Extrakte aus Politik und Gesellschaft 06/22
Aktuelles aus dem Bund, Baden-Württemberg und Hamburg
In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.Bundesregierung
Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr 1,3 Milliarden Euro für die Erforschung innovativer Energietechnologien aufgewendet. Dies geht aus dem „Bundesbericht Energieforschung 2022“ hervor, den das Kabinett beschlossen hat. Anhand des 7. Energieforschungsprogramms „Innovationen für die Energiewende“ unterstütze die Bundesregierung Forschung, Entwicklung und Demonstration moderner Energie- und Effizienztechnologien. Von der ersten Grundlagenuntersuchung bis hin zur Erprobung moderner Energietechnologien werde der vollständige Innovationszyklus abgedeckt.EU-Kommission/Bundesrat
Auf Bundesrats-Drucksache 274/22 erfolgt eine Unterrichtung des Bundesrates durch die Europäische Kommission zur EU-Strategie für Solarenergie. Die Strategie beinhaltet eine Vision zur raschen Nutzung der Vorteile der Solarenergie und umfasst vier Initiativen zur Bewältigung verbleibender Herausforderungen. Neben der Förderung einer zügigen und umfassenden Einführung von Photovoltaik im Rahmen der Europäischen Solardach-Initiative sollen Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Des Weiteren müssten ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, um die Herausforderung der Erzeugung und des Einsatzes von Solarenergie bewältigen zu können. Zu guter Letzt sieht die Strategie die Gründung einer Europäischen Allianz für die Photovoltaikindustrie vor, um den innovationsorientierten Ausbau einer widerstandsfähigen industriellen Wertschöpfungskette für Solarenergie in der EU zu fördern.Baden-Württemberg
Freiflächen-PV-Anlagen verändern vorhandene Lebensräume und deren Flora und Fauna in Abhängigkeit vom Ausgangszustand der Fläche in unterschiedlichem Maße. Die Auswirkungen auf die Biodiversität hängen vom naturschutzfachlichen Ausgangswert der zu überbauenden Fläche ab. Darüber informiert das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg in einer Stellungnahme zu einem Antrag des Abgeordneten Raimund Haser (CDU) auf Drucksache 17/2353. Intensiv genutzte Grün- und Ackerflächen wiesen eine geringere Biodiversität auf und böten in der Regel nur in geringem Umfang Lebensraum für gefährdete Arten. Die Errichtung von Freiflächen-PV-Anlagen auf solchen Flächen könne einer Verminderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und die Wiederansiedelung von Tieren und Pflanzen zur Folge haben. Für eine Förderung der Artenvielfalt sei ein gezieltes Management entscheidend, welches insbesondere auf eine naturschutzfachliche Aufwertung gerichtete Maßnahmen beinhaltet. Geeignet seien Maßnahmen wie die extensive Bewirtschaftung und Pflege durch Mahd oder Beweidung, die Einsaat von geeigneten Blühmischungen sowie der Erhalt und die Anlage von Strukturen wie Gräben, Hecken, Steinmauern und Nistplätzen.Hamburg
Der weitere Ausbau der Windenergie in Hamburg steht vor mehreren Herausforderungen. Darauf geht der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (Die Linke) auf Drucksache 22/8216 ein. Neben aufwändigen Planungs- und Genehmigungsverfahren seien Nutzungskonkurrenzen im Außenbereich sowie Fragen zu Altlasten und benachbarten Störfallbetrieben im Hafen zu beachten. Gut ein Drittel der Leistung der Windenergie in Hamburg stamme von Anlagen im Hafengebiet. Dort würden keine Flächen für die Windenergie ausgewiesen, sondern lediglich Einzelgenehmigungen erteilt. Gemeinsam mit der Hamburg Port Authority (HPA) und den Hamburger Energiewerken (HEnW) sondiere der Senat Möglichkeiten für einen weiteren Ausbau der Windenergie im Hafen.Extrakte aus Politik und Gesellschaft 06/22
Aktuelles aus dem Bund, Baden-Württemberg und Hamburg
In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.Bundesregierung
Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr 1,3 Milliarden Euro für die Erforschung innovativer Energietechnologien aufgewendet. Dies geht aus dem „Bundesbericht Energieforschung 2022“ hervor, den das Kabinett beschlossen hat. Anhand des 7. Energieforschungsprogramms „Innovationen für die Energiewende“ unterstütze die Bundesregierung Forschung, Entwicklung und Demonstration moderner Energie- und Effizienztechnologien. Von der ersten Grundlagenuntersuchung bis hin zur Erprobung moderner Energietechnologien werde der vollständige Innovationszyklus abgedeckt.EU-Kommission/Bundesrat
Auf Bundesrats-Drucksache 274/22 erfolgt eine Unterrichtung des Bundesrates durch die Europäische Kommission zur EU-Strategie für Solarenergie. Die Strategie beinhaltet eine Vision zur raschen Nutzung der Vorteile der Solarenergie und umfasst vier Initiativen zur Bewältigung verbleibender Herausforderungen. Neben der Förderung einer zügigen und umfassenden Einführung von Photovoltaik im Rahmen der Europäischen Solardach-Initiative sollen Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Des Weiteren müssten ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, um die Herausforderung der Erzeugung und des Einsatzes von Solarenergie bewältigen zu können. Zu guter Letzt sieht die Strategie die Gründung einer Europäischen Allianz für die Photovoltaikindustrie vor, um den innovationsorientierten Ausbau einer widerstandsfähigen industriellen Wertschöpfungskette für Solarenergie in der EU zu fördern.Baden-Württemberg
Freiflächen-PV-Anlagen verändern vorhandene Lebensräume und deren Flora und Fauna in Abhängigkeit vom Ausgangszustand der Fläche in unterschiedlichem Maße. Die Auswirkungen auf die Biodiversität hängen vom naturschutzfachlichen Ausgangswert der zu überbauenden Fläche ab. Darüber informiert das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg in einer Stellungnahme zu einem Antrag des Abgeordneten Raimund Haser (CDU) auf Drucksache 17/2353. Intensiv genutzte Grün- und Ackerflächen wiesen eine geringere Biodiversität auf und böten in der Regel nur in geringem Umfang Lebensraum für gefährdete Arten. Die Errichtung von Freiflächen-PV-Anlagen auf solchen Flächen könne einer Verminderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und die Wiederansiedelung von Tieren und Pflanzen zur Folge haben. Für eine Förderung der Artenvielfalt sei ein gezieltes Management entscheidend, welches insbesondere auf eine naturschutzfachliche Aufwertung gerichtete Maßnahmen beinhaltet. Geeignet seien Maßnahmen wie die extensive Bewirtschaftung und Pflege durch Mahd oder Beweidung, die Einsaat von geeigneten Blühmischungen sowie der Erhalt und die Anlage von Strukturen wie Gräben, Hecken, Steinmauern und Nistplätzen.Hamburg
Der weitere Ausbau der Windenergie in Hamburg steht vor mehreren Herausforderungen. Darauf geht der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (Die Linke) auf Drucksache 22/8216 ein. Neben aufwändigen Planungs- und Genehmigungsverfahren seien Nutzungskonkurrenzen im Außenbereich sowie Fragen zu Altlasten und benachbarten Störfallbetrieben im Hafen zu beachten. Gut ein Drittel der Leistung der Windenergie in Hamburg stamme von Anlagen im Hafengebiet. Dort würden keine Flächen für die Windenergie ausgewiesen, sondern lediglich Einzelgenehmigungen erteilt. Gemeinsam mit der Hamburg Port Authority (HPA) und den Hamburger Energiewerken (HEnW) sondiere der Senat Möglichkeiten für einen weiteren Ausbau der Windenergie im Hafen.Globale Energiewende stagniert
KNE_Lesetipp
Ernüchterndes Fazit des Renewable Energy Policy Network 21 Im jüngsten Bericht des Renewable Energy Policy Network 21 (REN21) wird der aktuelle Status der erneuerbaren Energien grundsätzlich zwar als positiv beschrieben, jedoch erfolgen der weltweite Ausbau und die Nutzung der Erneuerbaren viel zu langsam, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat zwar in den vergangenen fünf Jahren merklich zugenommen, aber in den Bereichen Wärme, Kälte und Verkehr geschehe zu wenig, so im Renewables 2020 Global Status Report (englisch) nachzulesen. Zudem dominieren die fossilen Brennstoffe nach wie vor die weltweiten Energiesysteme. Der Anteil von Kohle, Gas und Öl liegt weiterhin bei fast 80 Prozent am Gesamtenergieverbrauch. Darüber hinaus nehmen der weltweite Energiebedarf und der -verbrauch stetig zu. Sollte nicht unverzüglich in allen Sektoren auf effiziente und erneuerbare Energien umgestellt werden, werde der Klimawandel ungebremst und dramatisch fortschreiten.Anteil der Erneuerbaren stagniert durch steigenden Energieverbrauch
Der Anteil der erneuerbaren Energien insgesamt am Endenergieverbrauch über alle Sektoren nimmt nur unwesentlich zu. Für das vergangene Jahrzehnt ist praktisch kein Wachstum zu erkennen. 2009 lag der Anteil erneuerbaren Energien bei 10,6 Prozent, 2019 bei 11,7 Prozent und im Jahr 2020 bei 12,6 Prozent – das ist eine Zunahme von gerade mal zwei Prozentpunkten im genannten Zeitraum. Die Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien finde damit nicht statt, so die Autorenschaft des Berichtes. Dabei waren erhebliche Zuwächse bei den Erneuerbaren-Kapazitäten zu verzeichnen, 314.000 Megawatt wurden im Stromsektor neu installiert. Jedoch habe der weltweit steigende Energieverbrauch den Ausbau der Erneuerbaren gewissermaßen "neutralisiert“, insbesondere nach der Corona-Pandemie sei ein starker Anstieg des Energieverbrauchs zu verzeichnen. Die Pandemie habe durch den außerordentlichen Wirtschaftseinbruch nur kurzfristig die energiebedingten CO2-Emissionen reduziert.Fazit
Der Status Quo der Erneuerbaren weltweit sei weitgehend das Ergebnis der Politik und der Regulierung. Die entscheidenden Hindernisse in den Bereichen Wärme, Kälte und Verkehr müssten durch entschlossenes politisches Handeln aus dem Weg geräumt werden. Kurz- und langfristige Ziele und Pläne für den Umstieg auf erneuerbare Energien in Verbindung mit klaren Ausstiegsdaten für fossile Brennstoffe seien unbedingt notwendig. “Es ist klar, dass erneuerbarer Strom heute etabliert ist, und es ist großartig das zu sehen. Aber die Fortschritte in diesem Teilbereich sollten uns nicht zu der Annahme verleiten, dass die erneuerbaren Energien ein Selbstläufer sind. Die Regierungen müssen über wirtschaftliche Konjunkturpakete hinaus grundlegende Maßnahmen ergreifen und die Voraussetzungen für eine Umstellung auf ein effizientes und erneuerbares Energiesystem schaffen. Weltweit. Sofort.“ erklärt REN21-Präsident Arthouros Zervos in einer Pressemitteilung (PR REN21, 16.06.2022).- Der ausführliche Bericht mit allen Zahlen und Fakten (frei verfügbar, englisch)
