Meldungen

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08.12.2023

KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“

Am 7. Dezember traf sich zum achten Mal das KNE-Forum “Naturverträgliche Solarparks”. In der Veranstaltung diskutierten die geladenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem Fragen zum Solarpaket, interessante Praxisprojekte, Neuigkeiten aus der Forschung und Erfahrungen mit dem Thema Folgenutzung in Solarpark. „Quo vadis Solarpaket der Bundesregierung? Naturverträgliche Solarparks zwischen Nische und Mainstream“ war die Diskussionsrunde überschrieben, mit der das Forum diesmal startete. Das Solarpaket der Bundesregierung befindet sich aktuell im parlamentarischen Prozess. In einer Anhörung Mitte November wurden von vielen Akteuren nochmal Stellungnahmen eingebraucht. Welche Anregungen aus Landwirtschaft, Solarbranche und Naturschutz insbesondere mit Blick auf die naturverträgliche Gestaltung von Solarparks nun im weiteren Prozess aufgegriffen werden, bleibt abzuwarten. Hier blicken die Forums-Teilnehmenden mit Spannung auf die weitere Entwicklung. Im Rahmen eines Praxisbeitrags, diesmal zum Thema „Die Kuh im Solarpark“ wurde anhand eines interessanten Beispiels aus Schleswig-Holstein diskutiert, wie sich Photovoltaik, Landwirtschaft und Naturschutz auf der selben Fläche realisieren lassen und welche Synergieeffekte es insbesondere mit der Weidehaltung von Rindern bei der Förderung von mehr Biodiversität im Solarpark gibt. Neben Neuigkeiten aus der Forschung waren gegen Ende des Forums zudem Herausforderungen, Wege und Erfahrungen bei der Folgenutzung von Solarparks Gegenstand des Austauschs. Eine Umfrage unter den Teilnehmenden zeigte, dass in fast der Hälfte der in der Runde bekannten Solarparkprojekte Folgenutzungsfragen sehr präsent sind. Einen Teil der damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen hat das KNE in zwei Publikationen aufgegriffen (siehe unten). Die Diskussion im Forum zeigte jedoch, dass bei diesem komplexen Thema durchaus auch noch viele Fragen offen sind.
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Personengruppe
01.12.2023

Fledermausschutz und Windenergie zusammendenken – das KNE bei der NUA-NRW

Am 30. November lud die Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW (NUA) zur Veranstaltung „Fledermäuse in der Eingriffsplanung 2023“ nach Essen ein. Rund 350 Vertreterinnen und Vertreter des ehrenamtlichen und hauptamtlichen Naturschutzes, aus Verbänden, Behörden und Gutachterbüros, der Biologischen Stationen und der Wissenschaft tauschten sich zu dieser Thematik aus. Insbesondere am Nachmittag der Veranstaltung stand das Thema Windenergie und Fledermäuse im Fokus. Holger Ohlenburg vom KNE gab in seinem Vortrag „Geänderte Rahmenbedingungen für den Ausbau der Windenergie, basierend auf bundesrechtlichen Vorgaben – Bedeutung für die Fledermausfauna“ einen Überblick über die Neuregelungen zur Beschleunigung des Windenergieausbaus und den Implikationen für den Fledermausschutz in Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen. Rechtsanwalt Patrick Harbor erörterte in seinem Beitrag die Frage, inwiefern der Fledermausschutz bzw. diesbezügliche Vermeidungsmaßnahmen Gegenstand der Eingriffsregelung sein können. In einem dritten Fachvortrag ging Dr. Christian Voigt vom IZW auf die jüngeren Erkenntnisse der Forschung zu Fledermäusen und Windenergie und die daraus resultierenden Herausforderungen ein. In der Podiumsdiskussion diskutierten Ohlenburg, Harbor, Voigt und Rebekka Blessenohl vom NABU-Bundesverband mit dem Auditorium die Frage, wie es um den Fledermausschutz im Kontext des Windenergieausbaus jetzt und perspektivisch bestellt ist. Dabei waren die Aspekte vielfältig. Es ging von den Herausforderungen im Zusammenhang mit dem zeitlichen Druck der Flächenausweisungen, der Beschleunigung von Genehmigungen, die heterogene und lückenhafte Datenlage zu Fledermäusen über denkbare Standardisierungen zu Fledermäusen auf Bundesebene bis hin zu möglichen Implikationen der Anfang November in Kraft getretenen RED III, die erst noch in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Die Diskussionen machten deutlich, dass in der Praxis noch Unsicherheiten bestehen, wie die neuen Regelungen in Bezug auf Fledermäuse angewendet werden sollen. Auch besteht von Seiten des Naturschutz Besorgnis, dass noch ausstehende Standardisierungen und weitere Beschleunigungsregelungen für die Windenergie mit einem Abbau des Schutzniveaus für Fledermäuse bei Windenergievorhaben einhergehen könnten.
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29.11.2023

KNE-Podcast: Erneuerbare Energien im Biosphärenreservat – passt das?

In Deutschland gibt es 18 UNESCO-Biosphärenreservate. Diese sind nicht nur repräsentativ für die Vielfalt der Lebensräume, der Fauna und Flora hierzulande, sondern sind auch Modellregionen für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in einem Schutzgebiet. Aufgaben und Ziele dieser Landschaften werden im Aktionsplan von Lima festgehalten. Dazu zählt auch, dass Biosphärenreservate zum Pariser Klimaabkommen und der Agenda 2030 beitragen müssen. Erneuerbare Energien sind also ein wichtiges Thema. Wie aber gelingt es in den Biosphärenreservaten Deutschlands, sich für den Naturschutz einzusetzen und gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende zu leisten? Welche Erfahrungen liegen hierzu vor? In Folge 32 von Naturschutz und Energiewende spricht Moderator Dr. Torsten Raynal-Ehrke mit Dr. Gerhard Mörsch, dem Geschäftsführer des Zweckverbandes Biosphärenreservat Bliesgau. Die Biosphäre Bliesgau liegt im Süden des Saarlands, hat seit 2009 den UNESCO-Status und war dieses Jahr Sieger des BMUV-Bundeswettbewerbs Nachhaltige Tourismusdestinationen. Im Gespräch werden Funktionen und Schutzbereiche dieser Landschaften näher erklärt. Was unterscheidet ein Biosphärenreservat von einem Naturpark? Wie funktioniert die Aufteilung der verschiedenen Zonen, der Kern-, Pflege- und Entwicklungszone? Und wie können Erneuerbare-Energien-Projekte umgesetzt werden? Darüber hinaus geht es auch um die praktischen Erfahrungen. Welche Arten von Erneuerbaren gibt es bereits im Bliesgau und worauf musste bei deren Planung geachtet werden? Was waren die Erfahrungen mit Mediation, als ein Windenergieprojekt auf Widerstand bei der Bevölkerung stieß? Jetzt auf allen gängigen Podcast-Plattformen.
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27.11.2023

Aktuelles aus Bund und Ländern

Bund

Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie am 15. November, stießen die von der Bundesregierung im sogenannten Solarpaket I geplanten gesetzlichen Neuregelungen zum Ausbau der Photovoltaik (Drucksache 20/8657) grundsätzlich auf Zustimmung. Es wurden jedoch weitere Änderungen angemahnt, damit der jährliche Leistungszubau bei PV-Anlagen wie geplant bis auf 22 Gigawatt gesteigert und für die Folgejahre auf diesem hohen Niveau stabilisiert werden kann. Durch das Gesetz soll unter anderem die Förderung für besondere Solaranlagen, sogenannte Agri-PV, Floating-PV, Moor-PV und Parkplatz-PV, neu geregelt werden. Birthe März, Referentin für Klima- und Transformationspolitik beim Deutschen Naturschutzring (DNR) erklärte, dass bei der Umwandlung unversiegelter und landwirtschaftlicher Flächen zu Standorten für Solar-Freiflächenanlagen Anforderungen des Naturschutzes eingehalten werden müssten. So könnten Naturschutz und eine beschleunigte Energiewende in Einklang gebracht werden. Ein Mehr an Biodiversität stärke zudem die Akzeptanz vor Ort.

Brandenburg

Eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Domres (DIE LINKE) befasst sich mit dem „Artenschutzprogramm Adler“, das 2005 in Brandenburg veröffentlicht wurde. Neben konkreten Schutzmaßnahmen, die das Programm vorschlug, sollte das Interesse für die berühmten Großvögel geweckt werden. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage (Landtags-Drucksache 7/8673) geht hervor, dass sich die Anzahl der Reviere von Fischadler und Seeadler deutlich positiv entwickelt haben. Beim Schreiadler sei zumindest von einer Stabilität des Bestandes auszugehen. Das bestehende Horstbetreuersystem und die Horstschutzzonen nach § 19 BbgNatSchAG hätten sich bewährt. Beim Fischadler gebe es zudem eine gute Zusammenarbeit mit den Energieversorgungsunternehmen. Hinsichtlich des Verlustgeschehens gebe es kaum noch Verluste durch Stromschlag. Verluste an Windenergieanlagen seien vor allem bei Schrei- und Seeadler relevant. Beim Seeadler gebe es zudem immer noch Bleivergiftungen und eine hohe Zahl an Bahnopfern.

