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Rotmilan im Flug - Foto: Manfred Stöber/adobestock.com
© Manfred Stöber-adobestock.com
30.04.2021

Mit Dichtezentren Artenschutz und Windenergieausbau voranbringen?

Fachgespräch zeigt unterschiedliche Wege der Bundesländer auf und plädiert für einheitlichere Kriterien.

Mit Hilfe von Dichtezentren für windenergiesensible Arten sollen artenschutzrechtliche Konflikte bereits auf der Ebene der Planung vermindert werden. Welche Ansätze die Länder entwickelt haben, um einerseits einen wirksamen Artenschutz und andererseits den Ausbau der Windenergie an Land zu ermöglichen, war Gegenstand eines digitalen Fachgesprächs am 29. April 2021 mit rund 150 Teilnehmenden. „Die Ausweisung von Vorranggebieten für die Windenergie ist ein entscheidender Hebel, um den Ausbau der Windenergie voranzutreiben”, betonte Dr. Elke Bruns, Abteilungsleiterin im Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE). Durch Dichtezentren als Teil eines raumbezogenen Steuerungsansatzes sei es möglich, artenschutzrechtliche Konflikte frühzeitig zu vermeiden und Windenergieprojekte auf verträgliche Standorte zu lenken. Das Konzept der Dichtezentren sieht vor, über ausgewiesene Schutzgebiete hinaus Bereiche zu identifizieren, die eine hohe Siedlungsdichte reviertreuer Arten aufweisen. Darüber hinaus sollen diese Gebiete in einigen Bundesländern die Funktion einer (Quell-) Population erfüllen: Durch Reproduktionsüberschüsse in den Dichtezentren sollen Individuenverluste an anderer Stelle ausgeglichen werden. Im Gegenzug sollen Windenergieanlagen dann in den dafür ausgewiesenen Gebieten realisiert werden können. Eine Reihe von Bundesländern hat die Dichtezentrenausweisung bereits in ihre jeweiligen Leitfäden und Erlasse aufgenommen. Welche Ansätze es in den Ländern gibt, zeigt ein Gutachten des Planungsbüros Bosch & Partner im Auftrag des KNE. Dichtezentren werden derzeit zumeist für den Rotmilan, in einigen Ländern aber auch für weitere windenergiesensible Vogelarten ausgewiesen. Das können Gebiete mit hoher Individuendichte, aber auch seltene Einzelvorkommen sein.  In Hessen wurden auch Schwerpunktvorkommen  für Fledermäuse abgegrenzt. Bei der Ermittlung von Dichtezentren werden unterschiedliche Kriterien und Methoden angewendet: In manchen Ländern ist im Wesentlichen die Brutpaardichte pro Flächeneinheit ausschlaggebend, in anderen wird auch die Habitatausstattung in die Abgrenzung einbezogen. So entstehen in den Ländern Dichtezentren mit unterschiedlichem räumlichen Umgriff. Im Fachgespräch wurden einzelne Länderkonzepte und deren Besonderheiten vorgestellt und eine Reihe fachlicher und methodischer Fragen diskutiert:  Anhand welcher Kriterien grenzt man solche Gebiete sinnvoll ab, und wie weist man nach, dass sie die gewünschte Funktion als Quell-Population auch erfüllen? Wovon hängt es ab, ob für alle windenergiesensiblen Arten Dichtezentren ermittelt werden oder nur für ausgewählte? Reichen die vorliegenden Brutvogelkartierungen aus, und in welchen zeitlichen Abständen sind Fortschreibungen erforderlich? Elke Bruns betonte, dass die Ausweisung von Dichtezentren auf soliden fachlichen Füßen stehen sollte, zumal sie Auswirkungen auf die Nutzbarkeit des Raumes und – in einigen Ländern – auch auf die Zulässigkeit von Windenergieanlagen haben. Idealerweise sollte man länderübergreifend im Zuge von Fortschreibungen zu einheitlicheren Vorgehensweisen und Konzepten kommen. NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann präsentierte eine Studie, die aufzeigt, wie auf der Grundlage einer Brutvogelkartierung und unter Berücksichtigung von Abstandsradien bundesweit Dichtezentren abgegrenzt werden könnten. Demnach stünde mit den auf Basis dieser Methode ermittelten Dichtezentren mindestens zwei Prozent (und damit noch ausreichend) Fläche für die Windenergienutzung zur Verfügung. Voraussetzung sei allerdings, dass die Windenergieanlagen auf den Flächen außerhalb der Dichtezentren entweder im Rahmen der Regelgenehmigung (Signifikanzprüfung) oder durch die Erteilung von Ausnahmen genehmigt werden würden. Ob diese Voraussetzung erfüllt werden kann, ist gegenwärtig jedoch nicht absehbar.

Hintergrund

Das KNE möchte angesichts des Potenzials von Dichtezentren für eine artenschutzkonforme Steuerung des anstehenden massiven Windenergieausbaus auf das Erfordernis hinweisen, bald einen Konsens über die fachwissenschaftliche Belastbarkeit des Konzeptes zu erzielen und verstärkt einheitliche Anforderungen für Methodik und Praxis der Dichtezentren zu entwickeln. Weiterführende Informationen
  • Gutachten „Dichtezentrenkonzepte – Fachliche Herleitung sowie Umsetzung in den Ländern“.
  • Themenseite des KNEs zu Dichtezentren, u. a. mit Rückblick auf ein weiteres Fachgespräch Dichtezentren vom 11.12.2020 mit rechtlichem Fokus.
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28.04.2021

PV-Ausbau auf Dächern vorantreiben – für eine naturverträgliche Energiewende

Dach-Photovoltaik (PV) ist mit besonders wenigen Eingriffen in die Natur verbunden und reduziert den Flächenverbrauch. Doch ein Großteil des Potenzials auf Deutschlands Dächern ist nach wie vor ungenutzt. Dabei gibt es zahlreiche Vorschläge, was der Gesetzgeber tun könnte, um Hürden zu beseitigen, die Nutzung von Dach-PV zu erleichtern und somit Naturschutz und Energiewende voranzubringen. Das Potenzial von Photovoltaik-Dachanlagen in Deutschland ist groß. Laut einer Studie von EuPD Research[1] sind 89 Prozent der für Solarenergie möglichen Dachflächen von Ein- und Zweifamilienhäusern noch ungenutzt. Eine Studie des Stromversorgers EWS Schönau[2] sieht bis 2030 ein „technisch-praktisches Potenzial von 140 Gigawatt“ einer installierten Leistung für Dachanlagen mit einer Leistung kleiner als 100 Kilowatt. Zum Vergleich: Aktuell beträgt die installierte Leistung in Deutschland 54 Gigawatt. Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und das Fraunhofer ISE beziffern das theoretische Potenzial für Photovoltaik an Fassaden auf 12.000 Quadratkilometer.[3] Dieses Potenzial auf Dächern und an Fassaden sollte aus Naturschutzsicht möglichst schnell für die Installation von PV-Anlagen genutzt werden. 2020 wurde ein Gigawatt mehr PV-Anlagen (Dach- und Freiflächenanlagen) als 2019 installiert (4,9 Gigawatt gegenüber 3,9 Gigawatt). Davon machten Anlagen mit einer Leistung kleiner als 10 Kilowatt 1,1 Gigawatt aus. Für 2021 erwartet das Beratungsunternehmen EuPD Research eine geförderte installierte Leistung von sechs Gigawatt. Damit wird das Potenzial von Photovoltaikanlagen bei weitem nicht ausgeschöpft. Umweltverbände in Deutschland fordern einen jährlichen PV-Zubau von 10 Gigawatt.[4]

Warum wird das Potenzial nicht ausgeschöpft?