KNE-Podcast: Artenhilfsprogramme – Aktueller Stand, Fragen und Herausforderungen
Internationales Interesse am Erprobungsvorhaben zum Einsatz von Antikollisionssystemen
ISEP Japan zu Besuch in Brandenburg
Kolleginnen des KNE besichtigten gemeinsam mit Christian Doedt, weitgereister Gast des Institute for Sustainable Energy Policies (ISEP) Japan, das Brandenburger Erprobungsvorhaben zum Einsatz von Antikollisionssystemen. Die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde HNEE und das KNE erproben dort mit Hilfe einer virtuell simulierten Windenergieanlage zwei Antikollisionssysteme in der abwechslungsreichen Landschaft der Uckermark (Meldung zum Start des Forschungsprojektes). Bei einer Führung vor Ort erläuterte Jonas Hellmig von der FEFA Wind, die zur Erprobung vor Ort ein Radarsystem zur frühzeitigen Erkennung von Vögeln zur Verfügung stellen, ausführlich, was es für die Erprobung technisch und logistisch zu bedenken gab und wie vor Ort genau vorgegangen wird. Christian Doedt informierte sich insbesondere hinsichtlich der Möglichkeiten, wie und ob derartige Forschungsprojekte auch in Japan umgesetzt werden können. Eine wichtige Fragestellung war dabei beispielsweise, ob die Vogelerkennung auch in für Japan typischen Berglandschaften funtioniere. Das Treffen gab allen die Möglichkeit, die Herausforderungen einer naturverträglichen Energiewende in einem globalen Kontext zu erörtern und zu verstehen und über den nationalen Tellerrand zu schauen. Wie unterschiedlich die gesetzlichen, politischen und logistischen Mittel und Hürden sind, war für alle Teilnehmenden interessant. In die Zukunft blickend, wird es weiterhin regen Austausch zwischen KNE und ISEP geben, um Erfahrungen miteinander zu teilen.Hintergrund
Seit der Nuklearkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011 herrscht in Japan großes öffentliches Interesse an erneuerbaren Energien, die Lobby des Naturschutzes ist jedoch im Vergleich zu Deutschland eher gering. Auch spielt Solarenergie momentan in Japan die größere Rolle, als Windkraft. Das Interesse daran, wie in Deutschland vorgangangen wird, um Naturschutz und Energiewende unter einen Hut zu bringen, ist groß. Das ISEP in Japan beschäftigt sich damit, wie die Energiewende in Japan umgesetzt werden kann. Der Kontakt zu dem Institut besteht daher schon länger. Unter anderem gab es im November 2021 einen intensiven Austausch zur Thematik der Konfliktbearbeitung in der Energiewende. Weitere Aktivitäten und Veröffentlichungen zum Thema- KNE-Meldung zu den Regelungen zu Antikollisionssystemen in den Leitfäden der Länder
- Dokumentation des Fachgesprächs „Antikollisionssysteme für Vögel“ - Ein Blick auf den Entwicklungs- und Erprobungsstand
- FuE-Bericht - BfN-Skripten 610 „Technische Überwachungs- und Abschaltsysteme zur Vermeidung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen“
- Checkliste „Anforderungen an Antikollisionssysteme zum Schutz von Vögeln an Windenergieanlagen"
- Publikation von BfN/KNE/FA Wind „Technische Systeme zur Minderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen. – Entwicklungsstand und Fragestellungen – BfN-Skripten 571“
- Die Synopse „Detektionssysteme zur ereignisbezogenen Abschaltung von Windenergieanlagen zum Schutz von tagaktiven Brutvögeln“
- KNE-Publikation "10 Fragen - 10 Antworten zu Detektionssystemen"
- KNE-Video "Detektionssysteme zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen"
- KNE-Podcast #1 Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermeiden
- Dokumentation zur KNE-Fachkonferenz "Vogelschutz an Windenergieanlagen" 2019
KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“
Naturverträgliche Solarparks in Zeiten beschleunigter Energiewende
Im Rahmen des KNE-Forums “Naturverträgliche Solarparks” trafen sich am 9. Juni 2022 zum bereits fünften Mal geladene Teilnehmerinnen und Teilnehmer, um sich darüber auszutauschen, wie sich Solarparks auch – oder gerade – in Zeiten einer beschleunigten Energiewende naturverträglich gestalten lassen. Die Teilnehmenden kommen von Naturschutzverbänden, aus der Solarbranche, Naturschutzbehörden, Bundes- und Landesministerien, Energieagenturen, Landwirtschaftsverbänden und der Wissenschaft und diskutieren in diesem Forum regelmäßig zu selbst gewählten Themen. Die Beteiligten schauen alle aus sehr unterschiedlichen Perspektiven auf Naturschutz und Energiewende, sie alle schätzen den Austausch untereinander. Und so gab es auch diesmal wieder lebendige Diskussionen, Impulse aus dem Kreis der Teilnehmenden, Aha-Erlebnisse genauso wie Raum für Fragen, neue Gedanken und kritische Anmerkungen.Aktuelle politische Herausforderungen
Das Forum begann mit einem Austausch zu den Plänen der Bundesregierung, den Ausbau erneuerbarer Energien deutlich zu beschleunigen. Vorgestellt und diskutiert wurden die Neuerungen, die voraussichtlich 2023 im Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft treten werden, sowie Vorschläge für naturschutzfachliche Anforderungen für die Nutzung der zukünftig förderfähigen Flächenkulissen. Der anschließende Austausch drehte sich darum, wie die neuen Regelungen im jeweiligen Umfeld aufgenommen und genutzt werden. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die Genehmigung von Solarparks die Kommunen vor große personelle Herausforderungen stellt. In Kleingruppen wurden Chancen und Herausforderungen der geplanten politischen Neuerungen später weiter diskutiert. Teils wurde für eine stärker übergeordnete Planung plädiert, die sowohl Regelungen zur Ausgestaltung eines Solarparks trifft (Welchen Artenschutzbeitrag muss er leisten? Wie kann ein verpflichtendes Monitoring aus-sehen?) als auch Konflikte zwischen Kommunen im Rahmen der Standortsuche löst. Insgesamt wurden die Änderungen im Rahmen des Osterpakets als hilfreich empfunden.Landwirtschaft, Solarparks und Naturschutz stärker zusammendenken?
Im zweiten Teil des Forums wurde diskutiert, wie das Zusammendenken von Landwirtschaft, Solarparks und Naturschutz verstärkt werden kann. Überlegt wurde, ob es die Errichtung von naturverträglichen Solarparks beschleunigen könnte, wenn Solarparks als ordnungsgemäße Landwirtschaft angesehen werden. Ein interessanter Gedanke war auch, ob und unter welchen noch zu schaffenden Voraussetzungen, Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen für mehr Biodiversität im Solarpark genutzt werden könnten, um einen finanziellen Anreiz für einen schnellen und umfassenden Ausbau von naturverträglichen Solarparks zu setzen. Die Mehrheit der Teilnehmenden erachtete eine weiterführende Debatte zum Thema als sinnvoll. Plädiert wurde dafür, dass die vorrangige kommunale Bauleitplanung trotzdem in jedem Fall erhalten bleibt. Rege diskutiert wurde der Vorschlag, für Solarparks vor allem landwirtschaftliche Flächen zu nutzen, auf denen bislang Energiepflanzen angebaut werden.Ausblick
Mit dem Forum möchte das KNE einen Beitrag zu einem Austausch bundesweit interessierter Akteure leisten: Was gibt es an erfolgreicher Praxis naturverträglicher Solarparks schon? Welche Ideen, Bedenken und Fragen bestehen von verschiedenen Seiten? Wie können Solarparks und Naturschutz besser zusammengebracht werden? Im Vordergrund des Forums steht der offene Austausch zu Themen, die den Teilnehmenden besonders am Herzen liegen. Das Forum findet zweimal im Jahr statt.Windenergie und Vogelschutz mit moderner Technik verbinden: Forschungsprojekt startet in der Uckermark
Weitere Informationen zum Thema
Regelungen zu Antikollisionssystemen in den Leitfäden der Länder
Antikollisionssysteme für Windenergieanlagen. Das KNE bei der NABU-Sofa-Akademie
Extrakte aus Politik und Gesellschaft 05/22
Aktuelles von der Bundesregierung, aus den Ländern und aus der Wissenschaft
In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.Bundesregierung
Auf Bundestags-Drucksache 20/1463 äußert sich die Bundesregierung im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage ausführlich zum Ausbau der Agri-Photovoltaik (Agri-PV) in Deutschland. Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung unter Agri-PV sei für Anlagen unter dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verpflichtende Voraussetzung, wobei die landwirtschaftlich nutzbare Fläche durch die installierte Anlage höchstens um 15 Prozent verringert werden dürfe. Für 85 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche könne dann ab 2023 eine Direktzahlung gemäß (GAP-) Direktzahlungen-Verordnung gewährt werden. Ein spezieller „Technologie-Bonus“ für horizontal aufgestellte APV solle die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber konventionellen PV-Freiflächenanlagen sicherstellen. Es gebe noch Forschungsbedarf, da noch keine aussagekräftigen Bewertungen zur Entwicklung der Biodiversität bei Agri-PV vorlägen. Offen sei etwa, welche Auswirkungen hoch aufgeständerte Agri-PV auf die Nutzung der Flächen als Brut- und Nahrungsrevier für Vögel haben. Die naturschutzfachlichen Anforderungen an Agri-PV-Freiflächenanlagen könnten die Gemeinden festlegen. Die Bundesregierung fördere weitere wissenschaftliche Studien zu technischen Fragen und zu geeigneten Kulturen.Baden-Württemberg
Einen interessanten Überblick über den Stand der Nutzung, die Potenziale, die Maßnahmen zur Unterstützung des Ausbaus sowie über Genehmigungshürden und Ausschlussgründen schwimmender Photovoltaikanlagen (Floating-PV) gibt das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft auf Landtags-Drucksache 17/2361. Schwimmende Anlagen und ihr Betrieb bedürften einer wasserrechtlichen Zulassung. Aufgrund der zu erwartenden wasserwirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen, die noch weitgehend ungeklärt seien, eigneten sich in erster Linie stehende künstliche Gewässer, insbesondere in Auskiesung befindliche Baggerseen. Die Nutzung sollte auch zur Zweckbestimmung des künstlichen Gewässers passen, was zum Beispiel bei Hochwasserrückhalteräumen nicht der Fall wäre. Zudem könnten aus Naturschutzsicht artenschutzrechtliche Belange und Konflikte mit Schutzgebietszielen (z. B. Natura 2000) einer Errichtung entgegenstehen. Sollten Nutzungskonflikte bestehen, zum Beispiel mit Badeaktivitäten oder der Fischerei, wäre im Zulassungsverfahren zu prüfen, ob und ggf. wie ein angemessener Ausgleich gefunden werden kann. Bei den in Auskiesung befindlichen Baggerseen seien diese Konflikte von vornherein als relativ gering einzuschätzen.Mecklenburg-Vorpommern