Saarland

Wirtschafts- und Energieminister Jürgen Barke (SPD) und Klimaministerin Petra Berg (SPD) haben Anfang November ein Gesetzespaket zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Saarland vorgestellt. Mit dem Saarländischen Flächenzielgesetz soll den Vorgaben des Windenergieflächenbedarfsgesetztes (WindBG) des Bundes entsprochen werden. Für das Saarland gelten demzufolge Flächenbeitragswerte von 1,1 Prozent der Landesfläche bis Ende 2027 und 1,8 Prozent bis Ende 2032. Die Landesregierung beabsichtigt, ihre Verpflichtung deutlich schneller zu erfüllen und insgesamt 2,0 Prozent der Landesfläche bis zum 31. Dezember 2030 nach Maßgabe des Energiefahrplans aus dem Jahr 2021 auszuweisen. Das Saarländische Flächenzielgesetz enthält Teilflächenziele auf kommunaler Ebene. Die Planungshoheit und damit die Steuerung des Windenergieausbaus werden dadurch auch zukünftig bei den Kommunen liegen. Zudem werde es ein Saarländisches Gemeindebeteiligungsgesetz und eine Änderung des Landeswaldgesetzes geben (PM Ministerium für Umwelt Saarland 11/2023).
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Rotmilan im Flug - Foto: Manfred Stöber/adobestock.com
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24.11.2023

Möglichkeiten und Grenzen von Antikollisionssystemen für Vögel

Gemeinsame Presseinformation des KNE, des bayerischen LBV und des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie

Fazit der bayerischen Tagung zur Vereinbarkeit von Windenergie und Artenschutz durch Kollisionsschutzsysteme

Der Artenschutz spielt bei der Umsetzung vieler Windenergieprojekte eine wichtige Rolle. Oftmals hängt hiervon ab, ob eine Anlage erfolgreich betrieben werden kann oder nicht. Um die ambitionierten Ausbauziele der Energiewende zu erreichen, ist es unabdingbar, dass Windenergie und Artenschutz miteinander vereinbar sind. Aus diesem Grund tagten auf Einladung des bayerischen Naturschutzverbands LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz), des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) und des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) zahlreiche Expertinnen und Experten. Dabei setzten sie sich mit den Fragen auseinander, wie Antikollisionssysteme (AKS) für Vögel eingesetzt werden können, um Konflikten mit dem Artenschutz zu begegnen, wo die Möglichkeiten und Grenzen ihres Einsatzes sind und welche Besonderheiten es beim Einsatz in Bayern zu beachten gibt. LBV-Vorsitzender Dr. Norbert Schäffer: „Für den LBV ist die sorgfältige Standortwahl auf Basis solider Daten der entscheidende Faktor, um das Gefährdungsrisiko für betroffene Vogelarten zu minimieren. AKS müssen nun zügig weiterentwickelt, wissenschaftlich solide erprobt und preislich attraktiver werden, damit sie an anspruchsvollen, gegebenenfalls nur bedingt geeigneten Standorten zum Schutz von Brut- und Zugvögeln einen wichtigen Beitrag leisten können, um deren Tötungsrisiko signifikant zu senken.“ Stellvertretende KNE-Direktorin Dr. Elke Bruns: „Antikollisionssysteme haben das Potenzial, wirksam zur Vermeidung von Vogelkollisionen beizutragen, sind allerdings derzeit eine sehr kostspielige Schutzmaßnahme. Die Systeme unterscheiden sich in den Anschaffungskosten beträchtlich. Um innerhalb der Zumutbarkeitsschwelle zu bleiben, bestehen daher an ertragsschwachen Standorten mit geringem Gütefaktor nur begrenzte Spielräume für deren Einsatz - das trifft für Bayern zu. Die Zumutbarkeitsgrenze bei den Investitionskosten stellt damit ein Preissignal für die Hersteller dar. Es wäre wünschenswert, dass sich die Kosten für bereits anerkannte sowie für neue und aktuell in Erprobung befindliche Systeme so entwickeln, dass sie auch für ertragsschwächere Standorte und Regionen in Frage kommen.“ Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger: „Wir müssen den Ausbau der Windkraft beschleunigen. Unser Ziel sind 1.000 neue Windenergieanlagen bis 2030. Dafür brauchen wir naturverträgliche Lösungen. Die ersten Forschungsergebnisse aus Fuchstal zu Antikollisionssystemen für Vögel sind vielversprechend. Solche Systeme vergrößern unseren Handlungsspielraum. Sie ermöglichen einen forcierten Windkraftausbau im Einklang mit dem Artenschutz.“

Hintergrund

Mit der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes wurden Antikollisionssysteme als eine mögliche Schutzmaßnahme festgelegt, um das Kollisionsrisiko von Vögeln mit Windenergieanlagen zu vermindern. Per Gesetz gilt bislang insbesondere für den Rotmilan ein System als wirksam, weitere Kollisionsschutzsysteme und Arten können hinzukommen. Der Einsatz von Antikollisionssystemen wird jedoch auch durch die Begrenzung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit beeinflusst. Dies wird sich deshalb auf die Auswahl der geeigneten Maßnahmen auswirken, insbesondere bei der Entwicklung an weniger profitablen Standorten in Bayern. Mit weiterer Validierung der Forschungserkenntnisse zur Wirksamkeit auch neuer Systeme, zur Standortauswahl und zur Minimierung von Ertragsverlusten haben Antikollisionssysteme aber das Potential, eine hochwirksame Schutzmaßnahme gerade auch für schwierige Standorte zu bieten und damit solche Standorte für die Windenergie artenschutzkonform zu erschließen. Mehr Informationen zur Veranstaltung
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Grafik zur Dreifachkrise
23.11.2023

Das KNE auf dem ANU-Fachtag zu Zielkonflikten zwischen Energiewende und Naturschutz

Die Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) lud am 20. November Akteure zum Fachtag "Zielkonflikte zwischen Energiewende und Naturschutz im Kontext von BNE“ nach Hannover ein. Etwa 1300 Umweltzentren, Einrichtungen, Verbände, Initiativen und Personen, die in der außerschulischen Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) tätig sind, haben sich im Dach- und Fachverband ANU zusammengeschlossen. Der Fachtag richtete sich damit an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der BNE, in deren Arbeitsbereichen das Thema Zielkonflikte eine Rolle spielt und die zu diesem Thema Bildungsangebote erarbeiten. Kathrin Schwarz, Referentin Biodiversität in der Energiewende im KNE, stellte in ihrem Vortrag „Zielkonflikte in der Energiewende“ die sogenannte Triple-Krise (Biodiversitätsverlust, Klimawandel und Energiekrise) dar. Beispielhaft wurden die KNE-Arbeitsbereiche „Windenergie und Vogelschutz“ sowie „Solarenergie und Flächenverbrauch“ vorgestellt und Lösungsansätze von Zielkonflikten, wie beispielsweise der Einsatz von Antikollisionssystemen zur Vermeidung von Vogelkollisionen und der Doppelnutzung von Flächen mittel Agri-Photovoltaik, aufgezeigt. Zudem gab Kathrin Schwarz eine Einführung in die Historie und den Kontext der Debatten rund um die Zielkonflikte, um Hintergrundwissen für Bildungsangebote mit auf den Weg zu geben. Im weiteren Verlauf wurden BNE-Ansätze zur Thematik vorgestellt und mehrere Planspiele, sowohl für die schulische Bildung als auch für die Erwachsenenbildung, erklärt und getestet. Konsens herrschte schließlich darüber, dass die Ausbauziele erreicht werden müssen, jedoch dürfe der Artenschutz trotz der Beschleunigung der erneuerbaren Energien nicht vernachlässigt werden und muss entsprechend Berücksichtigung finden. Dahingehend sollte auch zukünftig gehandelt werden.
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23.11.2023

Verordnung über die Wiederherstellung der Natur: Rat und Parlament erzielen Einigung

Der Vorsitz des Rates der Europäischen Union und die Vertreter und Vertreterinnen des Europäischen Parlaments haben am 9. November 2023 eine vorläufige politische Einigung über eine Verordnung über die Wiederherstellung der Natur erzielt. Gemäß dieser Verordnung müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen festlegen und umsetzen, mit denen bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete der EU wiederhergestellt werden. Für die in der Verordnung aufgeführten Ökosysteme – von landwirtschaftlichen Flächen und Wäldern bis hin zu Meeres-, Süßwasser- und städtischen Ökosystemen –  werden spezifische rechtsverbindliche Ziele und Verpflichtungen für die Wiederherstellung der Natur festgelegt. Die Verordnung ist ein zentraler Bestandteil der Biodiversitätsstrategie für 2030 und soll der EU dabei helfen, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen, insbesondere jenen des Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal der Vereinten Nationen, der auf der Konferenz der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt (COP 15) 2022 vereinbart wurde. Die vorläufige Einigung muss nun von den beiden gesetzgebenden Organen gebilligt und förmlich angenommen werden, ehe sie in Kraft treten kann (PM Rat der Europäischen Union 11/2023).
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22.11.2023

Zur räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive

Peter et al. (2023): Lebensraumverbund und Wildtierwege – erforderliche Standards bei der Bündelung von Verkehrswegen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen Die räumliche Steuerung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) ist im Zuge des verstärkten und beschleunigten Ausbaus von großer Bedeutung. Die Flächen entlang von bestehenden Infrastrukturen gelten aufgrund ihrer Vorbelastung als konfliktarm und vorrangig nutzbar. Um eine Lenkung auf diese Flächen zu erreichen, wurde in §35 Baugesetzbuch (BauGB) eine Teilprivilegierung und damit ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für PV-FFA im Nahbereich (bis 200 m) zu Autobahnen, mehrgleisigen Schienen und parallel zu Verkehrswegen eingeführt (§35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB). Zudem macht die Vergütung nach §37 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für PV-FFA in bis zu 500 Meter Entfernung zu Autobahnen und mehrgleisigen Schienenwegen die Nutzung dieser Flächen attraktiv (§37 Abs. 1Nr. 2c EEG). Der Artikel widmet sich der räumlichen Bündelung von Verkehrswegen und PV-FFA aus naturschutzfachlicher Perspektive und wurde in Folge eines Workshops an der internationalen Naturschutzakademie auf der Insel Vilm (INA) erstellt. Die Autorinnen und Autoren gehen zunächst auf den politischen und rechtlichen Kontext ein und zeigen die Bedeutung der Bündelung von PV-FFA und Verkehrswegen auf. Durch eine Nutzung dieser Flächen für PV-FFA können zusätzliche Landschafts- und Habitat-Zerschneidungen vermieden und ein besserer Biotopverbund geschaffen werden. Des Weiteren werden auch mögliche negative Folgen der Bündelung thematisiert. Hierbei werden beispielsweise die kumulative Wirkung der PV-FFA, eine erhöhte Mortalitätsrate für Wildtiere und fehlende Ruhebereiche für die Tiere nach Querung der Verkehrswege erwähnt. Zudem wird der Begriff der „Bündelung“ genauer erläutert, unterschiedliche Definitionen sowie Beispiele aus der Praxis werden angeführt. Anschließend werden zu beachtende Aspekte im Planungs- und Abwägungsprozess der Bündelung erläutert, wie beispielsweise die Sicherung von Wildtierkorridoren, die Beachtung der Flächen des Biotopverbundes und der übergeordneten Regelungen der Bundesländer. Als Abschluss der Veröffentlichung werden Hinweise zu erforderlichen Standards der Standortwahl und zur Gestaltung der PV-FFA an Verkehrswegen formuliert. Hierbei werden acht Ergebnisse präsentiert. Es wird empfohlen, dass
  • obligate Tabuflächen für die Errichtung von PV-FFA entlang von Verkehrswegen freizuhalten sind. Dazu gehören beispielsweise ausgewiesene Flächen des Biotopverbundes und prioritäre Bereiche für Wiedervernetzungsmaßnahmen.
  • keine wilddichten Zäune um die PV-FFA errichtet werden.
  • eine Barrierewirkung durch eutrophe und/oder dicht und hochwachsende Begrenzungssäume vermieden wird.
  • durch die obligate Errichtung von Wildtierkorridoren eine Mindestdurchlässigkeit für Tiere erhalten werden soll.
  • Freihalteflächen im Umkreis von Querungshilfen an Verkehrswegen vorgesehen werden.
  • Mindestabstände von PV-FFA zu Gewässern, kleineren Querungshilfen und Waldrändern berücksichtigt werden.
  • die Ausgestaltung und Pflege der Wildtierkorridore auf den Landschaftsraum und die Ziele des jeweiligen Lebensraumverbunds ausgerichtet sein sollten.
  • Beleuchtung zu vermeiden ist, welche auf die Tiere abschreckend, störend oder attrahierend wirken könnte.
Der Artikel gibt einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zum Thema der Einbindung von PV-FFA in den Lebensraumverbund und bietet eine Orientierungshilfe für Genehmigungsbehörden. Durch die erwähnten neuen gesetzlichen Regelungen werden die Flächen entlang von Verkehrswegen immer wichtiger für den Ausbau von PV-FFA. Eine standortangepasste und naturverträgliche Gestaltung dieser Anlagen ist daher entscheidend, um mögliche negative Folgen der Bündelung zu verhindern und die positiven Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen. Quelle: Peter, F., Reck, H., Trautner, J., Böttcher, M, Strein, M., Herrmann, M., Meinig, H., Nissen, H., Weidler, M. (2023): Lebensraumverbund und Wildtierwege – erforderliche Standards bei der Bündelung von Verkehrswegen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen. „Natur und Landschaft“ 98. Jahrgang (2023) - Ausgabe 11, S. 507-515 Link zum Artikel (Artikel nicht frei verfügbar)
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Spielsteine auf Untergrund
Foto: Gerd Altmann auf Pixabay
20.11.2023