In einer Hemmnisanalyse[5] der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW, Stand Januar 2020) werden 56 Hemmnisse aufgeführt, die den weiteren Ausbau der Photovoltaik behindern. Die aufgeführten Hürden betreffen unterschiedliche Rechtsbereiche vom Energie-, über das Gewerbe- bis zum Baurecht. Einige Hürden sind mit dem zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021) beseitigt worden. Viele sind bestehen geblieben, und einige sind neu hinzugekommen. So setzt zum Beispiel die EEG-Umlagepflicht auf den Eigenverbrauch für Dachanlagen statt bei 10 Kilowatt nun erst bei 30 Kilowatt installierter Leistung ein, was zu einem verstärkten Zubau führen wird. Vorher führten Fehlanreize des EEG 2017 häufig noch zu einer schlechten Dachausnutzung und Anlagen mit einer Leistung von unter 10 Kilowatt installierter Leistung. Auf der anderen Seite werden die Vergütungen für die Dachanlagen auch 2021 aufgrund des aktuell geltenden Degressionsmechanismus weiterhin deutlich sinken (2020 insgesamt minus 21 Prozent), was im Laufe des Jahres die Wirtschaftlichkeit in Frage stellen könnte. Für große Dach-PV-Anlagen (300-750 Kilowatt) gibt es weitere Erschwernisse. Zusätzlich zur sinkenden Vergütung müssen sich die Anlagenbetreiber zwischen zwei Vergütungsmodellen entscheiden. Entweder nehmen sie an einer Ausschreibung mit geringen Ausschreibungsmengen teil, was absehbar zu geringen Marktprämien führen wird. Oder sie verbrauchen 50 Prozent des produzierten Stroms selbst und erhalten für die anderen 50 Prozent keine Marktprämie. Die HTW Berlin hat errechnet, dass das zweite Modell bei geringem Eigenverbrauch die Anlagen unwirtschaftlich macht. Positiv an der kürzlich getroffenen Einigung der Großen Koalition zum EEG ist die geplante Gewerbesteuerfreiheit von Wohnungsunternehmen, wenn die Einnahmen aus erneuerbaren Energien weniger als zehn Prozent der Mieteinnahmen ausmachen.

Was könnte getan werden?

Aus Sicht des KNE sollte der Gesetzgeber im Rahmen der nächsten größeren Novelle des EEG folgende Möglichkeiten nutzen, um den Ausbau von PV-Dachanlagen zu beschleunigen:
  • Einführung einer bundesweiten Pflicht zur Installation und zum Betrieb neuer Photovoltaikanlagen bei Neubauten und Dachsanierung von Wohn- und Nicht-Wohngebäuden:
  • Das Umweltbundesamt hat hierzu einen Vorschlag erarbeitet.[6] In Kombination mit einem Verpachtungskataster kann dabei sichergestellt werden, dass Eigentümer mit unrentablen Dachflächen diese Pflicht nicht erfüllen müssen.
  • Die bereits vorhandenen Solarpflichten (in Baden-Württemberg und Hamburg sowie die derzeit erarbeiteten Regelungen in Bayern, Berlin, Bremen und Schleswig-Holstein) stützen diesen Vorschlag bzw. werden durch eine bundesweite Einführung erweitert.
  • Für Bestandsbauten könnte mit einer angemessenen Übergangsfrist mittelfristig eine gleichlautende Pflicht eingeführt werden.
  • Der Quartiersansatz beim Mieterstrom nach dem nicht nur die Mieter vom Dach ihres Hauses den Strom beziehen können, sondern auch Mieter in anderen Häusern im Quartier, sollte ausformuliert werden, damit entsprechende Konzepte umgesetzt werden können. Entsprechend der HTW-Hemmnisanalyse sollten die erforderlichen Änderungen im Gewerbe-, Bau- und Planungsrecht sowie in anderen Rechtsgebieten geprüft und umgesetzt werden. Ziel muss es sein, die Flächeninanspruchnahme zu minimieren. Ein zusätzlicher positiver Effekt für den Naturschutz ließe sich durch die Kombination mit einer Dachbegrünung erreichen. Zum einen würde zusätzlicher Lebensraum für eine Vielzahl an Arten geschaffen. Zum anderen würde im Sommer der Wirkungsgrad der Photovoltaikanlagen steigen, da sich ein begrüntes Dach deutlich weniger aufheizt als ein unbegrüntes.[7] Das Land Nordrhein-Westfalen hat zum Beispiel ein Solarkataster[8] und ein Gründachkataster eingerichtet, wo Gebäudebesitzern sich über die Tauglichkeit ihrer Dächer für eine Solaranlage und eine Dachbegrünung informieren können.[9] Die Verbraucherzentrale NRW informiert parallel über die Möglichkeiten und die konkrete Umsetzung der Dachbegrünung.[10]

Fazit

Angesichts der anspruchsvollen Ausbauziele für erneuerbare Energien und der intensiven Flächennutzung in Deutschland sollten bestehende Hemmnisse für den weiteren Ausbau der besonders naturverträglichen Dach-Photovoltaik zügig beseitigt werden – das läge auch im Interesse des Natur- und Landschaftsschutzes. [1] 89 Prozent des Solarpotenzials noch ungenutzt - EuPD Research (eupd-research.com). [2] Chancen einer Verdreifachung des PV-Kleinanlagenanteils am Strommix bis 2030, Energy Brainpool im Auftrag von EWS Schönau, Oktober 2020. [3] Pressemitteilung IÖR Strom von der Hauswand – Gebäudefassaden bieten großes Potenzial für die Gewinnung von Solarenergie, 20.01.2021. [4] Offener Brief vom 12.02.2021 an Bundeswirtschaftsminister Altmaier von DNR, BUND, DUH, Germanwatch, Greenpeace, Klimaallianz, NABU, WWF. [5] Hemmnisse und Hürden für die Photovoltaik (Stand Januar 2020), HTW Berlin. [6] Photovoltaik-Pflicht mit Verpachtungskataster: Optionen zur Gestaltung einer bundesweiten Pflicht zur Installation und zum Betrieb neuer Photovoltaikanlagen, CLIMATE CHANGE 34/2020, Umweltbundesamt. [7] Auf einem Dach: Begrünung und Photovoltaik, Bund Naturschutz in Bayern, abgerufen 16.04.2021. [8] www.solarkataster.nrw.de [9] https://www.klimaanpassung-karte.nrw.de/?feld=gruendach [10] https://www.mehrgruenamhaus.de/
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Illustration Lupe auf gruenem Grund.
26.04.2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 04/21

Aktuelles aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE regelmäßig Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. 

Niedersachsen

Der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen-Bremen e. V. (LEE) hat die von der Nefino GmbH erstellte Studie „Analyse der Flächenpotenziale für Windenergieanlagen in Niedersachsen“ an den Energie- und Klimaschutzminister Olaf Lies (SPD) übergeben (PI 040/2021). In der Studie wird landkreisscharf abgebildet, in welchen Regionen des Landes Offenlandpotenziale bestehen und wo Potenziale für die Errichtung von Windenergieanlagen in Wäldern erschlossen werden könnten. Die Studie schlägt vor, durch die Neuaufstellung des Landesraumordnungsprogramms eine behutsame Öffnung der Wälder für die Windenergie zu ermöglichen. Einen immensen Einfluss auf das Flächenpotenzial hätten laut Studie die Pufferabstände zu Wohnbebauungen. Pro 100 Meter zusätzlichem Pufferabstand zu Wohnbebauung im Innenbereich entstünden zirka 12 Prozent Potenzialverluste. Minister Lies betonte daher, dass starre, pauschale Abstände bei Neubau oder Repowering von Windenergie-Anlagen das Potenzial künstlich verkleinere. Die Ergebnisse des Runden Tisches zur Zukunft der Windenergie sollen die Leitplanken bilden für eine Neujustierung unterschiedlicher Schutzgüter in naher Zukunft.

Rheinland-Pfalz

Die amtierende rheinland-pfälzische Umweltministerin Spiegel hat sich für eine effiziente und naturverträgliche Nutzung von Windenergie im Wald ausgesprochen (PM, 25.03.2021). Durch den erneuerbaren Strom einer Windenergieanlage könnten im Vergleich zur gleichen Menge Braunkohlestrom jährlich rund 4.500 Tonnen Kohlenstoffdioxid vermieden werden. Dabei seien die Emissionen für den Bau der Anlage bereits berücksichtigt. Zum Vergleich belaufe sich der Klimaschutzbeitrag von einem Hektar Wald in Rheinland-Pfalz auf rund 10,4 Tonnen CO2. Dementsprechend könnten alle Windenergieanlagen in den rheinland-pfälzischen Wäldern – insgesamt 467 – so viel CO2 einsparen wie eine Fläche von etwa 200.000 Hektar Wald. Mit 840.000 Hektar sind 42 Prozent der gesamten Landesfläche in Rheinland-Pfalz Waldgebiet. Jedes vierte Windrad beziehungsweise 33 Prozent der in Rheinland-Pfalz installierten Gesamtleistung drehte sich Ende 2020 im Forst. Dass sich der Ausbau von Windenergie im Wald rentiert, zeigt der Rhein-Hunsrück-Kreis, der als erster Landkreis in Deutschland bilanziell CO2-neutral wurde. Zuvor eine der strukturschwächsten Regionen, haben die dortigen Gemeinden mittlerweile die landesweit geringste kommunale Verschuldung.