Einen kleinen Einblick in die Datenlage zu den personellen Kapazitäten der Genehmigungsbehörden sowie in die Meinungsbildung der Landesregierung zu einer Standardisierung artenschutzfachlicher Konfliktbewältigung gewährt die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (Landtags-Drucksache 8/445). Zu den Stellenmehrbedarfen der Landkreise und kreisfreien Städte infolge des Ausbaus der Windenergie (Genehmigungen) liegen keine Erkenntnisse vor. Es gebe aber im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt (einschließlich seiner nachgeordneten Behörden) 21 Stellen aus dem gebührenfinanzierten Projekt „Energiewende“. Die Entwicklung technischer Antikollisionssysteme werde grundsätzlich begrüßt, eine tatsächliche Praxisreife sei jedoch eine notwenige Voraussetzung für eine regelmäßige verlässliche Anwendung. Im Artenschutz verfolge man einen multifunktionalen Ansatz, der durch verschiedene Fördermöglichkeiten für speziell ausgerichtete Projekte ergänzt werde. Exemplarisch wird dabei auf das Naturschutzgroßprojekt „Nordvorpommersche Waldlandschaft“ verwiesen, welches vorrangig auf die Lebensraumansprüche der Schreiadler ausgerichtet sei.Fraunhofer IEE
Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik hat seine Studie zur Ermittlung der Flächenpotenziale für die Windenergienutzung an Land aus dem Jahre 2011 aktualisiert. Gemeinsam mit dem Umweltplanungsbüro bosch & partner und dem Bundesverband WindEnergie BWE e. V. wird in der Studie anhand einer bundesweiten Raumbewertung aufgezeigt, dass in allen 16 Bundesländern bei konsequenter Ausweisung ausreichend Flächen verfügbar seien, um das Mindestziel von zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie zu erreichen. Unter Berücksichtigung öffentlich zugänglicher Daten hat die Neuauflage der Studie auf Basis einer bundesweiten Raumbewertung zunächst alle kategorischen Ausschlussflächen ermittelt. Die danach verbliebenen Flächen wurden in sechs verschiedene Konfliktrisikoklassen von Klasse 1 (kein Konfliktrisiko) bis Klasse 6 (faktisch nicht nutzbar) eingeteilt. Gemäß dieser Analyse seien 26,1 Prozent der Bundesfläche (93.268 km2) keine Ausschlussflächen. Interessant: Auch in den Stadtstaaten sollen noch Potenziale vorhanden sein. Zusätzliche Optionen ließen sich etwa durch die Nutzung der Windenergie in Industriegebieten heben. Das zeigten beispielsweise die 14 Windenergieanlagen im Hamburger Hafen.Greifswald Moor Centrum
Das Greifswald Moor Centrum hat ein Informationspapier zu Photovoltaik-Anlagen auf Moorböden veröffentlicht. Moorböden seien vor allem in der norddeutschen Tiefebene und im Alpenvorland verbreitet und werden überwiegend (rund 70 %) landwirtschaftlich genutzt. Moorböden nähmen in Mecklenburg-Vorpommern 12 Prozent und in Niedersachsen 14 Prozent der Landesfläche ein. Während bereits erste Anlagen auf (entwässerten) Moorböden errichtet (und so unter Umständen die hohen bodenbürtigen Treibhausgas-Emissionen langfristig festgeschrieben) würden, gebe es noch keine ökologisch-rechtlichen Leitplanken bzw. „guten fachlichen Standard“ für Photovoltaik auf Moorböden. In den meisten Bundesländern fehlten bisher auch Vorgaben für die Genehmigung von Photovoltaik-Anlagen auf Moorböden. Die Suche nach für PV-Anlagen-geeignete Flächen sollte sich auf degradierte, landwirtschaftlich genutzte Moorböden ohne naturschutzrechtlich einschränkende Schutzauflagen konzentrieren. Über die ökonomischen Rahmenbedingungen sowie die Auswirkung von Photovoltaik-Anlagen auf den Naturhaushalt von Moorböden gebe es noch keine evidenzbasierten Erfahrungen. Sobald diese Erfahrungen vorlägen und ausgewertet seien, sollten die vorläufigen Flächenkulissen überprüft und ggf. angepasst werden.Fledermäuse und naturverträglicher Ausbau der Windenergie
1. Standardisierung der Signifikanzprüfung
Laut Eckpunktepapier (S. 2 f.) sollen für die Signifikanzprüfung von Tötungs- und Verletzungsrisiken kollisionsgefährdeter Vogelarten zukünftig gesetzliche Standards gelten. Die neuen Regelungen sollen abschließend sein und den Ländern keine Abweichungen ermöglichen. Beim „Umgang mit Fledermäusen“ jedoch sollen die Länder „ihre individuellen Vorgehensweisen beibehalten“ können. Einordnung Dies würde bedeuten, dass die jeweiligen Vorgaben zum Fledermausschutz in den Artenschutzleitfäden der Länder zur Windenergie ihre Gültigkeit behalten. Ähnlich wie bei Vögeln gibt es dort bei den Fledermäusen Unterschiede beim Umgang mit dem Tötungsverbot. Ein wesentlicher Unterschied liegt in unterschiedlich hohen Fledermaus-Signifikanzschwellen in der Betriebsphase der Anlagen. Sie liegen – so sie denn definiert sind – gegenwärtig bei kleiner 0,5, 1 oder 2 Schlagopfern pro Windenenergieanlage und Jahr, in der Regel nicht artspezifisch, sondern über alle Fledermausarten hinweg. Aus Sicht des KNE spricht viel dafür, auch hier eine fachlich und rechtlich begründete bundesweite Vereinheitlichung vorzunehmen.[1] In diesem Zusammenhang müssten gegebenenfalls auch die geltenden Anlaufwindgeschwindigkeiten von vorsorglichen „pauschalen“ Abschaltungen angepasst werden.2. Perspektive temporärer Abschaltungen
Sowohl für Vögel als auch für Fledermäuse sind Abschaltungen während Phasen hoher Aktivität geeignete und wirksame Schutzmaßnahmen. Für Fledermäuse sind sie nachweislich die wirksamste Maßnahme zur Reduzierung von Schlagopferzahlen und mittlerweile eine artenschutzrechtliche „Standardmaßnahme“. Nach dem Eckpunktepapier (S. 3) sollen die temporären Abschaltungen für Vögel und Fledermäuse zukünftig aber einer Zumutbarkeitsprüfung unterliegen. Überschreiten die Verluste zusammengenommen sechs Prozent der jährlichen Erzeugung bzw. an besonders windhöffigen Standorten bis zu acht Prozent des jährlichen Ertrags, ist die Zumutbarkeitsgrenze erreicht. (ebd.) Einordnung Aus Sicht des KNE könnte die geplante Zumutbarkeitsgrenze an Standorten mit hoher saisonaler Aktivität kumulativ recht schnell erreicht bzw. überschritten werden und damit der Weg in die Ausnahme (siehe unten) vorgezeichnet sein. In einer Betreiber-Umfrage der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind 2020) schätzten bzw. berechneten die Betreiber rückwirkend, dass bei immerhin rund 20 Prozent der Vorhaben allein die (zumeist pauschalen) Fledermausabschaltungen im Jahr der Inbetriebnahme zu Einbußen größer als sechs Prozent führten (30 Prozent der Vorhaben mit Einbußen über vier Prozent) (eigene Berechnung auf Grundlage von FA Wind 2020, S. 21). Eine perspektivisch mögliche Absenkung von zulässigen Schlagopferschwellenwerten, würde den Anteil an Vorhaben, die die Zumutbarkeitsgrenze allein aus Gründen des Fledermausschutzes überschreiten, weiter erhöhen. Zweijährige Gondelmonitorings der Fledermausaktivität und eine auf den Ergebnissen basierende standortspezifische Optimierung der Abschaltzeiten sind in fast allen Länderleitfäden explizit ermöglicht bzw. sogar vorgegeben. Sie werden heute somit bei den meisten Vorhaben durchgeführt. Nach Betreiberangaben führten Gondelmonitorings bei zwei Drittel der Vorhaben zu verringerten Ertragseinbußen, bei einem Drittel vergrößerten sie sich aber auch (FA Wind 2020, S. 37). In einigen Fällen entfielen die Abschaltzeiten sogar komplett. Der Anteil an Vorhaben mit Einbußen größer als sechs Prozent lag nur noch bei rund fünf Prozent der Vorhaben (eigene Berechnung).[2] Auf Waldstandorten und ebenso süddeutschen sowie Mittelgebirgs-Standorten lagen die Einbußen eher im höheren Bereich. (FA Wind 2020, S. 37) Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass bisher alle bekannten Zahlen zu Ertragseinbußen lediglich rückwirkend ermittelt wurden, ist aus Sicht des KNEs fraglich, wie (und durch wen) zukünftig bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt eine Prognose von vorhabenspezifischen Ertragseinbußen durch Fledermausabschaltungen erfolgen könnte. Eine verlässliche Prognose ist angesichts der Veränderungen, die sich durch die mittlerweile standardmäßig durchgeführten Gondelmonitorings in den ersten Betriebsjahren und in Folge standortspezifisch „maßgeschneiderter“ Abschaltalgorithmen ergeben, kaum möglich.3. Artenschutzrechtliche Ausnahmen für Fledermäuse
Wird die Zumutbarkeitsschwelle überschritten, soll laut Eckpunktepapier zukünftig in die artenschutzrechtliche Ausnahmeprüfung eingestiegen werden. Im Rahmen der Ausnahmeerteilung sollen die Abschaltzeiten durch die Vorgabe einer maximalen Stundenzahl begrenzt werden. (Eckpunktepapier, S. 3) Bei der Prüfung der artenschutzrechtlichen Ausnahme rücken der „Zustand der Population“ der Art bzw. „Bestandstrends“ in den Mittelpunkt der Betrachtung. Ohne dies konkret auf Fledermäuse zu beziehen, weist das Eckpunktepapier auf die – bereits jetzt schon geltende – Ausnahmevoraussetzung hin, dass sich der „bundesweite Erhaltungszustand [von Arten] nicht verschlechtert“ bzw. der „Zustand von Populationen einen positiven Trend“ aufweisen müsse. (ebd., S. 4) Einordnung Eine Deckelung von Abschaltzeiten würde erwarten lassen, dass es zu insgesamt kürzeren Abschaltzeiten als bisher kommt. Doch kommt für Fledermäuse eine artenschutzrechtliche Ausnahme überhaupt in Frage? Der Populationsbezug bei Fledermäusen ist nach KNE-Einschätzung schwer handhabbar. Eine Herausforderung stellt die Ermittlung bzw. Abgrenzung von Fledermaus-Populationen dar. Der Populationsbegriff und die räumliche Abgrenzung müssten zunächst klarer definiert werden. Eine jeweils vorhabenbezogene Ermittlung von Populationen wäre gegenüber den bislang durchzuführenden Erfassungen im Zuge von Genehmigungsverfahren mit einem enormen gutachterlichen Mehraufwand verbunden. Für die besonders kollisionsgefährdeten Fledermausarten gibt es zudem bislang kein umfassendes Populationsmonitoring, wodurch eine Überprüfung und Gewährleistung einer günstigen Populationsentwicklung derzeit praktisch kaum möglich ist. Zudem sind nicht nur Individuen lokaler Populationen von Kollisionen mit Windenergieanlagen betroffen. Viele Kollisionen ereignen sich während der Migrationszeit(en) bei der Wanderung zwischen Sommer- und Winterlebensräumen. Bei einigen Arten liegen diese Räume bis zu mehrere hundert Kilometer auseinander. Aber selbst bei Arten mit kürzeren Zugstrecken ist die Populationszugehörigkeit häufig unklar. All dies dürfte artenschutzrechtliche Ausnahmen für Fledermäuse zumindest deutlich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. In der Konsequenz wäre zu klären, ob nicht Abschaltungen für Fledermäuse gegenüber solchen für kollisionsgefährdete Vögel Vorrang haben sollten. Betrachtet werden muss auch, ob Windenergie-Vorhaben überhaupt noch genehmigungsfähig wären, wenn die Zumutbarkeitsschwelle bereits durch die Fledermausabschaltungen überschritten würde, eine Ausnahme aber nicht erteilt werden kann.4. Artenhilfsprogramme für Fledermäuse