Fachforum der KNE-Mediatorinnen und -Mediatoren zu Konfliktlagen bei der Umsetzung von Solarparks vor Ort

Am 16. November kamen die KNE-Mediatorinnen und -Mediatoren zu ihrem regelmäßig stattfindenden Fachforum zusammen. Dieses Mal wurde sich digital ausgetauscht. Im Zuge des verstärkten Ausbaus der Solarenergie widmete sich der Fachaustausch insbesondere dieser Thematik und dem damit steigenden Konfliktpotenzial bei der Umsetzung vor Ort. Zum Einstieg gab Dr. Julia Wiehe, Leiterin Team Solar im KNE, einen Überblick über den Status Quo des Ausbaus, die für die Zukunft geplanten Ausbauziele und über die Auswirkungen von Solarparks auf den Naturhaushalt. Der Forschungsbedarf sei hier groß und ein Monitoring oder die Erstellung von Umweltberichten wären ein wichtiger Beitrag, um Wissenslücken zu schließen. Außerdem stellte Wiehe mögliche Maßnahmen zur naturverträglichen Gestaltung und besondere Anlagentypen, wie beispielweise die Agri-Photovoltaik (Agri-PV) vor. Die Anfragen, die das KNE zum Thema erreichen, spiegeln den Informationsbedarf der Akteure wider. Unter anderem lauten die Fragen: Wie sind die Anforderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetztes bei der Förderung von Moor-PV und Agri-PV? Können PV-Freiflächenanlagen auf Ausgleichsflächen anderer Bauprojekte errichtet werden? Welche Flächennutzung ist nach dem Rückbau der Anlagen möglich? Wie kann eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger aussehen? Im Verlauf der Diskussion und des Erfahrungsaustauschs ging es daher insbesondere um denkbare Konfliktlagen und Möglichkeiten der Unterstützung von Kommunen und Akteuren bei der Umsetzung von Solarparks vor Ort. Wie können diese Prozesse gut moderiert und begleitet werden? Wie geht man mit konfliktträchtigen Veranstaltungen und unsachlicher Argumentation um? Wo gibt es Verständigungsbedarf? Wie können Solarparks bürgernah und naturverträglich gestaltet werden können? Wie können die Beteiligten ins Boot geholt werden?

Der KNE-Pool für Prozessgestaltung, Mediation und Moderation

Die Mitglieder des KNE-Pools bieten professionelle Unterstützung und Begleitung bei der Vermeidung und Klärung von Konflikten vor Ort. Die eigens für die Themen Naturschutz und Energiewende fortgebildeten Expertinnen und Experten stehen dafür mit einer neutralen Haltung moderierend und begleitend zur Verfügung. Der Informationsflyer zum KNE-Pool für Prozessgestaltung, Mediation und Moderation gibt einen umfassenden Überblick über die Expertise und die Angebote der KNE-Mediatoren und -Mediatorinnen.

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Wiese und Illustraion Solarmodul
Illustration: Tino Herrmann - corporate-new
16.11.2023

Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen: KNE startet Forschungs- und Entwicklungsvorhaben

Für die Solarenergie bestehen ambitionierte Ausbauziele. Bis zum Jahr 2040 sollen insgesamt 400 Gigawatt installiert sein, je zur Hälfte auf Dächern und Freiflächen. In der Photovoltaik-Strategie des Bundeswirtschaftsministeriums wird zudem eine Zukunftsvision entworfen, nach der im Jahr 2035 Biodiversitäts-Solarparks Standard sein sollen, die „neue Lebensräume für Tier- und Pflanzenwelt schaffen“. Wie lässt sich dieser Standard trotz Flächendruck und Nutzungskonkurrenzen erreichen? Welche Steuerungsmöglichkeiten gibt es bereits, welche werden neu eingeführt? Aufgabe des jetzt am Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) gestarteten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen – SuN-divers“ ist der Wissenstransfer von fachlichen Grundlagen und neuen Erkenntnissen in die kommunale Planungspraxis, damit Naturschutzbelange bei der Umsetzung von Solarparks stärker als bisher Berücksichtigung finden. Das Projekt wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. „Neben aktuell diskutierten Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2024 gibt es bereits verschiedene Instrumente, mit denen eine Steigerung der Biodiversität in Solarparks erreicht werden soll. Mit dem Projekt tragen wir dazu bei, diese Instrumente für mehr Naturschutz in Solarparks miteinander zu verzahnen sowie den Austausch zwischen den Akteuren zu fördern und ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen,“ so die Projektleitern Dr. Julia Wiehe. „Dazu werden wir unter anderem bundesweite Online-Veranstaltungen sowie regionale Workshops vor Ort durchführen und die Unterstützungsbedarfe auf kommunaler Ebene ermitteln.“ Im Rahmen des FuE-Vorhabens sollen folgende Fragen beantwortet werden: Welche naturschutzfachlichen Kriterien sollten „Biodiversitäts-Solaranlagen“ erfüllen, um eine Steigerung der Biodiversität zu gewährleisten? Was ist der aktuelle Stand der Forschung zu Auswirkungen von Solarparks auf besonders und streng geschützte Arten? Mit welchen Maßnahmen können negative Auswirkungen auf photovoltaik-sensible Arten wirkungsvoll kompensiert werden? Was brauchen die Akteure vor Ort, um die Instrumente und Maßnahmen in der Praxis effizient umsetzen zu können
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31.10.2023

KNE-Podcast: Was kommt nach der Photovoltaik?

Im Zuge der Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien braucht es ausreichend Flächen zum Bau großer Solarpark, insbesondere im ländlichen Raum. Ein Großteil dieser Flächen wird aus der Landwirtschaft kommen müssen. Indem Landwirtinnen und Landwirte Flächen für den Ausbau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) zur Verfügung stellen, können sie nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten, sie erschließen sich auch eine profitable Einkommensquelle. Das wirft die Frage auf, was mit den Flächen nach Beendigung der PV-Nutzung passiert. Bei der sogenannten „Folgenutzungs-Frage“ geht es also darum, ob eine Landwirtschaftsfläche, die zeitlich befristet der PV-Nutzung zur Verfügung stand, anschließend wieder landwirtschaftlich genutzt werden kann oder, ob dies aus bestimmten rechtlichen Gründen verwehrt bleibt und die Fläche der Landwirtschaft für immer entzogen bleibt. In dieser Folge Naturschutz und Energiewende spricht Moderator Dr. Torsten Raynal-Ehrke mit Peer Michaelis, Rechtsreferent am KNE und Autor einer Publikation zu diesem Thema. Im Gespräch werden unter anderem folgende Fragen erörtert: Unter welchen Voraussetzungen kann PV auf Ackerland realisiert werden? Wie kann möglichen Problemen bei Wiederaufnahme der Landwirtschaft vorgebeugt werden? Und was passiert, wenn sich während der PV-Nutzung neue Arten ansiedeln? Jetzt auf allen gängigen Podcast-Plattformen. KNE-Podcast: Was kommt nach der Photovoltaik?
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Simulation Rotmilan vor Windenergieanlage
© Tino Herrmann
26.10.2023

Neue KNE-Publikation: Einsatz von Antikollisionssystemen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit

Im novellierten Bundesnaturschutzgesetz sind neue Regelungen festgelegt, um die Genehmigung von Windenergieanlagen zu beschleunigen. Es enthält auch eine Liste von Schutzmaßnahmen, die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko wirksam senken können, darunter auch Antikollisionssysteme (AKS) zur Vermeidung von Vogelkollisionen. Gleichzeitig definiert das Gesetz eine Zumutbarkeitsgrenze für den vom Vorhabenträger zu tragenden Aufwand für Schutzmaßnahmen. Die neue KNE-Publikation „Einsatz von Antikollisionssystemen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit“ geht daher der Frage nach, welche Investitionsspielräume insbesondere für Antikollisionssysteme innerhalb der im Bundesnaturschutzgesetz formulierten Zumutbarkeitsgrenzen bestehen. Diese Zumutbarkeitsgrenzen variieren in Abhängigkeit davon, ob die Windenergieanlagen an einem Standort mit hoher Ertragsleistung (Zumutbarkeitsschwelle 8 Prozent) oder verminderter Ertragsleistung (Zumutbarkeitsschwelle 6 Prozent) errichtet werden sollen. Die exemplarisch mit unterschiedlichen Leistungsparametern durchgeführten Berechnungen zeigen, dass die zumutbaren Investitionskosten für AKS insbesondere bei geringer Ertrags- bzw. Standortgüte begrenzt sind. Sofern an diesen Standorten andere, weniger kostenintensive Schutzmaßnahmen zur Kollisionsrisikominderung in Betracht kommen, könnten diese aus Betreibersicht vorzugswürdig sein. Zu beachten ist, dass im Detail Unterschiede bei der Bemessung zumutbarer investiver Kosten bestehen, je nachdem, ob die Windenergieanlagen innerhalb oder außerhalb ausgewiesener Windenergiegebiete stehen. Für beide Anwendungsfälle werden die Rahmenbedingungen dargestellt. Die Veröffentlichung zeigt auf, dass wirtschaftliche Erwägungen bei der Maßnahmenauswahl durch die neu eingeführte Zumutbarkeitsschwelle an Bedeutung gewinnen. Damit AKS zukünftig in größerem Umfang zur Anwendung kommen können, müssen sie nicht nur die Vermeidungswirksamkeit nachweisen, sondern auch bestimmte Preisobergrenzen einhalten. Die Publikation ist im Rahmen des FuE-Projektes „AKS-Praxis“, gefördert vom Bundesamt für Naturschutz (FKZ 3522 860800), entstanden.