Hessen

In seiner Antwort (Drucksache 20/3269) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Tobias Eckert (SPD) hat der hessische Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, Tarek Al-Wazir, die für Infrastrukturvorhaben geltenden formellen und materiellen Anforderungen an die sog. Fachplanung zusammengefasst dargestellt, unterteilt in die formellen (Verfahrensregelungen) und die materiellen Anforderungen (inhaltliche Übereinstimmung mit dem geltenden Recht). Des Weiteren werden in der Antwort die rechtlichen Kompetenzen des Landes bei der Planung und Genehmigung dargelegt. Zudem wird dargestellt, welche organisatorischen Vorgaben, die allein im Entscheidungsrecht des Landes liegen, in den letzten zehn Jahren mit der Zielrichtung der Beschleunigung des Planungsverfahrens verändert wurden. Die Antwort bringt Licht in das feine Gestrüpp bundes- und landesrechtlicher Regelungen. Die Ausführungen beziehen sich auf alle fachplanerischen Infrastrukturvorhaben.

Baden-Württemberg

Auf dem Deponieforum 2021 am 18. März zum Thema „Deponie im Wandel“ hat das Umweltministerium des Landes Baden-Württemberg mit Fachleuten aus der Abfall- und Entsorgungswirtschaft diskutiert. Der Amtschef des Ministeriums Ministerialdirektor Helmfried Meinel stellte dabei heraus, dass sich stillgelegte Deponieflächen „hervorragend als Standort für Photovoltaik-Anlagen“ eignen, eine solche Nachnutzung würde die Freiflächen-Photovoltaik in Baden-Württemberg einen wichtigen Schritt voranbringen. Unter Federführung der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) wird aktuell das Potenzial verschiedener Deponiestandorte für Photovoltaik ermittelt. Mit der ‚intelligenten Nutzung von Brachflächen‘ könnte ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende geleistet werden. Für die Entscheidung zur Nutzung ehemaliger Deponien müssen insbesondere die Standorteignung, die potenzielle Wirtschaftlichkeit, die Einbindung in das Landschaftsbild und der ökologische Ausgleich geklärt werden (LUBW Karte des Monats: Nutzung von ehemaligen Deponien für die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen).
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Solarpark mit Wiese und Schaf
© sergiymolchenko - stock.adobe.com
22.04.2021

Neue Auswahlbibliografie „Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Naturschutz“

In der neuen Auswahlbibliografie „Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Naturschutz“ werden die Umweltauswirkungen von Solarparks sowie Kriterien für eine naturverträglichere Standortwahl und Ausgestaltung thematisiert. Des Weiteren werden raumordnerische und planungsrechtliche Rahmenbedingungen sowie Aspekte des Flächenbedarfes aufgegriffen. Aufgrund neuer Veröffentlichungen wurde diese Auswahlbibliografie kürzlich aktualisiert. Neue Dokumente sind beispielsweise verschiedene Handlungsempfehlungen oder Planungshilfen aus Brandenburg, eine Potentialanalyse aus Niedersachen oder das Positionspapier des bayerischen CARMEN e. V. zu Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Agri-Photovoltaikanlagen. Die Auswahlbibliografien des KNE bieten einen Überblick über einschlägige Veröffentlichungen zu bestimmten Teilaspekten der naturverträglichen Energiewende. Sie fassen die neuesten Forschungsergebnisse, Handlungsleitfäden und Positionspapiere zusammen. Die Auswahlbibliografien sollen sowohl den Einstieg in ein Thema ermöglichen, als auch den aktiven Akteuren den Zugang zu verlässlichen Quellen erleichtern. Gern können Sie sich mit Ergänzungsvorschlägen oder Anregungen an uns wenden.
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Illustration Gluehbirne auf gelbem Grund
22.04.2021

Berechnungen zufolge enormes Solarenergie-Potenzial in Niedersachsen

KNE-Lesetipp

Titel: Badelt, O., Niepelt, R., Wiehe, J., Matthies, S., Gewohn, T., Stratmann, M., Brendel, R., von Haaren, C. (2020): Integration von Solarenergie in die niedersächsische Energielandschaft (INSIDE). Laut Berechnungen der Leibniz Universität Hannover und des Instituts für Solarenergieforschung GmbH Hameln/Emmerthal (ISFH) soll es in Niedersachsen ein naturverträgliches Solarenergie-Potenzial von etwa 1300 Terrawattstunden pro Jahr geben. Das wäre enorm! Zum Vergleich: 2020 betrug der Gesamtenergiebedarf in Deutschland ungefähr das Doppelte (Umweltbundesamt 2021, online). Die Berechnung stammt aus der im November 2020 veröffentlichten Studie zur Integration der Solarenergie in die niedersächsische Energielandschaft. Aber wie kommen die Autorinnen und Autoren auf solch ein hohes Potenzial und ist dieses realistisch? Zunächst wurden auf der Basis der Empfindlichkeit beziehungsweise Wertigkeit der verschiedenen Naturschutzgüter (wie Flora, Fauna, Boden, Landschaftsbild usw.) sowie der potenziellen Belastung durch eine Solaranlage vier Raumwiderstandsklassen definiert. Zwölf Prozent der Landesfläche könnten laut den Autorinnen und Autoren der geringsten Raumwiderstandsklasse zugeordnet werden. Auf diesen Flächen bestünde ein Potenzial von 614 Terrawattstunden. Durch die Anpassung der Technologie könnten weitere Gebiete mit einem mittleren Raumwiderstand für die Solarenergie erschlossen werden, und landwirtschaftliche Flächen könnten mit Agri-PV nutzbar gemacht werden. Somit ergäbe sich ein zusätzliches Potenzial von 400 bis 800 Terrawattstunden. Hinzu kämen noch die Potenziale auf den Dächern (in etwa 80 Terrawattstunden) und auf Gewässern (in etwa 32 Terrawattstunden). Gebietskategorien, die als naturverträglich eingestuft wurden, sind beispielsweise ertragsschwache Ackerflächen, intensiv bewirtschaftete Grünländer, Flächen mit einer geringen landschaftsästhetischen Qualität oder Wasserschutzgebiets-Zonen III A und B. Diese hohen Ausbaupotenziale wecken natürlich bei vielen Akteuren der Energiewende große Hoffnungen. Für den tatsächlichen Ausbau wird aber die Bereitschaft der Eigentümer entscheidend sein, die Fläche für die Nutzung auch tatsächlich freizugeben. Dafür sind die Eigentumsverhältnisse sowie die wirtschaftliche Rentabilität der Vornutzung ausschlaggebend. Zudem sind die Folgen der Inanspruchnahme großer Teile der ertragsschwachen Ackerflächen und intensiv bewirtschafteten Grünländer, wie in der Studie einkalkuliert, im Hinblick auf die Naturverträglichkeit zu überprüfen. Neben dem naturverträglichen Ausbaupotenzial beleuchtet die Studie auch noch die Auswirkungen der Freiflächensolaranlagen auf die Ackerland-Pachtpreise sowie die Steuerungsmöglichkeiten auf regionaler und kommunaler Ebene. In diesem Zusammenhang appellieren die Autorinnen und Autoren an die Planungsträgerinnen und -träger, proaktiver zu agieren und Flächen gezielt auszuweisen, ein ökologisches Gesamtkonzept zu erarbeiten und Anreize für eine effiziente Flächennutzung und eine naturverträgliche Gestaltung zu schaffen. Quelle: Badelt, O., Niepelt, R., Wiehe, J., Matthies, S., Gewohn, T., Stratmann, M., Brendel, R., Haaren, C. Von (2020): Integration von Solarenergie in die niedersächsische Energielandschaft (INSIDE). Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Hannover. 129 S.
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Ausschnitt Titelblatt der Publikation zur Visualisierung von Windenergieanlagen
13.04.2021

Wie geplante Windenergieanlagen realitätsgetreu visualisieren? Neuer Leitfaden gibt Empfehlungen