Im Eckpunktepapier (S. 4) ist die Einzahlung der Vorhabenträger in ein Artenhilfsprogramm als „weitere Voraussetzung“ für die Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen aufgeführt. Die Kosten, die Vorhabenträger für (begrenzte) „abschaltungsbezogene Vermeidungsmaßnahmen“ aufwenden, „können bei den erforderlichen Zahlungen in die Artenhilfsprogramme angerechnet werden“. (ebd., S. 3) Einordnung Das geplante Artenhilfsprogramm soll der Stützung der vom Windenergieausbau betroffenen Arten dienen und damit in erster Linie der „Kompensation“ für die im Rahmen der Ausnahme „in Kauf genommenen“ Kollisionsrisiken oberhalb der Signifikanzgrenze. Dass sich bereits vermiedene Kollisionsrisiken auf die Zahlungen entsprechend vermindernd auswirken sollen, ist naheliegend. Die generellen Herausforderungen bei der Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen für Fledermäuse wurden bereits dargelegt. Abgesehen von der Kopplung an die konkrete Genehmigung von Windenergieanlagen im Wege der Ausnahme können Artenhilfsprogramme aus Sicht des KNE für einen Teil der als windenergiesensibel geltenden Fledermausarten – und für Fledermäuse allgemein – durchaus dazu beitragen, Vorkommen und Lebensstätten bzw. besonders wertvolle Lebensräume zu identifizieren und zu schützen sowie für Fledermäuse geeignete Habitate aufzuwerten. Entsprechende Aktivitäten im Kontext des Windenergieausbaus gibt es für einzelne Arten bereits in Hessen. Konzeptionelle Grundlagen für ein Artenschutz- bzw. Artenhilfsprogramm wurden unlängst für Baden-Württemberg erarbeitet. In mehreren Ländern gibt es darüber hinaus weitere, zum Teil langjährige, jedoch nicht spezifisch auf die windenergiesensiblen Arten ausgerichtete Programme. (vgl. KNE 2022) Aus KNE-Sicht können Artenhilfsprogramme für Fledermäuse Summationswirkungen eines verstärkten Windenergieausbaus sowie einer verstärkten Inanspruchnahme von insbesondere Waldlebensräumen durch Windenergievorhaben und dadurch insgesamt nicht auszuschließenden negativen Effekten auf Fledermauspopulationen entgegenwirken. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der größte Teil der Maßnahmen erst langfristig positiv wirkt und eine kurzfristige Bestandsstützung, zum Beispiel durch eine Erhöhung des Fortpflanzungserfolgs nicht erwartet werden kann. Letzteres gilt insbesondere auch für die während des Zuges von Kollisionen betroffenen Arten (z. B. Großer Abendsegler und Rauhautfledermaus), die entsprechend nicht lokalen Populationen zuordenbar sind. Für den Schutz und langfristigen Erhalt von Populationen kollisionsgefährdeter Fledermausarten sollte die Vermeidung von Kollisionen durch betriebsoptimierte Abschaltungen gegenüber Artenhilfsprogrammen und Artenhilfsmaßnahmen auch zukünftig das Mittel der ersten Wahl sein.5. Nachträgliche Anordnungen von Maßnahmen
Nachträgliche Anordnungen sollen laut dem Eckpunktepapier (S. 5) nur in Ausnahmefällen und ebenfalls nur bis zur Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit möglich sein. Nisthilfen für windenergiesensible Vogel- und Fledermausarten [d. h. zum Beispiel Fledermauskästen] sollen im Nahbereich um bestehende Windenergieanlagen sowie auf regional- und bauleitplanerisch für die Windenergie ausgewiesenen Flächen unzulässig sein. Einordung Aus KNE-Sicht ist es zweckmäßig, dass Fledermauskästen, ähnlich wie andere Kompensations- und Aufwertungsmaßnahmen, von denen eine Anlockwirkung auf kollisionsgefährdete Arten ausgehen kann, nicht im Nahbereich von WEA oder auf zukünftigen Vorrangflächen für die Windenergie umgesetzt werden sollen. Es sollte jedoch geprüft werden, ob bislang ohne Abschaltungen zum Fledermausschutz laufende Bestandsanlagen noch nachträglich mit Abschaltzeiten ausgestattet werden könnten – zumindest solche, die besonders hohe Kollisionsrisiken aufweisen und noch längere Laufzeiten haben. Im Vergleich zu Artenhilfsmaßnahmen mit eingeschränkter Wirkung für die kollisionsgefährdeten Arten würde die Kollisionsvermeidung einen deutlich effektiveren Fledermausschutz bieten und aus Sicht des KNEs „low hanging fruits“ darstellen. [1] Das BfN fördert aktuell ein Forschungsvorhaben zur wissenschaftlichen Schwellenwert-Herleitung und einer entsprechenden Konventionsbildung. [2] In der Umfrage wurden Vorhaben berücksichtigt, die zwischen 2006 und 2018 in Betrieb gingen, die meisten (72 %) in den Jahren 2015 bis 2017. Das in der Praxis zur Berechnung von Fledermaus-Abschaltzeiten häufig angewendete Tool ProBat führt in den jüngeren Programm-Versionen (seit 2019 und Version 6.2) zu durchschnittlich etwas höheren Ertragsminderungen. Eine Betrachtung jüngerer Vorhaben dürfte zu entsprechend veränderten Zahlen und Verhältnissen führen. Über das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren. Das KNE bei Linkedin X: @KNE_tweet Der KNE-YouTube-Kanal Der KNE-PodcastMaßnahmen gegen den Verlust der biologischen Vielfalt kommen dem Klima zugute
KNE-Lesetipp
Quelle: Shin, Y., Midgley, G.F., Archer, E.R.M., Arneth, A., Barnes, D.K.A., Chan, L., Hashimoto, S., Hoegh‐Guldberg, O., Insarov, G., Leadley, P., Levin, L.A., Ngo, H.T., Pandit, R., Pires, A.P.F., Pörtner, H., Rogers, A.D., Scholes, R.J., Settele, J., Smith, P. (2022): Actions to halt biodiversity loss generally benefit the climate. Voraussichtlich im Herbst trifft sich die Weltgemeinschaft zum zweiten Teil der UN-Artenschutzkonferenz in Kunming (China), um unter anderem die nächste Generation der UN-Biodiversitätsziele zu verabschieden. Im Rahmen der bisherigen Übereinkommen wurden die mit der biologischen Vielfalt und dem Klima verknüpften Herausforderungen weitgehend getrennt behandelt, auch wenn sie eng miteinander verzahnt sind: Der Klimawandel verschärft die Risiken für die biologische Vielfalt sowie die natürlichen und bewirtschafteten Lebensräume. Gleichzeitig spielen die natürlichen und bewirtschafteten Ökosysteme und ihre biologische Vielfalt eine Schlüsselrolle bei der Freisetzung wie auch der Bindung von Treibhausgasen und bei der Klimaanpassung. Die zunehmende Schädigung von Ökosystemen, hervorgerufen durch Landnutzungsänderungen und andere Eingriffe in natürliche Kohlenstoffspeicher und damit in die Kohlenstoffbindung, ist ein Hauptfaktor für kumulative CO2-Emissionen und damit ein zusätzlicher Treiber des Klimawandels. In einer Review-Studie für die Zeitschrift Global Change Biology greifen die Autorinnen und Autoren den gemeinsamen Bericht von Weltbiodiversitätsrat und Weltklimarat aus dem Juni 2021 auf (siehe KNE-Lesetipp vom 25.06.2021) und bewerten, ob die bereits vorformulierten 21 Biodiversitätsziele („Post-2020 Action targets for 2030“) den Klimawandel aufhalten können und wie zuverlässig eine solche Prognose ist. Die Bilanz: 14 von 21 Zielen leisten einen positiven Beitrag zum Klimaschutz. Erhaltungsmaßnahmen, die den Verlust der biologischen Vielfalt aufhalten, bremsen oder umkehren, können gleichzeitig den vom Menschen verursachten Klimawandel erheblich verlangsamen. Konkrete Beispiele für lokale Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt werden vorgestellt, die durch globale Ziele und Vorgaben gefördert, gelenkt und priorisiert werden können. Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss, dass ein neues Schutzparadigma die Umsetzung der drei wichtigen Ziele – ein ausgewogenes Klima, eine sich selbst erhaltende biologische Vielfalt und gute Lebensbedingungen für alle – gleichzeitig in Angriff nehmen müsste. So konzentriert sich die Suche nach Maßnahmen mit Mehrfachnutzen auf den Schutz multifunktionaler ‚Landschaften‘, und nicht nur auf einige wenige voneinander unabhängige Naturelemente, etwa kritische oder intakte Lebensräume oder symbolträchtige Arten. Er umfasst Schutzgebietsnetzwerke und Korridore, Kulturlandschaften sowie stark veränderte Ökosysteme wie städtische und intensiv bewirtschaftete Gebiete. Damit diese neuen Ansätze erfolgreich sind, wird vorgeschlagen betroffene Gemeinden und Anwohner an ihrer Ausgestaltung und Umsetzung schrittweise zu beteiligen. Nur so können Lösungen gefunden werden, welche die lokale Wirtschaft, die Bedürfnisse der Menschen, ihre Lebensgrundlagen und die lokale Politik berücksichtigen.Einordnung
Die Studie zeigt sehr deutlich die Notwendigkeit, Biodiversitätsschutz auch bei der Umsetzung der Energiewende als gleichrangiges Ziel neben dem Klimaschutz zu verfolgen. Technologiebasierte Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels, wie der Ausbau der Wind- und Solarenergie, müssen ökologisch und sozial nachhaltig umgesetzt werden, um ihre volle Wirkung für die Lösung der beiden globalen Krisen zu entfalten. Das KNE unterstützt den vorgeschlagenen ‚Landschafts-Ansatz‘, der auch für die Wahl des richtigen Standortes der Energieerzeugungsanlagen zugrunde gelegt werden sollte. So können Auswirkungen der erneuerbaren Energieerzeugung auf wandernde Arten oder die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen und die Intensivierung der Landnutzung vermieden werden.- Link zum Artikel (frei verfügbar, in Englisch)