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25.10.2023

EU-Kommission verkündet Wind-Aktionsplan

Die kürzlich auf EU-Ebene vereinbarte Zielvorgabe für den Windenergieausbau sieht vor, dass die installierte Kapazität von 204 Gigawatt im Jahr 2022 auf über 500 Gigawatt im Jahr 2030 anwachsen soll. Laut EU Kommission steht der Windenergiesektor im Hinblick auf seinen künftigen Wachstumspfad vor einzigartigen Herausforderungen. Daher wurde nun der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union angekündigte europäische Aktionsplan für Windkraft vorgestellt. Dieser soll gewährleisten, dass die Energiewende und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie Hand in Hand gehen. Der Aktionsplan enthält Sofortmaßnahmen, die von der Kommission, den Mitgliedstaaten und der Industrie gemeinsam ergriffen werden müssen und baut auf bestehenden Strategien und Rechtsvorschriften auf. Unter anderem wird darin angekündigt, eine Verlängerung der EU-Notfall-Verordnung zu prüfen, um bis zur Umsetzung der Erneuerbaren-Energien-Richtline (RED III) durch die Mitgliedstaaten weiterhin beschleunigte Genehmigungsverfahren zu ermöglichen. Darüber hinaus soll der Ausbau durch bessere Berechenbarkeit und schnellere Genehmigungsverfahren weiter beschleunigt werden. Die Kommission leitet gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Initiative „Accele-RES“ ein, die eine rasche Umsetzung der überarbeiteten EU-Vorschriften für erneuerbare Energie gewährleisten und dabei den Schwerpunkt stärker auf die Digitalisierung der Genehmigungsverfahren und die technische Unterstützung der Mitgliedstaaten legen soll (PM Europäische Kommission 10/2023).
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24.10.2023

Aktuelles aus den Ländern

Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern ist in der vergangenen Woche eine neue Rechtsverordnung zur Fortschreibung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern für den Teilbereich Windenergie in Kraft getreten. Mit der Fortschreibung werden insbesondere die Festlegungen zu einer neuen Eignungsgebietskulisse einschließlich ihrer Begründung ergänzt. Hierbei gehe es konkret um die Festlegung von 49 Windeignungsge-bieten mit einer Gesamtfläche von rund 5252 Hektar. Diese Fläche entspreche ungefähr 0,76 Prozent der Gesamtfläche der Planungsregion. Die Gebietskulisse Windenergie, die vom Planungsverband Vorpommern beschlossen und von der Landesregierung zur Verbindlichkeit gebracht wurde, sei das Ergebnis eines Planungsprozesses mit insgesamt fünf Beteiligungsrunden der öffentlichen Stellen und der Öffentlichkeit. Die Erarbeitung der Gebietskulisse Windenergie nach neuem Recht, die bis 2027 beziehungsweise 2032 vorliegen müsse, sei bereits angelaufen. Die Kulisse müsse aufgrund des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG) des Bundes bis 2027 mindestens 1,4 Prozent und bis 2032 mindestens 2,1 Prozent der Regionsfläche betragen (PM Landesregierung MV 10/2023).

Niedersachsen

Das Landeskabinett Niedersachsen hat am 17. Oktober beschlossen, den Entwurfs des „Gesetzes zur Steigerung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land und von Freiflächen-Photovoltaikanlagen sowie zur Änderung raumordnungsrechtlicher Vorschriften“, kurz Windenergiebeschleunigungsgesetz, in den Landtag einzubringen. Das Gesetz soll insbesondere zum Windenergieausbau beitragen und besteht aus drei Teilen. Neben der Festlegung regionaler Flächenziele für die Windenergie soll auch eine Änderung des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes erfolgen. Außerdem sollen umfangreiche Reformen der Beteiligung von Kommunen und Bürgerinnen und Bürger am Ausbau der erneuerbaren Energien ermöglicht werden (PM Niedersächsische Staatskanzlei 10/2023). Des Weiteren wurden in Niedersachsen vor kurzem Hinweise für einen naturverträglichen Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen veröffentlicht. Die naturschutzfachliche Arbeitshilfe wurde gemeinsam vom Niedersächsischen Landkreistag und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) entwickelt. Anlass dafür sei der sich abzeichnende erhebliche Ausbau von Photovoltaikanlagen in der Fläche gewesen, der nach Koalitionsvertrag der aktuellen Landesregierung naturverträglich erfolgen solle. Zur Erarbeitung haben Fachleute aus Verbänden, Kommunen und Wissenschaft beigetragen (PM NLWKN 10/2023).

Rheinland-Pfalz

Im Zuge einer Kleine Anfrage des Abgeordneten Horst Gies (CDU) wird die ökologische Wertigkeit von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) thematisiert. In ihrer Antwort (Landtags-Drucksache 18/7277) weist die Landesregierung Rheinland-Pfalz darauf hin, dass die Anlagen selbst keine ökologische Wertigkeit besitzen. Allerdings könne die Fläche, auf der eine PV-FFA errichtet werde, Funktionen für den Naturhaushalt übernehmen. Die ökologische Wertigkeit dieser Flächen sei dabei abhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten und der bisherigen Nutzung bzw. Ausprägung der Fläche sowie von der Intensität der technischen Überprägung (z. B. Modulreihenabstände, Höhe der Aufständerung, Flächen ohne Überstellung mit Anlagen) und der künftigen Nutzungsintensität der Flächen. Darüber hinaus wird die Landesregierung gefragt, ob PV-FFA auf naturschutzfachlichen Ausgleichsflächen errichtet werden dürfen. Dies sei laut der Landesregierung dem Grunde nach möglich. Vor Inanspruchnahme einer solchen Fläche bedürfe es einer vorherigen Bewertung nach der Eingriffsregelung. Da die Ausgleichsfläche bereits einen anderen Eingriff als den der Errichtung der PV-FFA kompensiere, seien sowohl die PV-FFA und deren Kompensationserfordernis als auch das ursprüngliche Kompensationsbedürfnis in Ansatz für das Gesamtkompensationserfordernis zu bringen.
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23.10.2023

Schwerpunkträume als methodischer Ansatz zur Berücksichtigung des Artenschutzes bei der Windenergie auf Planungsebene

Geißler et al. (2023): Schwerpunkträume zum Artenschutz in der Windenergieplanung - Methodische Ansätze zur planerischen Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung. Die Länder sind durch die gesetzlichen Vorgaben des Bundes verpflichtet, durch die Ausweisung eines individuellen Anteils der Landesfläche für die Windenergie ihren Beitrag zur Erreichung des durchschnittlichen „Zwei-Prozent-Flächenziels“ auf Bundesebene zu leisten. Um den Artenschutz bereits auf der planerischen Ebene berücksichtigen und damit zugleich Konflikte auf der nachfolgenden Genehmigungsebene minimieren zu können, sind sogenannte Schwerpunkträume ein möglicher Ansatz. In einem DBU-geförderten Forschungsprojekt wurde eine Methodik entwickelt und getestet, um anhand von sogenannten Habitatmodellierungen besonders geeignete Bruthabitate für ausgewählte kollisionsgefährdete Vogelarten zu ermitteln und darüber „Schwerpunkträume“ zu identifizierten. Die Autorinnen und Autoren geben in ihrem Abschlussbericht zunächst den Stand der Forschung und Praxis zu bestehenden Ansätzen von Schwerpunkträumen wieder. Daraus leiten sie ab, dass der Ansatz der Habitatmodellierung zum einen dafür geeignet ist, die besten Habitate flächendeckend zu identifizieren, insbesondere für Arten, deren Verbreitung eine hohe Abhängigkeit von den Habitateigenschaften hat. Zum anderen können über die flächendeckende Einstufung der Habitat-Eignung Bereiche identifiziert werden, die sich besonders gut für Artenhilfsmaßnahmen eignen. Für eine Habitatmodellierung sind allerdings neben den Satellitendaten für die Habitat-Identifizierung zumindest für Teilbereiche des Planungsraums auch möglichst gute Kenntnisse von Brutplätzen für die Modellierung erforderlich. Im Rahmen des Projektes wurde ein Modellierungsansatz anhand von Copernicus-Satellitendaten und vorhandenen Vorkommensdaten aus Baden-Württemberg (für Rotmilan und Schwarzmilan) sowie Brandenburg (für Rotmilan und Fischadler) entwickelt und getestet. Sowohl die Vorgehensweise als auch die Ergebnisse sind in der Veröffentlichung gut nachvollziehbar dargestellt, die Ergebnisse werden zudem umfassend diskutiert. Ein weiteres Kapitel widmet sich einer ergänzenden „multikriteriellen Szenarienanalyse“, mit der Flächenkonkurrenzen transparent dargestellt werden können und die somit eine Ent­scheidungshilfe bei der Flächenausweisung auf Landes- bzw. regionaler Ebene bieten können. Anschließend werden die Schwerpunkträume vor dem bisherigen rechtlichen Hintergrund und nach der neuen Rechtslage eingeordnet. Fazit und Schlussfolgerungen sind mittels Kernbotschaften als Überschriften gut strukturiert und verdeutlichen nachvollziehbar, dass Schwerpunkträume
  • einen fachlich gut realisierba­ren Beitrag zur Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Be­lange auf der Ebene der Flächenausweisung leisten können,
  • dass eine Identifizierung von Schwerpunkträumen über den Ansatz der Habitatmodellierung für zahlreiche Arten Vorteile bietet und
  • dass diese zur Abbildung regionalspezifischer Besonderheiten der Habitatpräferenzen auf Landesebene bzw. regionaler Ebene vorgenommen werden sollten.
Quelle: Geißler, G., Jiricka, A., Köppel, J., Rasmussen, A., Krieger, N., Weber, J., Reichenbach, M., Steinkamp, T., Sudhaus, D., Baur, K. (2023): Schwerpunkträume zum Artenschutz in der Windenergieplanung - Methodische Ansätze zur planerischen Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung. Abschlussbericht. 108 S. Zum Forschungsbericht
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Solarmodule und Landschaft
17.10.2023

Solarparks naturverträglich gestalten – wie geht das?

