Bund, Baden-Württemberg und Hamburg

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Bundesregierung

Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr 1,3 Milliarden Euro für die Erforschung innovativer Energietechnologien aufgewendet. Dies geht aus dem „Bundesbericht Energieforschung 2022“ hervor, den das Kabinett beschlossen hat. Anhand des 7. Energieforschungsprogramms „Innovationen für die Energiewende“ unterstütze die Bundesregierung Forschung, Entwicklung und Demonstration moderner Energie- und Effizienztechnologien. Von der ersten Grundlagenuntersuchung bis hin zur Erprobung moderner Energietechnologien werde der vollständige Innovationszyklus abgedeckt.

EU-Kommission/Bundesrat

Auf Bundesrats-Drucksache 274/22 erfolgt eine Unterrichtung des Bundesrates durch die Europäische Kommission zur EU-Strategie für Solarenergie. Die Strategie beinhaltet eine Vision zur raschen Nutzung der Vorteile der Solarenergie und umfasst vier Initiativen zur Bewältigung verbleibender Herausforderungen. Neben der Förderung einer zügigen und umfassenden Einführung von Photovoltaik im Rahmen der Europäischen Solardach-Initiative sollen Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Des Weiteren müssten ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, um die Herausforderung der Erzeugung und des Einsatzes von Solarenergie bewältigen zu können. Zu guter Letzt sieht die Strategie die Gründung einer Europäischen Allianz für die Photovoltaikindustrie vor, um den innovationsorientierten Ausbau einer widerstandsfähigen industriellen Wertschöpfungskette für Solarenergie in der EU zu fördern.

Baden-Württemberg

Freiflächen-PV-Anlagen verändern vorhandene Lebensräume und deren Flora und Fauna in Abhängigkeit vom Ausgangszustand der Fläche in unterschiedlichem Maße. Die Auswirkungen auf die Biodiversität hängen vom naturschutzfachlichen Ausgangswert der zu überbauenden Fläche ab. Darüber informiert das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg in einer Stellungnahme zu einem Antrag des Abgeordneten Raimund Haser (CDU) auf Drucksache 17/2353. Intensiv genutzte Grün- und Ackerflächen wiesen eine geringere Biodiversität auf und böten in der Regel nur in geringem Umfang Lebensraum für gefährdete Arten. Die Errichtung von Freiflächen-PV-Anlagen auf solchen Flächen könne einer Verminderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und die Wiederansiedelung von Tieren und Pflanzen zur Folge haben. Für eine Förderung der Artenvielfalt sei ein gezieltes Management entscheidend, welches insbesondere auf eine naturschutzfachliche Aufwertung gerichtete Maßnahmen beinhaltet. Geeignet seien Maßnahmen wie die extensive Bewirtschaftung und Pflege durch Mahd oder Beweidung, die Einsaat von geeigneten Blühmischungen sowie der Erhalt und die Anlage von Strukturen wie Gräben, Hecken, Steinmauern und Nistplätzen.

Hamburg

Der weitere Ausbau der Windenergie in Hamburg steht vor mehreren Herausforderungen. Darauf geht der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (Die Linke) auf Drucksache 22/8216 ein. Neben aufwändigen Planungs- und Genehmigungsverfahren seien Nutzungskonkurrenzen im Außenbereich sowie Fragen zu Altlasten und benachbarten Störfallbetrieben im Hafen zu beachten. Gut ein Drittel der Leistung der Windenergie in Hamburg stamme von Anlagen im Hafengebiet. Dort würden keine Flächen für die Windenergie ausgewiesen, sondern lediglich Einzelgenehmigungen erteilt. Gemeinsam mit der Hamburg Port Authority (HPA) und den Hamburger Energiewerken (HEnW) sondiere der Senat Möglichkeiten für einen weiteren Ausbau der Windenergie im Hafen.