KNE veröffentlicht Übersicht zu Schutzgebieten und erneuerbaren Energien
Übersicht zu Schutzgebieten und erneuerbaren Energien
Erneuerbare Energien sollen zügig ausgebaut werden. Hierbei kommen zunehmend solche Räume in den Fokus, die innerhalb von Schutzgebieten nach dem Bundesnaturschutzgesetz liegen. Dieses Schutzgebietssystem ist bisweilen komplex und selbst nach Lektüre der einschlägigen Rechtsnormen nicht ohne Weiteres verständlich. Um einen schnellen und praktischen Überblick über die jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Schutzgebietstypen zu geben, hat das KNE eine entsprechende Übersicht erstellt. Die Übersicht verzichtet auf eine detailgetreue Darstellung der maßgeblichen Vorschriften des Bau- und Umweltrechts. Stattdessen werden die Kernaussagen komprimiert und insbesondere hinsichtlich Photovoltaik und Windenergie dargestellt. Letztlich kommt es für eine endgültige Beurteilung einer Anlage an einem konkreten Ort immer auf die jeweils anwendbare Schutzgebietsverordnung und deren Festlegungen an. Bildnachweis zum Beitragsfoto auf der Startseite: Foto: Arne List, CC BY-SA 2.0, flickr.com.Austausch zu Mediation im Spannungsfeld Naturschutz und Energiewende
Das KNE auf Tour in Bayern
Zum Schachtwasserkraftwerk nach Großweil
Die regionalen Akteure sind diejenigen, die tagtäglich in konkreten Projekten mit den Herausforderungen der naturverträglichen Energiewende zu tun haben und praktische Lösungen finden müssen. Wir reisen daher in regelmäßigen Abständen zu den unterschiedlichsten Projekten und in die unterschiedlichsten Regionen auf Tour, um uns bei den Akteuren vor Ort über konkrete Projekte und auszutauschen. Wettertechnisch waren wir in den zwei Tagen in Murnau in Bayern auf alles eingestellt. Wolken, Sonne, Regen – sogar kurze Gewitter waren für die ersten Maitage angekündigt. Aber wir hatten Glück: Ankunft in Murnau und es schien die Sonne, und das sollte sich auch nicht ändern. Wir, das ist eine Delegation des KNE, die sich aufgemacht hat, um das Schachtwasserkraftwerk in Großweil bei Murnau zu besichtigen und mit den Beteiligten und Betroffenen vor Ort zu sprechen. Das Schachtwasserkraft in der Loisach ist malerisch gelegen: weitläufige Wiesen, sanfte Hügel und am Horizont die Berge, zum Teil mit schneebedeckten Spitzen. Dazu blühender Löwenzahn und sattes Frühlingsgrün.Von der Idee in die Praxis
Am Vormittag trafen wir uns mit verschiedenen Akteuren am Standort der Freiwilligen Feuerwehr Groß- und Kleinweil, nur ein paar Schritte vom Schachtwasserkraftwerk entfernt, um uns anschaulich über das Kraftwerk und dessen Technologie zu informieren und uns einen Eindruck zu verschaffen. Albert Sepp von der Firma Hydroshaft, die maßgeblich an der Realisierung beteiligt war, gab uns einen Überblick über die Entstehung: Von der Idee, über die Entwicklung eines Prototyps bis hin zur Inbetriebnahme der Pilotanlage in der Loisach in Großweil im Jahr 2020. Das Wasserkraftwerk arbeitet mit einer Anlagenleistung von 480 Kilowatt und einer Stromproduktion von rund 2,5 Millionen Kilowatt pro Jahr solide. Bei der beeindruckenden Besichtigung des Schachtwasserkraftwerks wurde uns auch die Bereinigung des Rechens von Geröll und anderem Unrat durch einen speziellen Schieber demonstriert.Aufwertungsmaßnahmen am Mühlbach
Die lokale Bevölkerung sei aktiv „mit ins Boot“ geholt worden, so berichteten uns die Bürgermeister, als wir uns Aufwertungsmaßnahmen am Mühlbach anschauten. Dazu trugen neben der Perspektive einer vermehrt autarken und klimaschonenden Stromversorgung auch mehrere Renaturierungsmaßnahmen bei. So wurde der Mühlbach, der durch eine Ausleitung aus der Loisach oberhalb des Kraftwerks mit rund 300 Liter Wasser pro Sekunde versorgt wird, renaturiert und durch zahlreiche kleinere und größere Maßnahmen mit viel Eigenleistung der Gemeinde aufgewertet. Die finanziellen Mittel kamen aus dem Kraftwerksvorhaben. So wurde der gradlinige Lauf durch das Einbringen von Steinen oder Baumelementen variiert. Durch das daraus entstandende Mäandern des Mühlenbachs entwickelten sich unterschiedliche Strukturen, die Lebensräume für eine vielfältige Fauna bieten. Anpflanzungen einheimischer Flora ergänzten die Maßnahmen. Innerhalb der Loisach wiederum wurden große Felsblöcke eingebracht, die für die Fischfauna vorteilhafte Bereiche darstellen und die Akzeptanz der Anlage bei den Fischereiverbänden erhöhte. Im Anschluss sprachen wir Gewässerbeobachtern des Anglerbundes ISARIA, wie sie die Situation für den Fluss und die Fische einschätzen. Sie erklärten, dass die Fischtreppen, insbesondere durch ihre abknickende Führung, nicht für alle Fischarten geeignet seien und es nachhaltiger Beobachtung und Pflege des Gewässers bedarf, um einen akzeptablen Zustand zu erhalten. [gallery size="medium" link="file" ids="3198,3197,3196,3195,3194,3193,3192,1976"]Galerie beschriftung
Forschung und Entwicklung
Am kommenden Tag besichtigten wir die Versuchsanlagen für Wasserkraftanlagen des Lehrstuhl für Wasserkrafttechnologie an der TU München, an denen der Betrieb von Turbinen und Wasserkrafttechnologien simuliert und untersucht werden kann. Hier wurde die Technologie des Schachtwasserkraftwerks entwickelt und getestet. Ebenso wurden und werden hier Verhaltensuntersuchungen von Fischen im Ausströmungsbereich von Turbinen durchgeführt. Auf unsere Frage zur Nachhaltigkeit und Naturverträglichkeit der Wasserkraftnutzung – und damit auch deren Auswirkungen auf Ökosysteme und Landschaften – erklärte man uns, dass die Wasserkraft und ihre Auswirkungen auf die Ökologie und die Fauna der Fließgewässer differenziert zu betrachten sei. Es sei zwischen den unterschiedlichen Kraftwerks- und Turbinenarten zu unterscheiden sowie die jeweilige projektspezifische Fließgewässersituation in den Blick zu nehmen.Rahmenbedingungen
Das Gespräch mit Vertretern und Vertreterinnen des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und des Bayerischen Landesamts für Umwelt drehte sich unter anderem um die Perspektiven für die Wasserkraft in Bayern. Die Kleinwasserkrafttechnologie werde voraussichtlich aus der EEG-Förderung fallen. Das stoße aktuell auf Widerstand, so die Ausführungen. Aber auch die Schachtwasserkraftwerkstechnologie würde von einigen Seiten kritisch gesehen.Das Prinzip des Schachtwasserkraftwerks
Der neue Kraftwerkstyp – das Schachtwasserkraftwerk – wurde von einem Team am Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft der TU München entwickelt. Es soll die Natur deutlich stärker schonen. Für den neuen Kraftwerkstyp muss der Flusslauf nicht umgeleitet werden. Stattdessen wird vor einem Wehr ein Schacht ins Flussbett gebaut, in dem Turbine und Generator untergebracht werden. Das Wasser fließt in den Schacht, treibt die Turbine an und wird unter dem Wehr in den Fluss zurückgeleitet. Ein kleinerer Teil des Wassers fließt über den Schacht und das Wehr hinweg. Dabei wird die Strömung so gesteuert, dass das Kraftwerk effizient Strom erzeugt, aber gleichzeitig der Sog in den Schacht gering ist, so sollen die Fische sicher über dem Schacht schwimmen. Durch zwei Öffnungen im Wehr können die Fische flussabwärts wandern. Flussaufwärts gelangen sie über eine übliche Fischtreppe. Das Schachtkraftwerk eignet sich sowohl für unterschiedlich große Flüsse als auch für unterschiedliche Fallhöhen. Je nach Gewässergröße und Bedarf wird in mehreren Schächten nebeneinander Strom erzeugt, in der Loisach sind es zwei, die Fallhöhe beträgt 2,5 Meter. (Quelle: Pressemitteilung TU München, 20.07.2020) [dt_photos_carousel post_type="posts" dis_posts_total="8" image_border_radius="0px" project_icon_border_width="0px" arrow_bg_width="36x" arrow_border_width="0px" arrow_icon_color_hover="#13669c" r_arrow_icon_paddings="0px 0px 0px 0px" r_arrow_v_offset="0px" l_arrow_icon_paddings="0px 0px 0px 0px" l_arrow_v_offset="0px" posts="3190"] Fotos v. li. n. re. und o. n. u. Bild 1 bis 4: Das Schachtwasserkraftwerk // Bild 5 und 6: Aufwertungsmaßnahmen im Mühlbach // Bild 7 und 8: Landschaftsimpression und die KNE-Delegation. Bildrechte: KNE gGmbH. Das KNE auf Tour - vor Ort im Gespräch Wir reisen vor Ort zu innovativen Erneuerbare-Energie-Projekten in die verschiedensten Regionen Deutschlands, um uns mit den Akteuren der naturverträglichen Energiewende über die konkreten Herausforderungen zu informieren und auszutauschen. Dabei sprechen wir mit Vertreterinnen und Vertretern von Naturschutzorganisationen und Energiebranche, von Kommunen und Behörden, der Regionalplanung, Gutachterinnen und Gutachter sowie und Bürgervertreterinnen und -vertretern. Wir hören den Menschen zu und wollen wissen: Was treibt sie um? Was heißt naturverträgliche Energiewende in der Praxis? Welche Probleme gibt es vor Ort? Was klappt gut? Wie sind die jeweiligen konkreten Positionen? Wie läuft die Zusammenarbeit? Bereits im Oktober 2021 war ein Team des KNE auf Tour. Damals ging es auf die Paderborner Hochfläche, einen Hotspot der Windenergie, und nach Nordfriesland zum Bürgerwindpark Ellhöft. Lesen Sie hier unseren Bericht.Neue KNE-Publikation: Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten
Eine rechtliche Einführung in die Thematik
Landschaftsschutzgebiete bedecken mit einer Gesamtfläche von 9,9 Millionen Hektar rund 28 Prozent der Fläche Deutschlands, ihr Anteil an den Flächen der Länder liegt zwischen neun und rund 42 Prozent. Angesichts des notwendigen Ausbaus der Windenergie an Land ist ein generelles Freihalten von Landschaftsschutzgebieten schwer vermittelbar. Natur- und Energieverbände äußerten sich uneinheitlich zu den Inhalten des Eckpunktepapiers, wobei der Bundesverband für Fledermauskunde der Öffnung von Landschaftsschutzgebieten kritisch gegenübersteht. Vor diesem Hintergrund widmen wir uns folgenden Fragen:- Welchem Schutz dient die Einrichtung von Landschaftsschutzgebieten?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten bieten die Schutzverordnungen, Landschaftsschutzgebiete für Windenergie zu öffnen, und welche Grenzen setzen sie?