Online-Veranstaltung des KNE für interessierte Einsteigerinnen und Einsteiger Deutschland ist dabei, den Ausbau erneuerbarer Energien massiv zu beschleunigen. An immer mehr Orten steht auch der Bau von Solarparks auf der Tagesordnung. Viele Praxisakteure fragen sich: Wie lässt sich dieser Zubau möglichst naturverträglich gestalten? Was gilt es, bei der Planung von naturverträglicher Photovoltaik zu beachten? Das KNE lud am 12. Oktober zu diesem Thema zu einer Online-Veranstaltung ein, der gut 300 Interessierte aus lokalen Naturschutzverbänden, Unteren Naturschutzbehörden, Unternehmen der Solarbranche und weiteren Bereichen folgten. Die Veranstaltung gab für Einsteigerinnen und Einsteiger leicht verständliche Hinweise zur naturverträglichen Standortwahl und zeigte Maßnahmen auf, mit denen innerhalb eines Solarparks negative Auswirkungen auf Natur und Landschaft vermieden werden können. Darüber hinaus wurden Einblicke in die aktuell geltenden – vor allem baurechtlichen – Rahmenbedingungen für Planung und Genehmigung gegeben. Zentral waren zwei Vorträge von Dr. Julia Wiehe (KNE-Referentin für naturverträgliche Solareinergie und Peer Michaelis (KNE-Rechtsreferent) zur naturverträgliche Gestaltung von Solarparks und zu rechtlichen Hinweisen für deren Planung und Gestaltung. Im Anschluss gab es Zeit für Rückfragen und es wurden Erfahrungen und Eindrücke aus der Praxis geteilt, zu denen die Teilnehmenden vorab befragt waren. Gute Erfahrungen werden vor Ort demnach vor allem dann gemacht, wenn alle Beteiligten frühzeitig miteinander kommunizieren. Herausforderungen werden von den Teilnehmenden insbesondere im Spannungsverhältnis zwischen Naturverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit, in der Flächenfindung, dem Umgang mit Flächenkonkurrenzen und der Bewertung von Eingriff und Ausgleich gesehen. Hilfreich fänden die teilnehmenden Einsteigerinnen und Einsteiger rechtlichen Rückenwind mit konkreten Vorgaben und Kriterien, praktikable Handreichungen und Checklisten. Hier bieten verschiedene Publikationen des KNE (siehe unten) schon erste Orientierungspunkte. Das KNE hat den Teilnehmenden mit dieser Veranstaltung einen ersten Einblick verschafft. Das große Interesse und die zahlreichen Antworten in der Vorabumfrage haben gezeigt, dass die Bereitschaft groß ist, an der naturverträglichen Gestaltung von Solarparks mitzuwirken, aber Akteure vor Ort noch Unterstützung bei der konkreten Umsetzung gebrauchen können. Diese Thematik greift auch das neue FuE-Projekt „Solarenergie und Naturschutz: Mehr Biodiversität in Solarparks umsetzen“ (kurz: SuN-divers) auf. Mit verschiedenen KNE-Angeboten (Online-Veranstaltung, Werkstattgespräche, Exkursionen) soll erreicht werden, das Naturschutzbelange bei Planung und Bau von Solarparks auf kommunaler Ebene stärker als bisher Berücksichtigung finden. Das Projekt wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).
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26.09.2023

Aktuelles aus den Ländern und der Forschung

Brandenburg

Energieminister Jörg Steinbach (SPD) hat am 14. September die Brandenburger Solarausbauoffensive vorgestellt. Im Fokus stehen insbesondere PV-Dachanlagen, Parkplatz-PV und sonstige besondere Solaranlagen wie Agri- oder Floating-PV. Kommunen sollen dabei mehr an der Energiewende teilhaben können. Steinbach unterstütze die von aus SPD, CDU und Grünen bestehenden Regierungskoalition geplante Einführung des sogenannten Solareuro. Analog zum Windeuro (Windenergieanlagenabgabegesetz) sollen Kommunen finanziell von der Solarenergie vor Ort profitieren. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müsse die Photovoltaik deutlich ausgebaut werden. Die Brandenburger Energiestrategie 2040 setze ambitionierte Ziele. Bis 2030 seien demnach18 Gigawatt installierter Leistung und bis 2040 33 Gigawatt geplant (PM Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie 09/2023). Agri-PV oder Anlagen auf wiedervernässten Ackerflächen böten laut Klimaschutzminister Axel Vogel die Chance, „Landwirtschaft, Naturschutz und Energieerzeugung unter einen Hut zu bringen“. Es sei wichtig, Kommunen bei ihrer Planung zu unterstützen. Daher wurde in Brandenburg bereits im August eine Arbeitshilfe für die Planung von PV-FFA veröffentlicht. Darin werden planungsrechtliche Rahmenbedingungen sowie kommunale Teilhabeoptionen kompakt zusammengefasst (PM des MLUK, MIL und MWAE 08/2023).

Forschungszentrum Jülich

Solarstrom und Landwirtschaft auf demselben Acker – wie das am besten funktionieren kann, untersucht das Forschungszentrum Jülich gemeinsam mit RWE in einer Demonstrationsanlage im Rheinischen Revier. Bereits seit Juni werde am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler auf einer rund sieben Hektar großen Rekultivierungsfläche eine Agri-PV-Anlage errichtet. Gefördert werde das Forschungsvorhaben vom Land Nordrhein-Westfalen über das Programm progres.nrw. Die Demonstrationsanlage werde über eine Kapazität von 3,2 Megawatt peak verfügen und soll bis Ende des Jahres in Betrieb gehen. Anfang 2024 sollen die mindestens fünf Jahre laufenden Forschungsaktivitäten starten. Ziel sei es, geeignete Bewirtschaftungsmethoden und wertschöpfende Betreiberkonzepte für Agri-PV-Anlagen zu testen. Das Forschungszentrum Jülich bringt dafür seine wissenschaftliche Expertise in der Kombination von Pflanzenforschung und Photovoltaik – auch im Kontext der Bioökonomie – ein. Für die Demonstrationsanlage seien drei unterschiedliche Agri-PV-Konzepte geplant, die sowohl eine acker- als auch gartenbauliche Nutzung der Fläche ermöglichen (PM Forschungszentrum Jülich 09/2023).

Hamburg

Für die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) müssen in Hamburg bis 2027 0,25 Prozent der Stadtfläche und bis 2032 0,5 Prozent der Stadtfläche Vorranggebiete für Windenergie werden. Sollten diese Flächenziele nicht erfüllt werden, seien WEA überall im Stadtgebiet möglich. Dies geht aus einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Sandro Kappe (CDU) auf Drucksache 22/12663 hervor. Zur Ermittlung geeigneter Windenergievorranggebiete werde derzeit ein Katalog potenziell geeigneter Flächen erarbeitet. Die sich daraus ergebenden Flächen werden Grundlage der erforderlichen Änderungsverfahren von Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm. Unter Beachtung verschiedener besonders relevanter Kriterien (zum Beispiel bebaute Bereiche, Abstand zu Wohnnutzungen, Naturschutzgebiete, Fauna-Flora-Habitatrichtlinie-Gebiete, EU-Vogelschutzgebiete, Wald, Wasserschutzgebietszonen, Kleingärten, Friedhöfe, Parkanlagen/Spielplätze, Flughäfen et cetera) werden mit Blick auf das gesamte Stadtgebiet potenziell geeignete Flächen identifiziert. Die Überprüfung dieser Kriterien sei noch nicht abgeschlossen. Das Verfahren zur Flächennutzungsplanänderung und Landschaftsprogrammänderung soll im Anschluss begonnen werden. Sobald die Windenergievorranggebiete ausgewiesen seien, können Anträge zur Errichtung von WEA in diesen Gebieten gestellt werden.

Nordrhein-Westfalen

Der Abgeordnete Dietmar Brockes (FDP) befragte die Landesregierung im Zuge einer Kleinen Anfrage zum Sachstand der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung bei der Windenergie in Nordrhein-Westfalen (NW). Hinsichtlich der Digitalisierung von Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) führt die Landesregierung auf Landtags-Drucksache 18/5647 aus, dass beabsichtigt sei, das mit Bundesmitteln entwickelte Online-Antragsverfahren ELiA-Online in NW für die digitale Antragstellung von Genehmigungsverfahren und Änderungsanzeigen nach BImSchG zu nutzen. Länderübergreifend laufen dazu aktuell die Vorbereitungen für die Rollout-Planung. Für die digitale Bearbeitung der Anträge sei noch in diesem Jahr die Bereitstellung eines Moduls zur Behördenbeteiligung in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren über die Plattform Beteiligung.NRW vorgesehen. Laut Fragesteller werden Genehmigungsprozesse in den Kreisen sehr unterschiedlich angegangen. Um eine Vereinheitlichung der Genehmigungsstandards im Land zu erreichen, sei laut der Landesregierung von den Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und der fünf Bezirksregierungen im Februar 2023 eine Absichtserklärung zu „Regional-Initiativen Wind“ unterzeichnet worden. Diese sehe vor, dass in jedem Regierungsbezirk die Bezirksregierungen und die Kreise bzw. kreisfreien Städte als zuständige Genehmigungsbehörden zur Optimierung, Beschleunigung und Unterstützung von Genehmigungsverfahren eng zusammenarbeiten.
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Voegel im Flug vor Windenergieanlagen, © Roland T Frank – stock.adobe.com
© Roland T Frank – stock.adobe.com
25.09.2023

Neue Forschungsberichte für eine naturverträgliche Windenergie

Im Hinblick auf die Umsetzung einer Energiewende, die den Natur- und Artenschutz angemessen sichert, stehen nun aktuelle Ergebnisse und Empfehlungen aus verschiedenen Forschungsprojekten zur Verfügung.