Gemeinsame Pressemitteilung der Fachagentur Windenergie an Land e. V., der Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern GmbH sowie des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende gGmbH. Bei der Planung von Windenergieanlagen spielen optische Auswirkungen eine zentrale Rolle. Sachgerechte Visualisierungen sind ein wichtiges Instrument, um im Genehmigungsverfahren mögliche Beeinträchtigungen von Anwohnenden, der Landschaft oder von Denkmälern möglichst objektiv einzuschätzen. In einem einjährigen Prozess mit Expertinnen und Experten haben die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind), die Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern (LEKA MV) sowie das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) nun einen praxisorientierten Leitfaden erarbeitet, um eine verlässlichere Handhabung und Prüfung von 2-D-Visualisierungen von Windenergieanlagen zu ermöglichen. „Die Qualität solcher Visualisierungen brennt vielen Akteuren der umwelt- und naturverträglichen Energiewende unter den Nägeln. Die erarbeiteten Empfehlungen können perspektivisch die Rechtssicherheit erhöhen und den Ausbau beschleunigen. Wir merken zunehmend, dass Visualisierungen auch im Rahmen der Regionalplanung, insbesondere bei der Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie an Land, eine wichtige Rolle spielen“, erklärt Dr. Antje Wagenknecht, Geschäftsführerin der FA Wind. Gunnar Wobig, Geschäftsführer der LEKA MV, betont weiter: „Eine glaubwürdige und transparente Planung von Windenergieanlagen ist der Schlüssel zu deren Akzeptanz. Bei Visualisierungen darf daher weder beschönigt noch dramatisiert werden. Mit dem gemeinsamen Leitfaden liegt erstmals eine Anleitung zur fachgerechten Erstellung fotobasierter Visualisierungen im Rahmen von Windenergieplanungen vor.“ KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke ergänzt: „Neue Windenergieanlagen dürfen nicht erst mit ihrem Baubeginn vor das Auge der Anwohnenden treten. Gute Praxis zeichnet sich durch frühzeitige Beteiligung aus. Realitätsnahe Visualisierungen helfen, Debatten und Entscheidungen zu versachlichen. Allerdings fehlte es bislang noch an klaren Maßstäben, sodass Visualisierungen oft selbst Gegenstand von Konflikt und Verzögerung wurden. Dieser Mangel ist nun behoben.“

Hintergrund

Der Leitfaden „Gute fachliche Praxis für die Visualisierung von Windenergieanlagen“ beschreibt Anforderungen an eine fotobasierte 2-D-Visualisierung hinsichtlich Methodik und Darstellung sowie spezielle Erfordernisse je nach Fachbereich und Aufgabenstellung. Zusätzlich enthält er hilfreiche Informationen hinsichtlich Auswahl, Festlegung, Anfertigung und Darstellung von Betrachtungspunkten. Die gute fachliche Praxis wurde von der Ramboll Deutschland GmbH im Auftrag der FA Wind, der LEKA MV sowie des KNE erarbeitet und mit Hilfe von Expertinnen und Experten aus Fachbehörden des Denkmalschutzes, von Fachgutachtern, Visualisierungsexperten sowie Praktikerinnen und Praktikern der Windenergiebranche in drei umfangreichen Workshops überarbeitet und verbessert.

Herausgeber:

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01.04.2021

Wie geplante Windenergieanlagen realitätsgetreu visualisieren? Neuer Leitfaden gibt Empfehlungen

Gemeinsame Pressemitteilung der Fachagentur Windenergie an Land e. V., der Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern GmbH sowie des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende gGmbH. Bei der Planung von Windenergieanlagen spielen optische Auswirkungen eine zentrale Rolle. Sachgerechte Visualisierungen sind ein wichtiges Instrument, um im Genehmigungsverfahren mögliche Beeinträchtigungen von Anwohnenden, der Landschaft oder von Denkmälern möglichst objektiv einzuschätzen. In einem einjährigen Prozess mit Expertinnen und Experten haben die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind), die Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern (LEKA MV) sowie das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) nun einen praxisorientierten Leitfaden erarbeitet, um eine verlässlichere Handhabung und Prüfung von 2-D-Visualisierungen von Windenergieanlagen zu ermöglichen. „Die Qualität solcher Visualisierungen brennt vielen Akteuren der umwelt- und naturverträglichen Energiewende unter den Nägeln. Die erarbeiteten Empfehlungen können perspektivisch die Rechtssicherheit erhöhen und den Ausbau beschleunigen. Wir merken zunehmend, dass Visualisierungen auch im Rahmen der Regionalplanung, insbesondere bei der Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie an Land, eine wichtige Rolle spielen“, erklärt Dr. Antje Wagenknecht, Geschäftsführerin der FA Wind. Gunnar Wobig, Geschäftsführer der LEKA MV, betont weiter: „Eine glaubwürdige und transparente Planung von Windenergieanlagen ist der Schlüssel zu deren Akzeptanz. Bei Visualisierungen darf daher weder beschönigt noch dramatisiert werden. Mit dem gemeinsamen Leitfaden liegt erstmals eine Anleitung zur fachgerechten Erstellung fotobasierter Visualisierungen im Rahmen von Windenergieplanungen vor.“ KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke ergänzt: „Neue Windenergieanlagen dürfen nicht erst mit ihrem Baubeginn vor das Auge der Anwohnenden treten. Gute Praxis zeichnet sich durch frühzeitige Beteiligung aus. Realitätsnahe Visualisierungen helfen, Debatten und Entscheidungen zu versachlichen. Allerdings fehlte es bislang noch an klaren Maßstäben, sodass Visualisierungen oft selbst Gegenstand von Konflikt und Verzögerung wurden. Dieser Mangel ist nun behoben.“
  • Das Wichtigste in Kürze und Download der Publikation.

Hintergrund

Der Leitfaden „Gute fachliche Praxis für die Visualisierung von Windenergieanlagen“ beschreibt Anforderungen an eine fotobasierte 2-D-Visualisierung hinsichtlich Methodik und Darstellung sowie spezielle Erfordernisse je nach Fachbereich und Aufgabenstellung. Zusätzlich enthält er hilfreiche Informationen hinsichtlich Auswahl, Festlegung, Anfertigung und Darstellung von Betrachtungspunkten. Die gute fachliche Praxis wurde von der Ramboll Deutschland GmbH im Auftrag der FA Wind, der LEKA MV sowie des KNE erarbeitet und mit Hilfe von Expertinnen und Experten aus Fachbehörden des Denkmalschutzes, von Fachgutachtern, Visualisierungsexperten sowie Praktikerinnen und Praktikern der Windenergiebranche in drei umfangreichen Workshops überarbeitet und verbessert.

Kontakte

Ines Schernus Referentin Öffentlichkeitsarbeit Fachagentur Windenergie an Land e. V. Schernus@fa-wind.de T.: 030 644946070 Sandra Borchert Pressesprecherin Landesenergie- und Klimaschutzagentur MV GmbH sandra.borchert@leka-mv.de  T.: 03831 457038 Anke Ortmann Leiterin Presse und Öffentlichkeitsarbeit Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende anke.ortmann@naturschutz-energiewende.de
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Deutschland, Niedersachsen, Krummhörn, Windenergieanlage.Weißwangengans (Branta leucopsis), auch als Nonnengans bezeichnet.
30.03.2021

Das KNE informiert zu Maßnahmen zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen

Das KNE war zur (Online-)Frühjahrstagung der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) am 24. März eingeladen, um über Antikollisionssysteme sowie über die Wirksamkeit von schwarzen Rotorblättern als Maßnahme zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen zu informieren. 

Anitkollisionssysteme - Empfehlungen, Herausforderungen und Erpobung

Dr. Elke Bruns berichtete über die vorläufigen Ergebnisse des vom BfN geförderten FuE-Vorhabens "Anforderungen an technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen". Im Rahmen einer Workshopreihe und weiteren Experteninputs seien Empfehlungen für Mindestanforderungen bezüglich der Erfassungsrate, der Erkennungsrate, der Reichweite und der Abdeckung formuliert worden, die sicherstellen sollen, dass Antikollisionssysteme (AKS) eine ausreichende Vermeidungswirksamkeit erlangen können. Eine Checkliste soll die Behörden im Anwendungsfall bei der Entscheidung unterstützen, ob AKS am fraglichen Standort bzw. für den fraglichen Einsatzbereich überhaupt in Frage kommen. Im Zuge der Fortschreibung der artenschutzrechtlichen Leitfäden zum Ausbau der Windenergie wäre zu beurteilen, unter welchen Voraussetzungen derartige Systeme in den Ländern zum Einsatz kommen können. Bruns betonte darüber hinaus, dass die kameragestützte Detektion an ihre Grenzen käme, wenn mehrere Rotmilanpaare von einem Vorhaben betroffen wären, da die Systeme nicht mehrere Vögel gleichzeitig erfassen und verfolgen könnten. Dies setze dem Einsatz in Dichtzentren Grenzen. Ebenso sei der Einsatz an Standorten mit geringer Einsehbarkeit fraglich. Zudem sei noch zu klären, ob und wie bereits erzielte Erprobungsergebnisse im konkreten Anwendungsfall verifiziert werden könnten. Julia Streiffeler stellte anschließend vor, für welche Antikollisionssysteme (Kamera, Radar) bereits Erprobungen durchgeführt worden sind und welche Ergebnisse dabei erzielt wurden. Sie fasste zusammen, dass die Ergebnisse des Detektionssystems IdentiFlight an insgesamt sechs Standorten in Deutschland ermutigend seien. Laut Reichenbach und Reers (2021, in Vorbereitung) habe man eine durchschnittliche Erfassungsrate von 90 Prozent und eine Erkennungsrate von bis zu 96 Prozent bei einer Reichweite von 600 bis 750 Metern nachweisen können. Auch die Erprobung des Systems am Standort Geislingen (Aschwanden und Liechti 2020) habe angesichts der dort vorliegenden Sichteinschränkungen gute Ergebnisse gebracht. Die Erfassungsrate liegt hier zwischen rund 82 und 88 Prozent, die Erkennungsrate bei knapp 98 bis 99 Prozent. Veröffentlichungsfähige Erprobungsergebnisse seien in diesem Jahr noch von den Radarsystemen Bird-Scan und Robin Radar „Max“ zu erwarten. Wann es weitere Erprobungsberichte von Kamerasystemen geben wird, sei derzeit noch nicht bekannt.