- Wie kann der Windenergieausbau in Landschaftsschutzgebieten, vor allem bei der gewollten Freihaltung von Natura-2000-Gebieten, naturverträglich erfolgen?
Weitere Informationen zum Thema
- Wortmeldung zum Grundsatz des „überragenden öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit“
- Publikation „Artenschutz und Europarecht im Kontext der Windenergie“
„Ausgangspunkte"
In dem Format „Ausgangspunkte“ veröffentlicht das KNE Ausarbeitungen zu grundsätzlichen Fragestellungen der naturverträglichen Energiewende. Jede Ausgabe der Reihe soll interessierte Leserinnen und Leser gut verständlich in ein anspruchsvolles Thema einführen. „Ausgangspunkte“ verzichtet auf eine umfangreiche wissenschaftliche Untersetzung. Im Mittelpunkt stehen die wesentlichen Fakten, rechtlichen Vorgaben und politischen Geschichtspunkte, die zum Verständnis in der Sache beitragen. Titelbild - Foto: © raland - stock.adobe.comExtrakte aus Politik und Gesellschaft 04/22
Aktuelles aus Berlin, Brandenburg, Niedersachen und Nordrhein-Westfalen
In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.Berlin Institut für Partizipation
Eine neue verdienstvolle Studie des Berlin Instituts für Partizipation „Alles digital – oder doch nicht?“ belegt einen spürbaren Rückschlag für die Bürgerbeteiligung als Folge der eine Zäsur setzenden Corona-Pandemie. Eine im Frühjahr 2020 durchgeführte Umfrage wurde mit derselben Zielgruppe nach einem Jahr wiederholt. Ziel war es, zu ermitteln, welche Befürchtungen und Erwartungen tatsächlich eingetreten sind, wie sich die Akteure mit den Einschränkungen arrangieren konnten, und welche langfristigen Veränderungen sich in der Praxis abzeichnen. Die im März 2022 erschienene zweite Studie enthält konkrete Empfehlungen zur Beteiligung im digitalen Zeitalter. Sie kann kostenlos heruntergeladen werden. Drei Botschaften wurden herausgearbeitet: 1. Es gibt eine deutliche Beteiligungslücke. Nachholeffekte entfallener Beteiligungsprozesse sind nur teilweise auszumachen. 2. Es gibt einen starken Digitalisierungsimpuls (Megatrend), ja einen Kulturwandel. Der virtuelle Raum wird auch nach Corona fester Bestandteil der Beteiligungslandschaft bleiben. 3. Analoge Beteiligung bleibt wichtig und gefragt. Sie hat ihre Stärken in Kontexten, bei denen ein dialogischer Austausch und eine vertiefende Vertrauensbildung im Vordergrund stehen.Brandenburg
Seit dem 11. April ist der „Solaratlas Brandenburg“ online. Er gibt Auskunft über nutzbare Flächen für solartechnische Anlagen in Brandenburg. Es werden alle umsetzbaren Potenziale aufgezeigt – von großen Freiflächen bis zu einzelnen Gebäuden. Die Potenzialanalyse wird einfließen in die „Energiestrategie 2040“ der Landesregierung, die auf eine signifikante Erhöhung der PV-Kapazitäten setzen wird. Gebäudeeigentümer können über das internetbasierte Tool unkompliziert ermitteln, ob ihre Dachfläche vor dem Hintergrund der Einstrahlungsberechnungen prinzipiell für die Nutzung von Solarenergie geeignet ist. Der Solaratlas zeigt auch in allen Brandenburger Kommunen die für Freiflächenanlagen geeigneten EEG-Basisflächen, d. h. die Flächen, die nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz für PV-Freiflächenanlagen genutzt werden sollen und bei denen keine übergeordneten naturschutzrechtlichen oder landesplanerischen Belange entgegenstehen. Ebenso werden die Potenziale für PV-Freiflächenanlagen außerhalb der EEG-förderfähigen Flächenkulisse dargestellt. Die Potenzialanalyse wurde von der Energieagentur Brandenburg erarbeitet, wissenschaftlich begleitet von der Technischen Hochschule Brandenburg.Nordrhein-Westfalen
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) hat Anfang April eine überarbeitete Potenzialanalyse Windenergie NRW veröffentlicht. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung der in Nordrhein-Westfalen geltenden Abstandsregelung von 1.000 Metern im Außenbereich bis 2030 eine Gesamtleistung von bis zu 16,4 Gigawatt erreichbar ist. Voraussetzung sei, dass der Bund dafür die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffe. Auch die vermehrte Nutzung zusätzlicher Windenergiepotenziale auf sogenannten Kalamitätsflächen im Wald ist in die Berechnung mit eingeflossen. Mit der Fortschreibung der Energieversorgungsstrategie hatte sich die Landesregierung Ende letzten Jahres das Ziel gesetzt, den Windenergie-Ausbau von rund sechs Gigawatt Ende 2020 auf zwölf Gigawatt im Jahr 2030 zu verdoppeln. Das Wirtschafts- und Energieministerium hatte das LANUV damit beauftragt, die Vorgänger-Studie aus dem Jahr 2012 mit Blick auf die neuen Ausbauziele zu überarbeiten. Gemessen an der Fläche und der Einwohnerdichte weist Nordrhein-Westfalen unter den Flächenländern den höchsten Besatz an Windenergieanlagen auf. Auch bei den Genehmigungen von Windenergieanlagen lag Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021 mit 729 Megawatt im Länderranking auf Rang drei hinter Niedersachsen und Brandenburg.Niedersachsen
In Beantwortung einer Anfrage (Drucksache 18/11059) eines Abgeordneten an das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz zu erneuerbaren Energien in Landschaftsschutzgebieten teilte dieses unter anderem mit: Insgesamt liegen in Niedersachsen 166 Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten. In Landschafts- und Naturschutzgebieten bestehen keine Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Auf die Frage, wie groß der Anteil der für Freiflächen-Photovoltaik genutzten Flächen in Niedersachsen sei, gab es die Antwort: Bei der Abfrage haben (Stand: 17.03.2022) von den angeschriebenen 103 Bauaufsichtsbehörden 83 geantwortet, dies entspricht rund 80 Prozent. In ihren Zuständigkeitsbereichen befinden sich insgesamt 314 Freiflächenphotovoltaikanlagen. In knapp 63 Prozent der antwortenden Städte, Gemeinden und Landkreise befindet sich zumindest eine Freiflächenphotovoltaikanlage. Insgesamt haben die Anlagen eine Fläche von 8.003.533 Quadratmetern, was 0,0206 Prozent der Gesamtfläche der antwortenden Gebietskörperschaften entspricht. In den kreisfreien Städten befinden sich fünf Freiflächenphotovoltaikanlagen mit einer Gesamtfläche von 356.684 Quadratmetern. Das entspricht 0,0342 Prozent ihrer Fläche.Neue KNE-Publikation: Individuen- und Populationsschutz beim Ausbau der Windenergie an Land
Eine Einführung in die Thematik
In seinem neuen Publikationsformat „Ausgangspunkte“ veröffentlicht das KNE Ausarbeitungen zu grundsätzlichen Fragestellungen der naturverträglichen Energiewende. Jede Ausgabe der Reihe soll interessierte Leserinnen und Leser gut verständlich in ein anspruchsvolles Thema einführen. Die erste Ausgabe zum „Individuen- und Populationsschutz beim Ausbau der Windenergie an Land“ geht auf Grundfragen ein, die sich beim Ausbau der Windenergie an Land bezüglich des Artenschutzes stellen:- Wie wird der Schutz der Wildtiere vor Verletzung und Tod durch Windenergieanlagen an Land gewährleistet?
- Wie unterscheiden sich Individuenschutz und Populationsschutz?