Überarbeitetes „Fachkonzept Habitatpotentialanalyse“ online

Die Habitatpotenzialanalyse (HPA) soll zukünftig eine Standardmethode sein, um zu ermitteln, ob bei vorhandenen Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten in den Prübereichen rund um geplante Windenergieanlagen ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Sie soll eine Bewertung von Kollisionsrisiken anhand der Habitatausstattung im Vorhabenumfeld ermöglichen. Hierbei kann weitestgehend auf Luftbilder und Karten zurückgegriffen werden, wodruch der Arbeits- und Zeitaufwand deutlich reduziert wird. Die HPA soll die zeitaufwändigen Raumnutzungsanalysen ablösen, bei denen die Flugwege relevanter Individuen im Gelände beobachtet und ausgewertet werden. Seit Anfang September findet sich das überarbeitete „Fachkonzept Habitatpotentialanalyse“ auf der Internetseite des BMWK zum Download. Das von der ARSU GmbH im Auftrag des BMWK erarbeitete Gutachten wurde auf Grundlage von Stellungnahmen der Bundesländer und Verbände überarbeitet. Auch das KNE hatte eine entsprechende Stellungnahme abgegeben. Auf Grundlage des Fachkonzeptes soll nun zügig eine entsprechende Rechtsverordnung zur HPA erarbeitet und von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Zur KNE-Stellungnahme zum „Fachkonzept Habitatpotentialanalyse" Reichenbach, M., Steinkamp, T., Menke, K. (2023): Fachkonzept Habitatpotentialanalyse. Teilbericht des Projekts: Standardisierung der artenschutzfachlichen Methode im Genehmigungs- und Planungsverfahren. Im Auftrag des BMWK - Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Oldenburg. 84 S. Link zum Dokument.

NatForWINSENT II – Ergebnisbericht der Voruntersuchungsphase veröffentlicht

An einem Standort im baden-württembergischen Landkreis Göppingen wird neben technischen Fragen der Optimierung von Windenergieanlagen (WEA) in bergig-komplexem Gelände auch Naturschutzbegleitforschung betrieben. Dabei stehen die Entwicklung und die Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verminderung von Kollisionsrisiken im Fokus. Um entsprechende Vorher-Nachher-Vergleiche – mit und ohne Windenergieanlagen – anstellen zu können, wurden Untersuchungen zu Vorkommen und Verhalten von Vögeln, Fledermäusen sowie die Insektenabundanz am Standort des Testfeldes ohne WEA untersucht. Zeitgleich wurden Witterungsparameter erfasst, um diese mit den Flug- und Verhaltensdaten in Beziehung zu setzen und sie bei der Weiterentwicklung von Vermeidungsmaßnahmen, beispielsweise von Antikollisionssystemen berücksichtigen zu können. Zu letzteren forscht aktuell auch das KNE (FuE-Vorhaben: Antikollisionssysteme in der Praxis). Die gesammelten Daten sollen in der Phase II des Projektes mit Daten abgeglichen werden, die im laufenden Betrieb der WEA ermittelt werden. Einzigartig und besonders vorteilhaft ist, dass zusätzlich vier Messmasten im Anlagenumfeld zur Datenerhebung genutzt werden können und, dass durch die Möglichkeit der aktiven Steuerung der Forschungs-WEA auch das Verhalten von Vögeln, Fledermäusen und Insekten bei unterschiedlichen Betriebszuständen – zwischen maximaler Drehzahl und Trudelbetrieb – ananlysiert werden kann. Die Anlagen des Testfeldes sind mittlerweile errichtet, erste Untersuchungen im Trudelbetrieb laufen bereits. Musiol, F., Anger, J., Stark, H., Aschwanden, J., Liechti, F., Lüdtke, B., Hurst, J., Schauer-Weisshahn, H., Hochradel, K., Happ, C., Reers, H., Radford, S., Grimm, J., Lissak, W., Klingseis, T. (2023): FUmsetzung der Naturschutzforschung am Windtestfeld an Land. NatForWINSENT II: Phase 1 – Vorher-Untersuchungen. BfN-Schriften 649|2023. BfN - Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Bonn. 283 S. Link zum Dokument.

Forschungsbericht zur Wirksamkeit von Lenkungsmaßnahmen für den Rot- und Schwarzmilan

Ziel des vom BfN geförderten Vorhabens war es, Kenntnislücken bezüglich der räumlichen und zeitlichen Attraktionswirkung von Bewirtschaftungsereignissen auf Rot- und Schwarzmilane zu schließen und auf Grundlage der Erkenntnisse die Maßnahme der bewirtschaftungsbedingten Abschaltungen von Windenergieanlagen zur Minimierung von Kollisionsrisiken sowie die Lenkungswirkung von Maßnahmenflächen und deren Bewirtschaftung beurteilen zu können. Beides sind Maßnahmen, die mittlerweile nach Anlage 1 BNatSchG als wirksame Schutzmaßnahmen gelten – das Vorhaben war jedoch bereits vor der BNatSchG-Änderung (vgl. KNE-Publikation „Die Vorschriften zur Windenergie an Land im Bundesnaturschutzgesetz 2022“) abgeschlossen. Die Erkenntnisse und Empfehlungen können als Grundlage für fachliche Diskussionen und die Evaluation der rechtlichen Regelungen dienen. Die Untersuchungen erfolgten durch Telemetrierung und Raumnutzungsbeobachtungen der Flugaktivität von Rot- und Schwarzmilanen in zwei Untersuchungsgebieten im agrarisch geprägten Flachland (Sachsen-Anhalt) sowie in einem weiteren Untersuchungsgebiet im Saarland mit kleinstrukturierer Mittelgebirgslandschaft. Bei brütenden Rotmilanen zeigte sich eine starke Horstbindung, beim Schwarzmilan war diese geringer und die Aktionsräume dementsprechend größer. Eine interessante Erkenntnis ist, dass bei beiden Arten große individuelle Unterschiede in der Habitatnutzung bestehen. Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass für Rot- und Schwarzmilane die „Anlage von Mahdflächen (oder anderen Bewirtschaftungsweisen) zur Ablenkung […] nicht ausreichend wirksam und daher als Vermeidungsmaßnahme allein ungeeignet“ sei. Durch die deutlich höhere Präferierung von Maßnahmenflächen zur Nahrungssuche und die erwartbare höhere Nahrungsverfügbarkeit könnten die Maßnahmenflächen jedoch im Rahmen von FCS-Maßnahmen (bzw. nunmehr auch im Rahmen von Artenhilfsprogrammen) eingesetzt werden. Aus den Untersuchungsergebnissen, die prinzipiell eine hohe Anlockwirkung und Aktivität beider Arten während und nach Mahd, Ernte, Folgebewirtschaftung und Bodenbearbeitung belegten, wurden Empfehlungen zur Ausgestaltung bzw. Weiterentwicklung von Bewirtschaftungsabschaltungen abgeleitet. Mammen, U., Böhm, N., Mammen, K., Uhl, R., Arbeiter, S., Nagl, D., Resetaritz, A., Lüttmann, J. (2023): BfN-Schrift „Prüfung der Wirksamkeit von Vermeidungsmaßnahmen zur Reduzierung des Tötungsrisikos von Milanen bei Windkraftanlagen“. BfN-Schriften 669 | 2023. BfN - Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Bonn. 241 S. Link zum Dokument.
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21.09.2023

Aktuelles aus Bund und Ländern

EU-Parlament stimmt für RED III

Das Europäische Parlament sprach sich am 12. September dafür aus, die erneuerbaren Energien in der Europäischen Union voranzubringen. Die Mitgliedstaaten sollten sich bemühen, den Anteil auf 45 Prozent zu steigern. In ihrer letzten Rede zur Lage der Union in dieser Legislaturperiode kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, ein Paket für die Windenergie in Europa vorlegen zu wollen. Das Europäische Parlament sprach sich am 12. September dafür aus, die erneuerbaren Energien in der Europäischen Union voranzubringen. Dank der Aktualisierung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III), auf die sich Parlament und Rat bereits geeinigt hatten, soll der Anteil erneuerbarer Energiequellen am EU-Endenergieverbrauch bis 2030 auf 42,5 Prozent steigen. Die Mitgliedstaaten sollten sich bemühen, den Anteil auf 45 Prozent zu steigern. Durch die Vorschriften werden auch die Verfahren zur Erteilung von Genehmigungen für Solaranlagen oder Windenergieanlagen beschleunigt. Die Behörden der Mitgliedstaaten sollten nicht länger als zwölf Monate für die Genehmigung neuer Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen benötigen, wenn sich diese Anlagen in sogenannten Vorranggebieten für erneuerbare Energiequellen befinden. Außerhalb solcher Gebiete sollte das Verfahren nicht länger als 24 Monate dauern. Die Vorschriften wurden mit 470 zu 120 Stimmen bei 40 Enthaltungen angenommen. Sie müssen nun vom Rat förmlich gebilligt werden, um in Kraft treten zu können (PM Europäisches Parlament 09/2023).

Rede von Kommissionspräsidentin von der Leyen zur Lage der Union 2023

In ihrer letzten Rede zur Lage der Union in dieser Legislaturperiode kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, ein Paket für die Windenergie in Europa vorlegen zu wollen. Dabei soll eng mit der Industrie und den Mitgliedstaaten zusammengearbeitet werden. Genehmigungsverfahren wolle man, so von der Leyen, „noch weiter beschleunigen“. Des Weiteren sollen die Auktionssysteme in der gesamten EU verbessert werden. Man werde sich „auf Kompetenzen, den Zugang zu Finanzmitteln und stabile Lieferketten konzentrieren“, so die Kommissionspräsidentin weiter. Die Zukunft der Clean-Tech-Industrie müsse in Europa liegen (Europäische Kommission 09/2023).
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19.09.2023

Bodenschutz in der Planung von Solarparks

Miller, R., Peter, M., Molder, F. (2023): Bodenschutz bei Standortauswahl, Bau, Betrieb und Rückbau von Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie. Der Ausbau der Solarenergie wird aktuell stark beschleunigt und erfordert eine zusätzliche Inanspruchnahme von Flächen. Die Belange des Bodenschutzes werden im Planungs- und Genehmigungsverfahren sehr unterschiedlich berücksichtigt. Aus diesem Anlass beauftragte die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) die Erstellung einer „Arbeitshilfe Bodenschutz bei Standortauswahl, Bau, Betrieb und Rückbau von Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie“. Mit Hilfe von konkreten Checklisten und Empfehlungen sollen die Nutzung von geeigneten Standorten sowie die Etablierung von Bodenschutzmaßnahmen bei Bau, Betrieb und Rückbau der Photovoltaik-Anlagen befördert werden. Die Autorinnen und Autoren spannen in ihrer Arbeitshilfe den Bogen von den rechtlichen Rahmenbedingungen über die Bewertung der verschiedenen Anlagentypen aus Sicht des Bodenschutzes bis hin zu Hinweisen zur fachgerechten Standortwahl. Dabei greifen sie auf aktuelle Literatur und Beispiele aus der Praxis zurück. Die konkreten Empfehlungen für bodenschutzbezogene Festsetzungen und Hinweise im Bebauungsplan bzw. mögliche Auflagen im Rahmen der Baugenehmigung sind ebenso für die praktische Anwendung in Kommunen geeignet, wie die insgesamt zehn Checklisten für die Berücksichtigung des Schutzguts Boden beim Bau, Betrieb und Rückbau der Photovoltaik-Anlagen. Es wird empfohlen, eine bodenbezogene Rangfolge bei der Standortwahl zu berücksichtigen: vom Menschen deutlich überprägte Böden ohne landwirtschaftliche Nutzung wie versiegelte bzw. teilversiegelte Flächen, Konversionsflächen, Halden, Deponien usw. sollten vorrangig gewählt werden. Als nächste Kategorie folgen Randstreifen an Verkehrsflächen mit hohem anthropogenen Überformungsgrad, sofern sie nicht landwirtschaftlich genutzt werden. Acker- und Grünlandflächen sollten gemieden bzw. sollten nur Böden mit geringem bis mittlerem Erfüllungsgrad der Bodenfunktionen genutzt werden. Auf diese Weise sollen Trinkwasser- und Hochwasserschutz, die Erzeugung von Lebensmitteln oder die Archivfunktion der Böden trotz des Ausbaus der Solarenergie gewährleistet bleiben. Ein konsequenter Bodenschutz sollte generell als Standard etabliert und in der Praxis umgesetzt werden. Quelle: Miller, R., Peter, M., Molder, F. (2023): Bodenschutz bei Standortauswahl, Bau, Betrieb und Rückbau von Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie. Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO), Magdeburg. 107 S. Zur Arbeitshilfe
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18.09.2023