Paint it black?

Holger Ohlenburg fasste die Ergebnisse aus dem Fachgespräch "Schwarze Rotorblätter - eine wirksame Maßnahme zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen?" zusammen. Er erläuterte, dass die in der Studie von May et al. 2020 dargestellte Vermeidungswirksamkeit nicht auf Standorte und Rahmenbedingungen in Deutschland übertragbar sei. Als Methode für Wirksamkeitsuntersuchungen würde nach Auffassung von Experten und Expertinnen am ehesten eine technisch gestützte visuelle Dauerbeobachtung in Betracht kommen. Es sollte im Rahmen einer Machbarkeitsstudie geklärt werden, welche Erfolgswahrscheinlichkeit eine Untersuchung der Maßnahmenwirksamkeit hätte und welche Rahmenbedingungen einer Anwendung entgegenstehen. Ohlenburg wies zudem darauf hin, dass die Einfärbung an hiesigen Standorten zur Erwärmung des Materials führe und die damit verbundenen Auswirkungen auf Haltbarkeit und Sicherheit der Anlagen noch zu testen sei. Ein Hindernis sei die bestehende Pflicht einer rot-weiß-roten Kennzeichnung für mehr als 100 Meter hohe Windenergieanlagen. Um davon abzuweichen, muss die zuständige Luftfahrtbehörde eine Ausnahme erteilen oder die entsprechende Kennzeichnungsverordnung geändert werden. Die erhöhte Sichtbarkeit der Rotorbewegung durch eine Schwarzfärbung könnte darüber hinaus die visuelle Störwirkung verstärken und die Akzeptanz einer solchen Maßnahme vor Ort senken.
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Rotmilan im Flug
24.03.2021

KNE veröffentlicht Studie zu wirtschaftlichen Aspekten ereignisbezogener Abschaltung

Die vom KNE in Auftrag gegebene Studie „Wirtschaftliche Aspekte ereignisbezogener Abschaltung zum Vogelschutz an Windenergieanlagen. Brutplatzszenarien – Ertragseinbußen – Einfluss auf die Anlagentechnik“ von Reichenbach et al. (2020)  gibt Aufschluss darüber, mit welchen Ertragseinbußen in der Stromproduktion zu rechnen ist, wenn Antikollisionssysteme zum Vogelschutz an Windenergieanlagen eingesetzt werden. Die Autoren haben außerdem beispielhafte Szenarien für den Rotmilan entwickelt, um anhand ausgewählter Parameter des Anlagenstandorts die Anzahl der Abschaltungen pro Tag abschätzen zu können. Die jährlichen Ertragseinbußen durch die ereignisbezogene Abschaltung auf Basis der ermittelten Flugaktivitäts-Szenarien betragen an den sechs deutschen Untersuchungsstandorten durchschnittlich 0,4 bis 2,3 bis Prozent. Die Ertragseinbußen sind damit deutlich geringer als die einer pauschalen Abschaltung (durchschnittlich 28,6 Prozent). Die Studie wurde im Rahmen des vom BfN geförderten FuE-Vorhabens „Anforderungen an technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen“ erstellt.

Das FuE-Vorhaben

Im Rahmen des FuE-Vorhabens „Anforderungen an technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen“ wurden erste Empfehlungen zu den Anforderungen an Kamera- und Radarsystemen formuliert, die Vögel automatisch erkennen und entsprechend die Windenergieanlage abschalten, um eine Kollision zu vermeiden. Das KNE führte dazu eine mehrteilige, aufeinander aufbauende Veranstaltungsreihe mit Expertenworkshops und einer Fachveranstaltung durch.
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23.03.2021

Keine Lockerung für die Windenergie nach dem EuGH-Urteil

Das mit Spannung erwartete Urteil des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen C-473/19 und C-474/19 vom 4. März 2021 liegt vor. Das KNE beleuchtet die Entscheidung vor allem mit Blick auf die europäische Vogelschutzrichtlinie. Für die Windenergie an Land bleibt es weiterhin bei einer individuenbezogenen Betrachtung auf der Ebene des Verbotstatbestandes. Populationsbezogene Bewertungen können erst bei der Prüfung der Ausnahme herangezogen werden.

Ausgangslage

Am 4. März verkündete der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil[1] zu einem Vorlageverfahren aus Schweden. Inhaltlich ging es um eine Abholzungsanmeldung, die eine nahezu komplette Rodung (Kahlschlag) eines Waldgebietes zum Inhalt hatte.[2] Das vorlegende schwedische Gericht wollte vom EuGH in diesem Kontext unter anderem wissen, ob die Begriffe „absichtliches Töten/Stören/Zerstören“ in Art. 5 Buchst. a bis d der Vogelschutzrichtlinie und in Art. 12 Abs. 1 Buchst. a bis c der Habitatrichtlinie dahin auszulegen seien, dass sie eine innerstaatliche Praxis ausschließen, wonach in dem Fall, dass mit einer Maßnahme offenkundig ein anderer Zweck verfolgt wird, als Individuen bestimmter Arten zu töten oder zu stören, ein Risiko bestehen muss, dass sich die Maßnahme negativ auf den Erhaltungszustand der Arten auswirkt, damit die Verbote Anwendung finden.[3] Die Entscheidung des EuGH wurde mit Spannung erwartet, weil EuGH-Generalanwältin Juliane Kokott, in ihren der Entscheidung vorausgehenden Schlussanträgen angeregt hatte, den Absichtsbegriff in der Vogelschutzrichtlinie (V-RL) der Europäischen Union enger auszulegen als dies der EuGH für die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) bereits entschieden hat.[4] Konkret schlug sie vor, dass Beeinträchtigungen von Vögeln, die nicht bezweckt, sondern nur in Kauf genommen würden, die Tötungs- und Zerstörungsverbote nach Art. 5 Buchst. a und b der V-RL nur erfüllen sollten, soweit dies notwendig sei, um diese Arten im Sinne von Art. 2 auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht, und dabei den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung trägt.[5]

Zur Auslegung des Europäischen Gerichtshofs

Die Ausführungen des EuGH im betreffenden Urteil zum Begriff der Absicht beziehen sich nur auf die FFH-Richtlinie[6], und hier bleibt es bei dem seit der Caretta-Caretta-Entscheidung[7] etablierten Absichtsbegriff, der auch die unbezweckte Inkaufnahme von Tötungen besonders geschützter Arten umfasst. Damit hat der EuGH den Vorschlag von GeneralanwältinKokott nicht aufgegriffen, ihm gleichwohl auch keine ausdrückliche Absage erteilt. Wäre der EuGH dem Vorschlag der Generalanwältin mit Blick auf die Vogelschutzrichtlinie gefolgt, wäre bereits bei der Frage, ob ein Verbotstatbestand nach Art. 5 Buchst. a und b V-RL erfüllt ist, eine populationsbezogene Betrachtung möglich geworden. Dies hätte eine Lockerung des besonderen Artenschutzrechts auch für den Bereich der Windenergie an Land ermöglicht, denn die Betrachtung des einzelnen Vogels wäre nicht mehr in jedem Fall erforderlich gewesen. Inwieweit aber mit dem Vorschlag tatsächlich eine Entlastung der Genehmigungssituation von Windenergieanlagen an Land einhergegangen wäre, ist indes fraglich, da man bereits darüber streiten kann, ob sich die Ausführungen von Kokott lediglich auf die von ihr als „Allerweltsarten“ bezeichneten Vögel bezogen haben.[8] Ob unter diesen Begriff auch die windenergiesensiblen Groß- und Greifvogelarten fallen, zu deren Schutz Windenergieanlagen teils überhaupt nicht oder nur mit umfangreichen Abschaltauflegen errichtetet werden können, hätte weiteren Diskussionsstoff geboten.