- Welche Vorgaben mach das Europarecht und wie verhalten sich diese zu den nationalen Regelungen?
- Publikation "Artenschutz und Europarecht im Kontext der Windenergie - Der Klimaschutz und die Auslegung der Ausnahmeregelungen der Vogelschutzrichtlinie"
- Publikation Veröffentlichung "Artenschutz im Koalitionsvertrag 2021-2025 - KNE analysiert die Vereinbarungen in Hinblick auf die Windenergie an Land"
- Publikation KNE-Veröffentlichung "Die Ausnahme im besonderen Artenschutzrecht“
- Dokumentation "KNE-Fachgespräch zu Artenhilfsprogrammen und Ausnahmeerteilung"
- Erklär-Video "Artenschutzrechtliche Ausnahmen für die Windenergie – Worum genau geht es da eigentlich?“
BfN-Workshop zu ökologischen Kriterien für Solarparks
- KNE-Broschüre „Wie Sie den Artenschutz in Solarparks optimieren“
- Übersicht "Naturschutz und Solarenergie-Freiflächenanlagen: Übersicht zu Erlassen und Leitfäden der Länder"
- Projektübersicht Solarenergie und Naturschutz
- Übersicht die Anwendung der Länderöffnungsklausel für Photovoltaikanlangen nach § 37c EEG 2021
- Übersicht „Kriterien für eine naturverträgliche Standortwahl für Solar-Freiflächenanlagen - Übersicht über die Einschätzung der Eignung verschiedener Flächentypen“
- Übersicht „Kriterien für eine naturverträgliche Gestaltung von Solar-Freiflächenanlagen - Übersicht und Hinweise zur Gestaltung“
- Meldung zum KNE-Forum "Naturverträgliche Solarparks" am 11. Juni 2021
- KNE-Podcast #6 Wie verändern Solarparks unsere Landschaft?
- KNE-Publikation "Auswirkungen von Solarparks auf das Landschaftsbild - Methoden zur Ermittlung und Bewertung"
- KNE-Auswahlbibliografie „Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Naturschutz“
Wir schreiben das Jahr 2050
KNE-Lesetipp
Über die Zukunft der Ökosysteme und die Ökosysteme der Zukunft „Jede Veränderung beginnt mit einer Vision…“ – so lautet der Titel eines spannenden Exposés von Professor Dr. Michael Weiß, Leiter des Steinbeis-Innovationszentrum Organismische Mykologie und Mikrobiologie. Der Autor geht davon aus, dass die künstliche Trennung der Menschen von den Ökosystemen der Grund für die sich beständig verschlimmernde Biodiversitätskrise und den Verlust vieler Lebensräume weltweit ist. Um hier eine Veränderung zum Guten herbeizuführen, braucht es, seiner Meinung nach, für unsere Kulturlandschaft eine neue Einstellung des Menschen zur „Natur“, in der er sich selbst als mit diesen Ökosystemen verzahnt und von ihnen abhängig begreift. In seiner Vision 2050, angelegt als Blick zurück auf die Veränderungen der letzten 30 Jahre, beschreibt Weiß Wege und Maßnahmen, wie wir es geschafft haben, unsere Ökosysteme unserer Kulturlandschaften entscheidend zum Besseren zu entwickeln. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Böden als Ökosysteme. So beschreibt er beispielsweise anschaulich, welche positiven Folgen es hätte, wenn die industrielle Landwirtschaft abgeschafft würde: Durch den Stopp des riesigen Flächenverbrauchs für den Anbau von Futter für Tiere (60 % im Jahr 2020) würde die Landwirtschaft extensiviert: Mit Hecken umsäumte Felder würden die Bodenerosion vermindern, und so der Verlust fruchtbaren Landes minimiert. Artenreiche Blühstreifen an den Feldsäumen böten Lebensräume für bestäubende Insekten und förderten die Biodiversität. Nur ein Baustein unter vielen. Weiß spannt den Bogen erheblich weiter, über die positiven Auswirkungen einer konsequent ökologischen Bewirtschaftung unserer Wälder, eine nachhaltige Energiegewinnung, eine Reaktivierung der Moore bis hin zu einer „essbaren Stadt“ ohne automobilen Individualverkehr.Eine Vision, die Mut macht
Auch wenn es „nur“ eine Vision ist: Die beschriebenen Möglichkeiten, die es zur Entwicklung von gesunden Ökosystemen unserer Kulturlandschaft braucht, sind keine abwegigen Hirngespinste, sondern liegen im Bereich des Machbaren. Die jeweiligen Prozesse und Ökosysteme sind miteinander verflochten und verzahnt. Sie greifen wie kleine Rädchen ineinander, beeinflussen sich gegenseitig positiv und initiieren weitere Veränderungen. Sein Fazit: „Das zentrale Resultat aus diesen Prozessen? Die breite Einsicht, dass menschliches Leben langfristig nur innerhalb funktionierender Ökosysteme möglich ist“.- Link zum Exposé (frei verfügbar)
Zum Tod von Josef Göppel
Erklärung des KNE-Direktors
Die Nachricht vom Tod Josef Göppels (geb. 16. August 1950) erfüllt mich mit Trauer und Bestürzung. Josef Göppel war einer der großen konservativen Umweltaktivisten Deutschlands, dessen unermüdliches Engagement eine Inspiration für viele umweltbewegte Menschen aller Generationen war. Ich habe ihn als warmherzigen, fordernden, vor Ideen sprühenden, äußerst fachkundigen, durchsetzungsstarken und unbeugsamen, aber kompromissbereiten Politiker und Aktivisten erlebt. In den Koalitionsverhandlungen des Jahres 2013 gehörte Josef Göppel zu denen, die der Idee eines Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende zum Durchbruch verhalfen. Bis in die letzten Lebenstage hinein blieb Josef Göppel seinen Themen verpflichtet: Naturschutz, Landschaftspflege und den erneuerbaren Energien. Als Energiebeauftragter für Afrika des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit setzte er sich für die Förderung von Solarinitiativen und Solarunternehmen in den ländlichen Räumen Afrikas ein. Seine Wählerinnen und Wähler haben ihm seine Authentizität in seiner politisch aktiven Zeit gelohnt, er erhielt immer ein besseres Erststimmenergebnis als seine Partei Zweitstimmen. Er war ein wichtiger Brückenbauer, der konservative Wählerschaften anschlussfähig machte für die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. Solche wie Josef Göppel fehlen schmerzhaft. Persönlich und auch im Namen des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende verbeuge ich mich vor dem Lebenswerk Josef Göppels. Dr. Torsten Raynal-EhrkeZum Grundsatz des „überragenden öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit“
„Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Satz 2 gilt nicht gegenüber Belangen der Landes- und Bündnisverteidigung.“
Eine Regelung zum Vorrang von Anlagen erneuerbarer Energien aufgrund des öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit war bereits im Entwurf für die EEG-Novelle 2021 vorgesehen gewesen, wurde aber in den parlamentarischen Beratungen wieder gestrichen. § 2 EEG soll, laut dem Gesetzesentwurf, bereits mit der Verkündung des Gesetzes, und nicht erst nach der beihilferechtlichen Notifizierung (Genehmigung) des Gesetzes durch die EU-Kommission in Kraft treten. Hieran wird deutlich, dass die Bundesregierung dem neuen Grundsatz ein beachtliches Beschleunigungspotenzial für den Ausbau der erneuerbaren Energien beimisst. Der Paragraf selbst ist kompakt gehalten, die für seine Anwendung wesentlichen Erläuterungen finden sich in der Gesetzesbegründung.Wen betrifft die Einführung dieses Grundsatzes?
Die Regelung hat nach KNE-Einschätzung zunächst klarstellenden Charakter. Zumeist werden Anlagen der erneuerbaren Energien von Unternehmen errichtet und dienen damit privatnützigen Interessen (Gewinnerzielungsabsicht). Gleichzeitig tragen sie aber zur Erreichung der energiepolitischen Ziele der Bundesregierung sowie der Klimaschutzziele Deutschlands und der Europäischen Union bei, dienen insofern auch einem übergeordneten öffentlichen Interesse. Der neue § 2 bekräftigt daher, dass die nachhaltige Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien einem überragenden öffentlichen Interesse dient. Aus dem überragenden öffentlichen Interesse und dem Umstand, dass die Anlagen der erneuerbaren Energien der öffentlichen Sicherheit dienen, werden sodann rechtliche Implikationen abgeleitet. Staatliche Behörden haben dieses überragende öffentliche Interesse bei der Abwägung mit anderen Rechtsgütern zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass die Norm überhaupt nur dort Bedeutung erlangt, wo eine behördliche Abwägung durchzuführen ist. Laut der Gesetzesbegründung soll sie insbesondere bei der Windenergie an Land greifen, da hier aufgrund knapper Flächen die Ausbauziele nicht erreicht werden – mithin soll die Regelung der Windenergie zu mehr Flächen verhelfen. Die Regelung ist zeitlich begrenzt. Sie räumt dem Ausbau der erneuerbaren Energien, bis die Stromerzeugung nahezu treibhausgasneutral gelingt, in behördlichen Schutzgüterabwägungen einen Vorrang ein.Welche Abwägungsentscheidungen sind vom Grundsatz betroffen?
Als Abwägungsentscheidungen werden in der Gesetzesbegründung beispielhaft genannt die Belange- von seismologischen Stationen,
- Radaranlagen,
- Wasserschutzgebieten,
- des Landschaftsbildes,
- Denkmalschutzes,
- Forstrechts,
- Immissionsschutzrechts,
- Naturschutzrechts,
- Baurechts und
- Straßenrechts.
Wie stark ist die rechtliche Wirkung des Grundsatzes?