KNE-Podcast: Mit eigenen Augen und Stiefeln im Moor – das KNE auf Tour

Institutionen wie das KNE aber auch Bundesverbände und politische Akteure beschäftigen sich ständig mit den Themen Naturschutz und Energiewende. Es sind aber die regionalen Verbände, Behörden, Gutachter und Bürgervertretungen, die die Herausforderungen täglich erleben Erneuerbare-Energien-Projekte in der Praxis umzusetzen. Sie müssen praktische Lösungen für alle Probleme rund um den Ausbau der erneuerbaren Energien finden. Seit 2021 gehen KNE-Mitarbeitende auf Tour, um sich über Erneuerbare-Energien-Projekte direkt vor Ort zu informieren und, um mit jeweiligen Akteuren über konkrete Projekte zu sprechen und herauszufinden: Was heißt das ganz praktisch, die Energiewende naturverträglich umzusetzen? Welche Probleme gibt es vor Ort? Wie sind die jeweiligen konkreten Positionen? Wie läuft die Zusammenarbeit? Eine Delegation des KNE war auf der jüngsten Tour bei einem Projekt der Wattmanufactur GmbH in Schleswig-Holstein, dem Solarpark Lottorf, in dem Wiedervernässung des ehemals intensiv genutzten Moorbodens und Stromproduktion seit zwei Jahren Hand in Hand gehen. Auch die Besichtigung des naturverträglich gestalteten Solarparks Klein Rheide und eines Wiedervernässungsprojekts der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein standen auf dem Programm. Im Gespräch mit Dr. Torsten Raynal-Ehrke berichtet Tina Bär, Dialoggestalterin im KNE, über den Besuch der Projekte in Schleswig-Holstein und über weitere Touren des KNE sowie über die Erfahrungen und Erkenntnisse aus den „KNE-Touren“. Jetzt auf allen gängigen Podcast-Plattformen.

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13.09.2023

Diskussion und Austausch in der KNE-Konferenz 2023

Anfang des vorigen Jahres hatte die Bundesregierung beschlossen, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, auch durch eine Vereinheitlichung und Standardisierung der artenschutzrechtlichen Prüfungen bei Windenergie-Vorhaben. Die Liste der angestoßenen Veränderungen ist lang: BNatSchG-Novelle, Windenergie-an-Land-Gesetz, Windenergieflächenbedarfsgesetz, die Umsetzung der EU-Notfall-Verordnung, das nationale Artenhilfsprogramm, das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz, das am Horizont befindliche Naturflächenbedarfsgesetz und die Umsetzung der Wiederherstellung-der-Natur-Verordnung der EU. Die Bewertung dieser Änderungen hängt für den Naturschutz maßgeblich davon ab, wie nun Instrumente ausgestaltet werden, die jenseits der Artenschutzprüfung bei der Genehmigung von Windenergieanlagen wirksam werden. Deshalb fragte die KNE-Konferenz „Wie gestalten wir jetzt den Artenschutz?“ am 5. und 6. September in drei Veranstaltungen insbesondere Naturschutzakteure, was getan werden kann bzw. muss, damit die Bilanz des Natur- und Artenschutzes aus ihrer Sicht positiv ausfällt. „Flächen sind die neue Währung“, so fasste Stefan Tidow, Staatssekretär im Bundesumweltweltministerium, zum Auftakt der Konferenz am 5. September den Ausgangspunkt seines politischen Impulsvortrags, prägnant zusammen. Denn sowohl der Ausbau der erneuerbaren Energien als auch die Umsetzung des Artenhilfsprogramm und der Wiederherstellungsverpflichtungen benötigen Flächen zur Umsetzung. Um den Zwillingskrisen Klimawandel und Biodiversitätsverlust gemeinsam begegnen zu können, seien kluge Lösungen gefragt – für den Naturschutz und die Energiewende. Darüber hinaus ging Tidow auf verschiedene neue Regelungen und Instrumente ein, die dafür Sorge tragen sollen, dass sowohl der Ausbau der Erneuerbaren als auch der Natur- und Artenschutz voran gehen. Prof. Dr. Thomas Potthast, Professor für Ethik, Theorie und Geschichte der Biowissenschaften an der Universität Tübingen betonte in seinem Vortrag, dass es weiterhin integrativen Naturschutz auf allen Flächen brauche. Das schließe aber nicht aus, Natur- und Artenschutz auf verschiedenen Flächen differenziert zu betrachten. Wir bräuchten eine Suffizienzpolitik, auch in Fragen des Flächenverbrauchs. Das sei kein Verzicht. Verzicht suggeriere, dass uns etwas zustehe. Es sei durchaus sinnvoll, die Frage zu stellen: Welche Bedürfnisse sind für ein gelingendes sinnvolles Leben in Gemeinschaft mit anderen und der Mitwelt wichtig? Das bedürfe des gemeinsamen Nachdenkens und Begründens, was, und auf welcher stofflichen und energetischen Basis, „wirklich“ benötigt werde. Daraus müssten dann entsprechende Regelwerke abgeleitet werden. Seine Überlegungen flossen in die sich anschließenden Gesprächsrunden ein. Auf dem Podium diskutierten Dr. Elke Bruns (stellvertretende Direktorin im KNE), Oliver Conz (Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz), Matthias Herbert (Leiter der Abteilung Natur und Landschaft in Planung und Projekten, erneuerbare Energien im BfN), Rüdiger Nebelsieck, LL.M. (Mohr Rechtsanwälte) und Prof. Dr. Kai Niebert (Präsident des DNR) über den Umgang mit der Biodiversitätskrise und der Klimakrise sowie über die konkreten Handlungsfelder. So betonte beispielsweise Niebert, dass die beiden Stränge nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften. Vor allem der Naturschutz sei in letzter Zeit in Bedrängnis geraten und müsse nun einen Befreiungsschlag wagen – weg vom Verschlechterungsverbot, hin zu einem Verbesserungsgebot. Einig waren sich die Diskutierenden über die wichtige Rolle, die das Naturflächenbedarfsgesetz für die Sicherung von Flächen für den Naturschutz spielen wird – und damit für die Bilanz des Naturschutzes beim Ausbau der Windenergie insgesamt. Dr. Torsten Raynal-Ehrke betonte zum Abschluss der Auftaktveranstaltung, dass der große Teilnahmezuspruch bestätige, dass es einen großen Bedarf gebe, über die Folgen der neuen rechtlichen Regelungen für den Natur- und Artenschutz zu diskutieren. Zugleich bestätige der konstruktive Verlauf der Veranstaltung, die große Bereitschaft, konstruktiv nach vorne zu schauen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die eine Win-Win-Situation ermöglichen – für den erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Energien und den Natur- und Artenschutz. Darüber hinaus wurden den digital Teilnehmenden verschiedene Fragen gestellt, die auch von den Gästen aufgenommen und erörtert wurden. Die Beantwortung gab einen spannenden Einblick in die Einschätzung der Probleme und Möglichkeiten. So hielten beispielsweise rund 70 Prozent populationsstützende im Vergleich zu individuenbezogenen Maßnahmen für ein geeignetes Mittel, um Artenschutzziele zu erreichen. Gut 80 Prozent sahen die Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Belange bei der Ausweisung der Windenergiegebiete als einen der wichtigsten Hebel, um ein hohes Artenschutzniveau zu sichern und ebenso 80 Prozent hielten ein verpflichtendes Monitoring der Bestandsentwicklung angesichts der eingeschränkten Datenverfügbarkeit in Genehmigungsverfahren für sehr wichtig. Am folgenden Tag wurden in zwei Fachveranstaltungen die Themen „Vernetzte Lebensräume und Eingriffskompensation“ und „Datenverfügbarkeit und Monitoring“ fokussiert. Nach Vorträgen von verschiedene Expertinnen und Experten wurden die Themen mit den Teilnehmenden diskutiert.