Konsequenzen des Urteils in Bezug auf die Vogelschutzrichtlinie

Der EuGH betont in dem Urteil den individuenbezogenen Schutzansatz der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und leitet diesen aus dem Wortlaut der Richtlinie ab (Exemplar, Eier)[9]. Die Vogelschutzrichtlinie spricht in Art. 1 Abs. 2 von "Vögel, ihre Eier, Nester und Lebensräume". Eine unterschiedliche Sichtweise des EuGH bezüglich FFH-RL und V-RL ist daher unwahrscheinlich; der Individuenbezug ist beiden Richtlinien inhärent. Der EuGH betont in der aktuellen Entscheidung auch das Verhältnis von Verbotstatbestand und Ausnahme im Hinblick auf Art. 12 und 16 der FFH-Richtlinie. Hier sei streng zwischen Verbotstatbestand (Betrachtung des Individuums) und Ausnahme (Einbeziehung des Erhaltungszustandes) zu trennen, um nicht die Prüfung der restriktiven Ausnahmevoraussetzungen zu umgehen.[10] Grundsätzlich findet sich in der Vogelschutzrichtlinie mit Art. 5 als Verbotstatbestand und Art. 9 als Ausnahmetatbestand eine vergleichbare Konstellation. Dies spricht auf den ersten Blick dafür, dass der EuGH, die für die FFH-RL etablierte, strenge Unterscheidung zwischen Verbotstatbestand und Ausnahme auch auf die V-RL übertragen würde. Allerdings hat Generalanwältin Kokott auch im Hinblick auf die Ausnahmekonstellationen entscheidende Unterschiede zwischen FFH-RL und V-RL herausgearbeitet und hieraus auf einen engeren Absichtsbegriff auf Ebene des Verbotes geschlussfolgert.[11] So wird der Kreis der zu schützenden Arten in der FFH-RL sehr viel enger gezogen als in der V-RL, die generell alle europäischen Vogelarten schützt.[12] Gleichzeitig korrespondiert der strenge Schutzansatz der FFH-RL mit einem Ausnahmeregime, das – im Gegensatz zur V-RL[13] – einen weiten Ausnahmegrund enthält. Nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL ist es nämlich möglich, Ausnahmen auch aus „[…] aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art“ zu gewähren. Eine solch weitreichende Formulierung findet sich im Katalog der Ausnahmegründe der Vogelschutzrichtlinie nicht.[14] Auch aus diesem Grund empfiehlt die Generalanwältin, eine enge Auslegung des Absichtsbegriffs für die V-RL bereits auf Ebene des Verbotstatbestandes. Der EuGH ist auf diese differenzierende Auseinandersetzung der Generalanwältin zu FFH-RL und V-RL nicht eingegangen. Von einer Entscheidung zur Vogelschutzrichtlinie im Hinblick auf den Absichtsbegriff konnte der Gerichtshof absehen, weil die in Frage stehende schwedische Regelung nicht zwischen FFH- und Vogelschutzrichtlinie unterscheidet.[15] Es bleibt im Bereich der Spekulation, ob der EuGH im Bereich der Vogelschutzrichtlinie zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Derzeit bleibt es daher auch für die Windenergie an Land weiterhin bei einer individuenbezogenen Betrachtung auf der Ebene des Verbotstatbestandes. Populationsbezogene Bewertungen können erst bei der Prüfung der Ausnahme herangezogen werden. Einige Kommentatoren haben eine mögliche Umsetzung des „Kokott-Vorschlages“, also eine populationsbezogene Betrachtung auf der Ebene der Verbotsnorm, bereits im Vorfeld des Urteils kritisch eingeschätzt, und diese Betrachtung weiterhin im Ausnahmeregime verortet.[16] Dies dürfte mit der Hoffnung verbunden gewesen sein, den erwähnten weiten Ausnahmegrund der FFH-Richtlinie so auch auf rechtssichere Art und Weise[17] für die Vogelschutzrichtlinie nutzbar machen zu können. Die von Generalanwältin Kokott identifizierten Spielräume in der Vogelschutzrichtlinie hätten sich damit im Ausnahmegrund des § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG (zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses) wiedergefunden[18], dessen Anwendung auf europäische Vogelarten derzeit mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden ist[19], da er, wie bereits erläutert, auf keine Entsprechung in der Vogelschutzrichtlinie trifft.

Fazit des KNE

Das Urteil hat weder den Wunsch nach Erleichterungen im Genehmigungsprozess von Windenergieanlagen an Land erfüllt, noch hat es für eine großzügigere Auslegung der Ausnahmegründe der Vogelschutzrichtlinie gesorgt. Die Rechtsunsicherheiten bezüglich des Ausnahmegrundes der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Bundesnaturschutzgesetz bleiben bestehen. Aufgrund der eher strengen Tendenz[20] des vorliegenden Urteils in der Auslegung von FFH- und Vogelschutzrichtlinie halten wir es für eher unwahrscheinlich, dass der EuGH in zukünftigen Verfahren Lockerungen bei der Auslegung der Verbotstatbestände der Vogelschutzrichtlinie zulassen wird. Teils wurde im Nachgang des Urteils daher gefordert, das Thema Klimaschutz und biologische Vielfalt im Rahmen des Green Deals der Europäischen Kommission zu verhandeln. Eine andere Stimme plädiert bereits für eine Änderung der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie mit einer eindeutigen Gewichtung zugunsten des Klimaschutzes.[21] Es mag auch am zu beurteilenden Sachverhalt gelegen haben, dass der EuGH auf die differenzierende Betrachtung der Generalanwältin nicht eingegangen ist. Der EuGH hatte vorliegend einen extremen Eingriff in die Natur zu beurteilen, da ein komplettes Waldgebiet gerodet werden sollte.[22] Bisher wurde der EuGH noch nicht mit dem diffizileren Dilemma konfrontiert, das im Ausbau der Windenergie als Maßnahme zum Klimaschutz ein Konflikt mit dem Arten- und speziell dem Vogelschutz liegen kann. Insbesondere musste der EuGH noch nicht entscheiden, ob bei diesem Zielkonflikt – denn beides, Klima- und Umwelt- und damit auch Artenschutz sind primärrechtliche Zielvorgaben – eine Abwägung zu Gunsten oder zu Lasten eines anderen Rechtsgutes erfolgen kann, und unter welchen Voraussetzungen sich welches Rechtsgut durchsetzt. Wir regen an, eine Gelegenheit zu nutzen, um dem EuGH diese Fragen vorzulegen. Speziell im Hinblick auf die Ausnahmeregelung[23] der Vogelschutzrichtlinie und deren nationaler Umsetzung in § 45 Abs. 7 BNatSchG böte es sich an, den EuGH zu fragen, wie der Artenschutz und der Klimaschutz in Einklang zu bringen sind. Eine Klarstellung auf europäischer Ebene wäre sicherlich gewinnbringend, um mehr Rechtssicherheit für die Energiewende zu erlangen. [1] EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19. CURIA - Dokumente (europa.eu) [2] EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 21. [3] EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 29. [4] EuGH, Urteil vom 30. Januar 2002 − Rs. C-103/00, Slg. 2002, I-1147 – (Caretta caretta), Rn. 36. [5] Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 10. September 2020, Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 93. CURIA - Dokumente (europa.eu) [6] EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 48. [7] EuGH, Urteil vom 30. Januar 2002 − Rs. C-103/00, Slg. 2002, I-1147 – (Caretta caretta). [8] Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 10. September 2020, Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 81, 83. [9] EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 54. [10] EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 60. [11] Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 10. September 2020, Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 86. [12] Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 10. September 2020, Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 80 f. [13] Siehe hierzu auch Hofmann (2020), S. 15 f. [14] Zur Frage, ob ein solcher Ausnahmegrund in die V-RL hineingelesen werden könnte, vgl. grundlegend: Hofmann (2020). A. a. UMK (2020). [15] EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 48. [16] Lau (2021), S. 31 f.; ähnlich Hendrischke (2020), 518. [17] Zur Problematik s. o. Fn. 14. [18] Lau (2021), S. 31. [19] Siehe hierzu auch Hofmann (2020). [20] Beispielsweise aufgrund des Rückgriffs auf die Erwägungsgründe der FFH-RL und den Ausführungen zu Art. 2 Abs. 1 und 2 FFH-RL. EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 62 ff. [21] Urteil des EuGH – Stillstand im Artenschutzrecht? - Zugleich ein offener Brief an die Windenergiebranche, den eigenen Verband und an die Mandatsträger in allen Parlamenten, die die Energiewende wollen - MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH [22] EuGH, Urteil vom 4. März 2021 – Rs. C‑473/19 und C‑474/19, Rn. 21. Bei Skogsstyrelsen (nationale Forstverwaltung, Schweden) wurde eine Abholzungsanmeldung betreffend ein Waldgebiets in der Gemeinde Härryda eingereicht. Diese Anmeldung betrifft einen Kahlschlag, was die Entfernung fast aller Bäume bedeutet. [23] S. hierzu: Hendrischke (2020), 518. Literaturverzeichnis Hendrischke, O. (2020): Vogelschutz bei Windenergievorhaben. Natur und Landschaft (11) 2020, 518. Hofmann, E. (2020): Artenschutz und Europarecht im Kontext der Windenergie. Der Klimaschutz und die Auslegung der Ausnahmeregelungen der Vogelschutzrichtlinie. KNE - Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende. https://www.naturschutz-energiewende.de/wp-content/uploads/KNE_Rechts-Gutachten_Artenschutz-und-Europarecht-im-Kontext-der-Windenergie_2020.pdf Lau, M. (2021): Erleichterungen im besonderen Artenschutz. Natur und Recht, 43(1), 28–32. https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10357-020-3787-x Umweltministerkonferenz - UMK. (2020): Hinweise zu den rechtlichen und fachlichen Ausnahme- Voraussetzungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG bei der Zulassung von Windenergievorhaben (23 S.). Über das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren. Das KNE bei Linkedin X: @KNE_tweet Der KNE-YouTube-Kanal Der KNE-Podcast
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Illustration Lupe auf gruenem Grund.
23.03.2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 03/21