Hier ist zunächst die Frage zu beantworten, inwieweit das EEG überhaupt in gleichrangige Gesetze „hineinregeln“ kann, beziehungsweise inwieweit die Abwägungsregelungen der Fachgesetze als „speziellere Norm“ (lex-specialis-Grundsatz) den Regelungen des EEG vorgehen. Könnte der neue § 2 EEG eventuell ins Leere laufen? Ausgehend von der skizzierten Normenhierarchie kann die bloß "einseitige" Festlegung im EEG nach KNE-Auffassung die Abwägungsentscheidungen in anderen Fachgesetzen nicht abschließend beeinflussen. Ändern würde sich jedoch das Gewicht des abzuwägenden Arguments. Letztlich wird aus rechtlicher Sicht auch hier abzuwarten sein, wie die Gerichte die Regelung auslegen. Will der Gesetzgeber dieser rechtlichen Unsicherheit entgehen oder zumindest entgegenwirken, müsste der Vorrang der erneuerbaren Energien auch in den jeweiligen Fachgesetzen oder auf höherrangiger gesetzlicher Ebene entsprechend verankert werden. Zudem: Für jene Abwägungsregelungen, die auf europäischem Recht fußen, bleiben die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes maßgeblich. Eine nationale Regelung vermag europarechtliche Vorgaben nicht zu überwinden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die EU-Vogelschutzrichtlinie relevant, die gar keine Abwägungsentscheidung aufgrund überragenden öffentlichen Interesses vorsieht. Für die Vogelschutzrichtlinie fehlt damit ein substanzieller Anknüpfungspunkt, um eine Abwägung zugunsten der erneuerbaren Energien aufgrund eines überragenden öffentlichen Interesses vorzunehmen. Andererseits bietet die Vogelschutzrichtlinie aber die Möglichkeit der Abwägung der Belange des Vogelschutzes mit dem „Interesse der öffentlichen Sicherheit“. Hierzu liegt bereits eine KNE-Einordnung vor: Dienen Windräder der öffentlichen Sicherheit? Eine europarechtliche Einordnung - Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende. Das Interesse der öffentlichen Sicherheit hat aufgrund der sicherheitsrelevanten Bedeutung der Energieversorgungssouveränität enorm an Gewicht gewonnen.Welche Auswirkungen hat der Grundsatz auf das besondere Artenschutzrecht?
Im Hinblick auf das besondere Artenschutzrecht ist die neue Regelung im EEG in zweifacher Hinsicht zu betrachten. Zunächst ist festzuhalten, dass im Bereich des vorhabenbezogenen Artenschutzes eine Abwägung nur in Betracht kommt, wenn eine Ausnahme von einem artenschutzrechtlichen Verbot erteilt wird. Verbotsebene Die „Verbotsebene“ indes lässt keinen Raum für eine Abwägung, das heißt, die artenschutzrechtlichen Verbote können nicht mit Verweis auf ein übergeordnetes öffentliches Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien oder auf das Interesse der öffentlichen Sicherheit überwunden werden. Dies haben wir in einer früheren KNE-Wortmeldung bereits ausgeführt: Wird die Ausnahme jetzt zur Regel? Was bedeutet es, wenn erneuerbare Energien im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegen? Ausnahmeebene Die Ausnahme wiederum ist an verschiedene Voraussetzungen (Ausnahmegrund, Alternativenprüfung und Nichtverschlechterung des Erhaltungszustandes) gebunden, die kumulativ vorliegen müssen. Der Vorrang der erneuerbaren Energien allein kann nicht genügen, um die rechtlichen Anforderungen an die Erteilung einer Ausnahme zu erfüllen. Zudem: In der Gesetzesbegründung ist – wenn auch etwas verklausuliert – festgehalten, dass andere Schutzgüter sich durchaus gegenüber den erneuerbaren Energien durchsetzen können und hier gerade kein absoluter Automatismus für einen Vorrang der erneuerbaren Energien geregelt wurde. Die relevante Passage lautet:„Konkret sollen die erneuerbaren Energien damit im Rahmen von Abwägungsentscheidungen u. a. gegenüber seismologischen Stationen, Radaranlagen, Wasserschutzgebieten, dem Landschaftsbild, Denkmalschutz oder im Forst-, Immissionsschutz-, Naturschutz-, Bau- oder Straßenrecht nur in Ausnahmefällen überwunden werden.“
Die Neuregelung des § 2 EEG kommt damit einer widerlegbaren Regelvermutung gleich. In dem Sinne, dass die erneuerbaren Energien grundsätzlich in der Abwägung überwiegen sollen, hiergegen aber auch Gründe angeführt werden können, die zu einem Unterliegen der erneuerbaren Energien in der Abwägung führen können. Ein denkbarer Fall, im Hinblick auf den Artenschutz, wäre die Betroffenheit von Exemplaren besonders geschützter und besonders seltener Arten, deren Verlust bereits populationsgefährdende Wirkung haben könnte. In einem solchen Fall würde das Schutzgut Artenschutz in der Abwägung stark zu gewichten sein und sich gegenüber dem öffentlichen Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien durchsetzen können. Ein entsprechender Nachweis über die außergewöhnliche Betroffenheit müsste allerdings – aufgrund der rechtlichen Konstruktion als Regelvermutung – für den Artenschutz erbracht werden.Wie wirkt sich der Grundsatz auf baurechtliche Vorschriften aus?
Ausweislich der Gesetzesbegründung soll der geplante § 2 EEG auch bei der Außenbereichsprivilegierung eine zentrale Rolle spielen. Es heißt dort:„Besonders im planungsrechtlichen Außenbereich, wenn keine Ausschlussplanung erfolgt ist, muss dem Vorrang der erneuerbaren Energien bei der Schutzgüterabwägung Rechnung getragen werden. Öffentliche Interessen können in diesem Fall den erneuerbaren Energien als wesentlicher Teil des Klimaschutzgebotes nur dann entgegenstehen, wenn sie mit einem dem Artikel 20a GG vergleichbaren verfassungsrechtlichen Rang gesetzlich verankert bzw. gesetzlich geschützt sind oder einen gleichwertigen Rang besitzen.“
Die Windenergie soll sich hiernach im Außenbereich gerade dann durchsetzen, wenn keine Ausschlussplanung erfolgt ist, sprich, wenn keine Flächen für die Windenergie ausgewiesen und gleichzeitig andere Flächen von der Windenergie freigehalten wurden. Zusätzlich zur Privilegierung im Außenbereich soll die Windenergie in einem solchen Fall auch in der baurechtlichen Abwägung etwaige entgegenstehende öffentliche Belange grundsätzlich überwinden. Eine Ausnahme gilt allerdings für diejenigen Belange, die verfassungsrechtlichen Rang haben bzw. gesetzlich geschützt sind. Der Erhalt der biologischen Vielfalt und die Sicherung eines artgerechten Lebens bedrohter Tier- und Pflanzenarten fallen unter den Begriff der natürlichen Lebensgrundlagen, die durch Art. 20a Grundgesetz geschützt werden und können daher als Schutzgüter mit Verfassungsrang der Privilegierung im Außenbereich auch weiterhin entgegenstehen. Eine privilegierte Zulassung von Windenergieanlagen im Außenbereich, die durch einen Vorrang der erneuerbaren Energien in der Schutzgüterabwägung zusätzlich verstärkt würde, könnte zu einer Diffusion der Anlagen über größere Bereiche führen. Eine solche Streuung würde mit gewisser Wahrscheinlichkeit auch zu einer Steigerung der artenschutzrechtlichen Konflikte führen. Aus Sicht des Artenschutzes wird eine Bündelung von Windenergieanlagen an möglichst konfliktarmen Standorten daher stets zu favorisieren sein. Innerhalb von Vorranggebieten für Windenergieanlagen ist die Abwägungspriorisierung des geplanten § 2 EEG daher auch aus Sicht des Natur- und Artenschutzes eher zu vertreten als im unbeplanten Außenbereich.Fazit
Aus Artenschutzsicht ist die neue Regelung – gerade auch im Kontext der aktuellen energiepolitischen Herausforderungen – nicht zu beanstanden. Die Regelung bezieht sich auf eine Vielzahl von Abwägungsentscheidungen aus unterschiedlichen Rechtsbereichen und nimmt damit auch verschiedenste Belange in den Blick. Auf diese Weise können auch die anderen, in der Gesetzesbegründung beispielhaft aufgezählten Belange durch den Vorrang der erneuerbaren Energien überwunden werden und so weitere Flächen, insbesondere für den Windenergieausbau, erschlossen werden. Hierdurch kann der Flächendruck insgesamt vermindert werden, damit auch der Druck auf artenschutzrechtlich konfliktträchtige Flächen. Wichtig bleibt: Gewichtige Belange des Artenschutzes müssen sich auch weiterhin in der Schutzgüterabwägung durchsetzen können. Denn nur so können beide Krisen – Klima- und Biodiversitätskrise – gelöst werden. Über das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren. Das KNE bei Linkedin X: @KNE_tweet Der KNE-YouTube-Kanal Der KNE-PodcastKNE-Beirat: Spannungsfeld zwischen Windenergie und Artenschutz auflösen!
KNE-Beirat diskutierte die aktuellen Herausforderungen einer naturverträglichen Energiewende
Heute kam der KNE-Beirat zu seiner 14. Sitzung zusammen. im Mittelpunkt stand das Eckpunktepapier des Bundesumwelt- und des Bundes-Wirtschafts- und Klimaschutz-Ministeriums zur „Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land“. Herzlich begrüßt wurde der neue Parlamentarische Staatssekretär des Bundesumweltministeriums Christian Kühn, der erstmals Gast des Beirates war und dessen Keynote – wenige Tage nach Veröffentlichung des Eckpunktepapiers – mit Spannung erwartet wurde. Kühn führte unter anderem aus:„Das Spannungsfeld zwischen dem Ausbau der Windenergie an Land und dem Artenschutz kann gelöst werden, indem der Ausbau schon auf der Planungsebene klug gesteuert wird. Dadurch können bereits frühzeitig die richtigen Weichen gestellt und konfliktarme Flächen identifiziert werden. Hierdurch wird auch der Prüfaufwand für den Artenschutz durch die Genehmigungsbehörden verringert und Genehmigungsverfahren werden beschleunigt. Die geplanten Standardisierungen und Konkretisierungen von Arten, Abständen, artspezifischen Vermeidungsmaßnahmen sollen die artenschutzrechtliche Prüfung einerseits durch den Betreiber wie auch durch die Behörde im Rahmen der Genehmigung klarer und berechenbarer machen, erleichtern und dadurch beschleunigen.“
KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke begrüßte in seiner Rede vor dem Gremium das Eckpunktepapier. Die Diskussion zu Windenergie und Artenschutz erhalte dadurch die notwendige Dynamik und Klarheit. Er erklärte„Weder der Windenergieausbau noch der Artenschutz können pausieren. Auch wenn der Artenschutz nicht das Haupthemmnis des stockenden Windenergieausbaus ist, bestehen auch hier Potenziale zur Beschleunigung des Windenergieausbaus und im besten Fall zu einer gleichzeitigen Verbesserung der biologischen Vielfalt. Die Debatte, wie das gelingen kann, muss ernsthaft und zielorientiert geführt werden. Das KNE wird sich aktiv in die fachliche Untersetzung der vorliegenden Regelungsvorschläge einbringen, damit der Windenergieausbau tatsächlich seinen Beitrag zur Stärkung des Artenschutzes leistet.“
In diesem Sinne werde das KNE auch weiterhin den vertrauensvollen Dialog unter den verschiedenen Akteuren der naturverträglichen Energiewende fördern und intensivieren.