Fazit

Die Diskussion zur Eingriffskompensation enthielt leidenschaftliche Plädoyers für ein Kompensationssystem, das es auf Grundlage der bestehenden Flächenagentur- und Ökokontostrukturen schafft, Flächen für die Kompensation schon vor den Eingriffen vorrätig zu halten, und in das Kompensationsverpflichtungen in sinnvolle größere Maßnahmenkonzepte einfließen können. Das Ziel: Gelder für Maßnahmen möglichst wirkungsvoll einsetzen und der Natur schneller zugutekommen lassen. Die Vorschläge reichten von der Ausweisung von Vorrangflächen für die Kompensation bis hin zu Lockerungen des Naturraumbezugs der Maßnahmen. „Wir haben am hessischen Beispiel gesehen, wie die Ausweisung von Maßnahmenräume für Arten gelingen kann, ohne dass sie sich mit bereits bestehenden Pflichten zur Wiederaufwertung doppeln würden“, betonte Dr. Mathis Danelzik, Leiter der KNE-Dialoggestaltung, dazu. Die Diskussion zur Datenverfügbarkeit fokussierte auf die Datengrundlagen, die den Ländern gegenwärtig zur Verfügung stehen, um die Windenergiegebiete auszuweisen. Dabei zeigte sich, dass die Qualität der Bestandsdaten fundierte Planungsentscheidungen in mehreren Ländern erschwert. Deshalb gibt es in mehreren Bundesländern die Bestrebung, die Entscheidungsgrundlage in der gebotenen Eile noch zu verbessern. Die Herausforderungen und Tücken der Zusammenführung unterschiedlicher Daten und die Vielfalt der Datensammler zeigen zudem, dass hier noch ungenutzte Potenziale schlummern, die durch die Rechtsänderungen des letzten Jahres an Bedeutung gewonnen haben.
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12.09.2023

Der KNE-Sommerabend 2023 – herrliches Wetter, gute Gespräche, entspannte Unterhaltung

Auch in diesem Jahr folgten wieder zahlreiche Gäste aus dem Naturschutz, der Energiewirtschaft, der Politik und aus Wissenschaft und Forschung der Einladung zum fünften KNE-Sommerabend und genossen bei herrlichem Wetter und anregenden Gesprächen einen entspannten Abend in wunderbarem Ambiente. Rund 100 Gäste fanden sich am 7. September zum KNE-Sommerabend im geschmackvollen artloft.berlin ein. Den Abend eröffnete KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke. „Das zurückliegende Jahr ist von rasanten Veränderungen in der Stellung des Artenschutzes in der naturverträglichen Energiewende geprägt gewesen. Bemerkenswert ist dabei, das dem Handeln der Bundesregierung zugrunde liegende Bekenntnis, dass es zwei existenzielle ökologische Krisen gibt – die beide gleichzeitig und mit gleicher Intensität bewältigt werden sollen“, betonte Raynal-Ehrke in seiner Rede. Die sich daraus ableitenden Herausforderungen bei den Akteuren der naturverträglichen Energiewende seien groß.

Mit den aktuellen Herausforderungen umgehen

Das KNE verzeichne einen enormen Anstieg sowohl von fachlichen und rechtlichen Anfragen, aber auch Mediationsanfragen. Die Themensetzung und fachliche Ausgestaltung der Publikationen des KNE sei in den vergangen Monaten insbesondere geprägt gewesen von der Beschleunigungsgesetzgebung, den rechtsetzenden Entwicklungen auf der EU-Ebene und insbesondere den Herausforderungen beim Ausbau der Solarenergienutzung. „Hier schiebt sich nach unserer Einschätzung vor Ort eine neue Konfliktlage zusammen. Das KNE hat deshalb seinen PV-Bereich ausgebaut. Ebenso den Bereich der Dialoggestaltung, denn der Bedarf an Austausch- und Dialogprozessen steigt an“, so der Direktor des KNE weiter.

Warum sollen wir die biologische Vielfalt schützen?

So lautete der Titels der Keynote des Gastredners Prof. Dr. Dr. Martin Gorke, Biologe und Umweltethiker mit Lehrstuhl an der Universität Greifswald. „Eines meiner zentralen Anliegen ist es, den Umweltdiskurs zu verwertlichen“. Mit diesen Worten leitete Gorke seine Ausführungen ein, in denen er darauf einging, was eine „Versachlichung“ bzw. „Verwertlichung“ des Diskurses eigentlich bedeuten kann. Dazu stellte er drei Thesen auf. Erstens: In einer sachlichen Auseinandersetzung sollten die zugrunde liegenden Wertannahmen offengelegt werden; zweitens: nicht nur dem Menschen, auch allen anderen Naturwesen und Gesamtsystemen komme ein Eigenwert zu („Schutz um ihrer selbst willen“), und drittens: zur Bewältigung der Klima- und der Biodiversitätskrise sei es unabdingbar, dass der materielle Konsum eines Großteils der Weltbevölkerung zurückgefahren werden müsse. Lesen hier gerne seine Ausführungen zu den Thesen nach: Keynote Prof. Dr. Dr. Martin Gorke

Geschmackvolles Ambiente, kreative Malerei und gute Gespräche

Bei schönem Spätsommerwetter nutzten die Gäste ausgiebig die Gelegenheit zum Austausch und zur Vernetzung. Neben Gesprächen gab es aber auch die Möglichkeit, sich etwas zu „betätigen“. Sei es am Tischkicker oder an der Staffelei. Da das KNE Anfang September umgezogen ist, sollte ein schönes Bild an der Wand nicht fehlen. Die Gäste konnten daher auf einer Staffelei ihrer Kreativität freien Lauf lassen und das als Umriss vorgegebene KNE-Logo nach Lust und Laune ausgestalten. Vielen Dank dafür, das Werk wird einen gebührenden Platz in der Neuen Grünstraße erhalten. Wir bedanken uns bei unseren Gästen für diesen schönen Abend. [gallery link="file" ids="4535,4532,4531,4530,4529,4528,4527,4526,4525,4524,4523,4522,4521,4516,4520,4519,4518,4517,4515,4514,4513,4512,4511,4510,4509,4508,4507,4506,4505,4504,4503,4502,4501,4500,4499,4498,4497,4496,4495,4494,4493,4492,4491,4490,4489,4488,4487,4486,4485,4484,4483,4482"]
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Personen am Tisch im Raum
11.09.2023

17. KNE Beiratssitzung – neue Impulse für die Arbeit des KNE

Am 8. September fand die 17. Sitzung des KNE-Beirats statt. Auf Grundlage des aktuellen Berichts der Geschäftsführung an den Beirat über die Aktivitäten und Planungen des KNE waren die Mitglieder des Gremiums gebeten, dem Kompetenzzentrum Kritik und Anregungen für seine weitere Arbeit zu geben. „Die Beiratssitzung schließt für das KNE die Highlight-Woche des Jahres ab“, so der geschäftsführende Direktor, Dr. Torsten Raynal-Ehrke. Im Zuge der zweitägigen Fachkonferenz „Wie den Artenschutz jetzt gestalten?“ habe man die wichtigsten Fragestellungen der rechtlichen Neugestaltung des Artenschutzes in der Energiewende aufgegriffen. Nun freue man sich auf den Gedankenaustausch und die Diskussion mit dem Beirat. Zum Einstieg in die Debatte gab der Unterabteilungsleiter Nachhaltige Naturnutzung im Bundesumweltministerium (BMUV), Dr. Kilian Delbrück, einen Überblick über die derzeitigen und geplanten Vorhaben des BMUV hinsichtlich der naturverträglichen Energiewende. Dabei ging er unter anderem auf die anstehende Verordnung zur Habitatpotenzialanalyse und das geplante Naturflächenbedarfsgesetz ein, aber auch auf die Überlegungen seines Hauses zur Erarbeitung eines Prüfleitfadens des Bundes für Antikollisionssysteme an Onshore-Windenergieanlagen. Vertiefende Ausführungen erhielt der Beirat zu aktuellen Arbeitsfeldern des KNE. So sprach Dr. Elke Bruns zum Thema Zertifizierung von Vogeldetektionssystemen, Dr. Silke Christiansen zum Potenzial der sog. Trenn-Gesetzgebung für den Artenschutz, und Dr. Julia Wiehe gab einen Überblick über Stand und Herausforderungen schwimmender Photovoltaik. In der Diskussion, die von einer großen Wertschätzung des Beirates für die fachliche Arbeit des KNE geprägt war, empfahl der Beirat, aufgrund missverständlicher Implikationen auf die weitere Verwendung des Begriffes „Trenn-Gesetzgebung“ zu verzichten. Der Beirat unterstützte die Überlegungen zur verstärkten Einbringung des KNE in die Diskussion zur Biodiversitäts-Photovoltaik, in die Erarbeitung eines Bundes-Prüfleitfadens für Antikollisionssysteme und in den Wissenstransfer zu den naturschutzfachlichen Herausforderungen der schwimmenden Photovoltaik. Der Beirat betonte auch, dass das KNE seiner Arbeit einen breiten Naturschutzbegriff zugrunde legen sollte, das heißt, über den Arten- und Habitatschutz hinaus auch den Landschaftsschutz im Blick behalten solle. Hierbei wurde insbesondere auf die neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Umsetzung großer Freiflächen-Solarparks hingewiesen. Die Vertretung des Bundeswirtschaftsministeriums berichtete dem Beirat über die Wahrnehmung ihres Hauses, dass die neuen gesetzlichen Regelungen nach einer anfänglichen Phase der Verunsicherung nun von den Projektieren und Behörden zunehmend erfolgreich angewendet werden.
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Solaranlage und Landwirtschaft,
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06.09.2023

Neue KNE-Publikation: Photovoltaik und Folgenutzung auf Ackerland und Grünland – Teil 2

Der Ausbau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Die Ausbaumenge der Solarenergie soll mittels der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023) weiter deutlich gesteigert werden. Eine Publikation des KNE vom April 2023 beschäftigte sich bereits mit der Folgenutzung von Photovoltaik-Anlagen. In dieser zweiten Publikation zu Folgenutzungsfragen wird insbesondere auf die Regelungen des Naturschutzrechts im Hinblick auf eine mögliche landwirtschaftliche Folgenutzung von PV-Flächen eingegangen. Dem Fokus dieser Publikation liegt folgender Aspekt zugrunde: durch die langjährige Entwicklung einer Fläche unterhalb einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) entsteht mitunter ein neuer und zu schützender Naturhaushalt. Das wirft unter anderem die Frage auf, ob die erneute Anwendung der Eingriffsregelung bei einem Rückbau der PV-Anlage relevant würde. Zur Erörterung dessen wird dazu im Wesentlichen auf das Bundesnaturschutzgesetz eingegangen. Zunächst werden die dortigen Eingriffs-, Privilegierungs- und Kompensationsvorschriften untersucht. Folgend werden besondere Vorschriften innerhalb von Schutzgebieten, der Vertragsnaturschutz sowie Sonderregelungen für europäische Schutzgebiete skizziert. Der dritte Abschnitt handelt von dem Artenschutzrecht und einer möglichen naturschutzrechtlichen Befreiung für eine landwirtschaftliche Folgenutzung. Abschließend werden eine Zusammenfassung und eine Einschätzung der Thematik gegeben. KNE-Publikation (4. April 2023): Photovoltaik und Folgenutzung auf Ackerland und Grünland In der ersten KNE-Publikation zur Folgenutzung von für Photovoltaik-Anlagen genutzten Flächen, wurden folgende Aspekte dargestellt: ausgehend vom Bauplanungsrecht, über die unterschiedlichen Definitionen von Grünland, Dauergrünland und Ackerland lag der Fokus insbesondere auf dem europäischen und nationalen Agrarbeihilferecht. Für nähere Informationen zu diesen Themen sowie für eine generelle Einführung in die Folgenutzungs-Problematik, ist die erste Publikation aufschlussreich. Zur Publikation „Photovoltaik und Folgenutzung auf Ackerland und Grünland

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