Aktuelles aus Bayern und Schleswig-Holstein, aus dem Deutschen Bundestag und von der Deutschen Umwelthilfe.

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE regelmäßig Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. 

Bayern

Eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD) befasste sich mit der Situation der „Windkraft in Bayern 2020“. Das für Energie zuständige Staatsministerium teilte auf Drs. 18/12493 mit, dass 2020 in den ersten drei Quartalen kein einziger immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsantrag für eine Windenergieanlage (WEA) gestellt wurde. 2020 seien acht WEA mit einer Gesamtleistung von 31,7 Megawatt in Betrieb gegangen. Ursachen für den Rückgang sehe es in der bundesweiten Ausschreibungspflicht, in artenschutzrechtlichen Fragen in Genehmigungsverfahren und in einer zunehmenden Anzahl von Gerichtsverfahren. Durch die Einführung der 10-H-Regelung habe sich aber auch die Flächenverfügbarkeit verringert. Bis 2025 sollen fünf bis sechs Prozent des Bruttostroms durch Windenergie erzeugt werden.

Schleswig-Holstein

Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/Die Grünen) hat den Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes Schleswig-Holsteins (EWKG) vorgelegt. Er enthält unter anderem Regelungen für einen stärkeren Zubau von Photovoltaikanlagen auf Dächern, Parkplätzen und auf Freiflächen (PM, 16.02.2021). Landesliegenschaften sollen bei Sanierungen und Neubauten grundsätzlich mit PV ausgestattet werden. Jüngere Studien sehen ein Photovoltaik-Potenzial auf Gebäuden in Schleswig-Holstein von sieben bis neun Gigawatt, realisiert werden derzeit nur 1,1 Gigawatt. Konkret vorgeschlagen wird auch, dass beim Austausch einer Heizungsanlage in Gebäuden, die vor 2009 errichtet worden sind, mindestens 15 Prozent des jährlichen Energiebedarfs durch erneuerbare Energien zu decken sind.

Deutscher Bundestag

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat einen Sachstand zu den „Regelungen des Mindestabstands von Windenergieanlagen zu Wohngebieten in ausgewählten europäischen Staaten“ vorgelegt (WD 7-3000-001/21). Überblicksartig und summarisch werden die rechtlichen Rahmenbedingungen etwaiger Mindestabstände in Österreich, Schweden, Dänemark, Polen, Frankreich und der Niederlande dargestellt. In den Niederlanden etwa können Windenergieanlagen grundsätzlich in der Nähe von Häusern gebaut werden, es bestehen aber Regeln zu Lärm und Schattenwurf. So gilt, dass eine mit Fenstern versehene Fassade grundsätzlich an maximal 17 Tagen im Jahr für maximal 20 Minuten von einem sich bewegenden Schatten einer Windenergieanlage getroffen werden darf.

Deutsche Umwelthilfe

Die Deutsche Umwelthilfe hat ein Weißbuch zur Stärkung der Wiederverwendung und des Recyclings von Photovoltaik-Modulen herausgegeben. Die Zahl der installierten Photovoltaik-Modulen steigt kräftig, ihre Lebensdauer ist endlich. Wurden 2020 vermutlich 51.600 Tonnen Altmodule entsorgt, können es laut Prognosen 2030 schon eine Million Tonnen Altmodule sein. Wie hiermit klimaschonend und ressourceneffizient umgehen? Die Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes muss auch auf Photovoltaik-Module übertragen werden: Abfallvermeidung (Wartung, sorgfältige Behandlung), Weiter- oder Wiederverwendung (Reparatur), Recycling (wertvolle Ressourcen zurückgewinnen, Schadstoffe ausschleusen). Das Weißbuch unterbreitet interessante Lösungsansätze entlang der Stufen des Produktlebens.
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Windenergieanlagen vor blauem Himmel
© Zotx, Pixabay.
22.03.2021

Wo steht der sogenannte UMK-Prozess?

Im Frühjahr 2020 starteten das Bundesumweltministerium (BMU) und die Länder – unter Federführung Hessens – im Rahmen der Konferenz der Umweltminister des Bundes und der Länder (UMK) einen gemeinsamen Arbeitsprozess zum Thema Standardisierung zur verbesserten Vereinbarkeit von Windenergievorhaben an Land mit artenschutzrechtlichen Vorgaben. Die intensiven Beratungen mündeten in einen gemeinsamen Beschluss der Sonder-Umweltministerkonferenz am 11. Dezember 2020 (per Videokonferenz). Die UMK nahm den vorgelegten „Standardisierten Bewertungsrahmen zur Ermittlung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Hinblick auf Brutvogelarten an Windenergieanlagen an Land – Signifikanzrahmen (Stand: 11. Dezember 2020)“ an. Man verpflichtete sich, von der Öffnungsklausel der „Liste kollisionsgefährdeter Brutvogelarten mit besonderer Planungsrelevanz“ nur restriktiv Gebrauch zu machen. Bis zum Frühjahr 2021 sollte in den Ländern geprüft werden, ob und ggf. welche Anpassungen zur Umsetzung des gemeinsamen Beschlusses in den Ländern erforderlich sind. Notwendige Anpassungen seien bis Herbst 2022 vorzunehmen. Eine Lenkungsgruppe (das BMU und Hessen nehmen den Vorsitz wahr) wurde beauftragt, weitere Arbeitspakete zu bearbeiten, und zwar zum Repowering, zur Nutzung probabilistischer Verfahren und Methoden sowie zur Herleitung von artspezifischen Schwellenwerten für die Signifikanzbewertung. Die Arbeit erfolgt in länderoffenen Unterarbeitsgruppen (UAG) mit Beteiligung des Bundes und mit Vertretungen der Naturschutzverbände und der Windenergieverbände (jeweils auf Bundesebene).

KNE ist in allen drei Unterarbeitsgruppen vertreten

Die drei UAG konstituieren sich bis Ende März und werden der 96. UMK (21. bis 23. April) ihre Vorhaben (Themen, Herausforderungen) und ihren Zeitplan mitteilen. Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende ist in allen drei Unterarbeitsgruppen vertreten

Konferenz der Umweltminister des Bundes und der Länder (UMK)

„Die Umweltministerkonferenz (UMK) ist die Fachministerkonferenz für Umweltpolitik, in der die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren des Bundes und der Länder mit Stimmrecht vertreten sind. Sie dient vor allem der Koordination der Bundesländer. In der UMK sprechen die Länder ihre Vorgehensweise ab, beziehen Position gegenüber dem Bund und suchen nach einvernehmlichen Lösungen mit der Bundesregierung. Die Beschlüsse der UMK in Sachfragen entfalten keine unmittelbare Rechtswirkung. Sie dokumentieren jedoch den gemeinsamen umweltpolitischen Willen, der für eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft wichtig ist. Der Vorsitz der UMK geht mit dem Beginn eines neuen Kalenderjahres in alphabetischer Reihenfolge auf das folgende Land über." (Quelle: www.umweltministerkonferenz.de )
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Illustration Gluehbirne auf gelbem Grund
22.03.2021

Artenvielfalt durch Wildpflanzenmischungen für Biogas produktionsintegriert fördern

KNE-Lesetipp

Titel: Krimmer, E., Marzini, K., Heidinger, I. (2021): Wildpflanzenmischungen für Biogas: Artenvielfalt produktionsintegriert fördern. Praxisversuche zur ökologischen Aufwertung der Landschaft. Im Jahr 2020 wurde in Deutschland in zirka 8950 Anlagen Biogas produziert. Über das EEG werden diese Anlagen noch Jahrzehnte gefördert. In der öffentlichen Wahrnehmung sind Biogasanlagen – im Vergleich zu Wind und Solarenergie – weit in den Hintergrund getreten. Berichterstattung über Biogas ist, zumal dieses immer noch weitgehend durch Mais als Hauptenergiepflanze hergestellt wird, häufig negativ konnotiert. Im vorliegenden Artikel geht es um die Ergebnisse einer Meta-Studie. Darin werten Wissenschaftlerinnen der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim (LWG) Ergebnisse faunistischer Untersuchungen zu unterschiedlichen Tiergruppen im Zeitraum von 2009 bis 2018 aus. Diese zeigten, dass mit dem Anbau von Energiepflanzen zur Erzeugung von Biogas auch eine Steigerung der Biodiversität in strukturarmen Agrarlandschaften einhergehen kann. Artenreiche, mehrjährige und pflegeextensive Wildpflanzenmischungen (WPM) zur Biogaserzeugung bieten gegenüber einjährigen Monokulturen viele Vorteile: einen verbesserten Erosionsschutz und eine höhere Trockenresistenz, einen reduzierten Nitrateintrag und einen nur sehr geringen Einsatz von Pestiziden. Davon profitieren verschiedene Tiergruppen: Zumeist zwar Generalisten, mitunter aber auch gefährdete Insektenarten. Infolge größerer Strukturvielfalt und besseren Nahrungsangebots (Insekten, Sämereien) konnten auch Bruten von bundesweit auf der Roten Liste geführten Vogelarten wie Braunkehlchen und Rebhuhn auf WPM-Flächen nachgewiesen werden. Diese dienten auch Säugetieren (z. B. Rehwild) als Deckung, Nahrung und zur Aufzucht des Nachwuchses. Zudem lieferten sie Honig- und Wildbienen Nektar und vielfältige Pollen – auch im Spätsommer, wenn Blütenmangel herrscht, der durch die Klimaerwärmung durch früheres Abblühen bereits jetzt verstärkt wird. Die ökologische Funktion kann laut den Autorinnen noch gesteigert werden, wenn Blühstreifen nicht zeitgleich vollständig abgeerntet werden, so dass Rückzugsräume für Tiere verbleiben. Die Studie spricht auch die wichtige Frage der Praxistauglichkeit an. Die Potenziale der Agrarumweltmaßnahmen in den Ländern werden als gering eingeschätzt. Von den Autorinnen wird daher angeregt, WPM-Flächen im Rahmen eines produktionsintegrierten Ansatzes in die betrieblichen Abläufe zu integrieren. Integrierbarkeit ist jedoch nur ein Faktor den Anteil von Blühpflanzen in Agrarlandschaften zu erhöhen. Weil der Methanertrag pro Hektar bei lediglich 45 Prozent des Wertes von Mais liegt, stellt sich auch die Frage, ob finanzielle Einbußen kompensiert werden sollten, um wirksame Anreize für den Blühpflanzeneinsatz zu schaffen. Der Fachbeitrag veranschaulicht, dass es sich aus Sicht von Natur und Landschaft durchaus lohnt, über die Entwicklung geeigneter (finanzieller) Förderinstrumente für Landwirte nachzudenken, um Agrarlandschaften wieder stärker zu Agrarlebensräumen zu entwickeln. Quelle: Krimmer, E., Marzini, K., Heidinger, I. (2021): Wildpflanzenmischungen für Biogas: Artenvielfalt produktionsintegriert fördern. Praxisversuche zur ökologischen Aufwertung der Landschaft. Naturschutz und Landschaftspflege 53 (02). S. 12-21. Link zum Beitrag (Nur für Abonnenten frei verfügbar)
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Ansicht der KNE-Übersichtstabelle
17.03.2021

Fortschreibungen der Länderhandreichungen zu Artenschutz und Windenergie nehmen Fahrt auf

In seiner Übersicht der Länderhandreichungen hat das KNE jetzt unter anderem die Fortschreibungen aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz dokumentiert.

Handreichungen zu Artenschutz und Windenergie sind sowohl für die zuständigen Genehmigungsbehörden als auch für die Projektierer und Gutachterbüros wichtige Orientierungshilfen zum Umgang mit artenschutzrechtlichen Anforderungen bei der Planung und Genehmigung von Windenergievorhaben. Um neue Erkenntnisse aus der Forschung, Praxis und Rechtsprechung berücksichtigen zu können, aktualisieren die Länder ihre Handreichungen zu Artenschutz und Windenergie an Land in regelmäßigen Abständen. Seit Jahresbeginn haben Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz davon Gebrauch gemacht.

Aktualisierter Leitfaden aus Bayern

Die jüngste Fortschreibung eines Leitfadens liegt aus Bayern vor. Anfang März veröffentlichte das Bayerische Landesamt für Umwelt eine Aktualisierung seiner Arbeitshilfe „Vogelschutz und Windenergienutzung – Fachfragen des bayerischen Windenergie-Erlasses“. Die vorgenommenen Änderungen bestehen maßgeblich in der Ergänzung und Ausdifferenzierung erfassungsmethodischer Hinweise bei der Beurteilung von Tötungsrisiken kollisionsgefährdeter Vogelarten, beispielsweise zu Habitatnutzungsanalysen (HNA) und Raumnutzungsanalysen (RNA). Nach Informationen des Energie- und Wirtschaftsministeriums ist für dieses Jahr eine Komplettüberarbeitung des Bayerischen Windenergieerlasses von 2016 geplant.

Neuer Leitfaden als „Pilot“ in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg wurden unter Begleitung eines interdisziplinär besetzten Facharbeitskreises neue „Hinweise zur Erfassung und Bewertung von Vogelvorkommen bei der Genehmigung von Windenergieanlagen“ erarbeitet und per Erlass vom 18.01.2021 eingeführt. Die neuen Hinweise greifen eine Reihe von methodischen Bausteinen aus dem laufenden UMK1-Prozess zur untergesetzlichen Maßstabsbildung auf (z. B. gestufte Vorgehensweise bei der Signifikanzbewertung, Einführung eines Nahbereichs um den Brutplatz, angepasste Artenliste, Ausblick auf den perspektivischen Einsatz von Antikollisionssystemen usw.). Eine Besonderheit ist, dass damit in Baden-Württemberg bis auf Weiteres im Rahmen einer Pilotphase bei der Erfassung und Bewertung von Vögeln zwei Vorgehensweisen möglich sind – die nach den neuen Hinweisen oder die nach den alten (LUBW 2015 für die Bewertung sowie 2020 für die Erfassung). Der Projektierer muss sich zu Beginn des Antragsverfahrens auf eine der Vorgehensweisen festlegen. Für die Bauleitplanung sind die neuen Hinweise nicht gültig. Hier werden noch separate Hinweise folgen.

Neue Verwaltungsvorschrift in Hessen

Mit der Veröffentlichung der neuen Verwaltungsvorschrift (VwV) „Naturschutz/Windenergie“ des Hessischen Umwelt- und des hessischen Wirtschaftsministeriums im hessischen Staatsanzeiger trat am 4. Januar 2021 eine aktualisierte Handreichung in Kraft. Die VwV richtet sich vor allem an die Genehmigungsebene von Windenergieanlagen und ersetzt diesbezüglich die Regelungen im alten Leitfaden von 2012. Zudem finden sich Erläuterungen zu den Voraussetzungen für die Ausnahmeerteilung in den hessischen „Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie mit Ausschlusswirkung“. Unter anderem anhand von mehreren landesspezifischen Gutachten wurde die Bewertung von Tötungsrisiken von kollisionsgefährdeten Vogel- und Fledermausarten maßgeblich überarbeitet.

Rheinland-Pfalz wendet zukünftig den beschlossenen Signifikanzrahmen an

In einem Erlass zum Natur- und Artenschutz bei der Genehmigung von Windenergieanlagen im immissionsrechtlichen Verfahren vom 17. Dezember 2020 wird seitens des rheinland-pfälzischen Umwelt- und Energieministeriums gebeten, zukünftig den von der UMK beschlossenen Bewertungsrahmen anzuwenden. Davon abweichende alte Regelungen, insbesondere hinsichtlich der kollisionsgefährdeten Vogelarten, Regelabständen und Regelvermutungen könnten nicht mehr angewendet werden. Den Rahmen konkretisierende Regelungen, wie zum Beispiel der Untersuchungs- und Bewertungsrahmen für den Rotmilan, blieben jedoch in Kraft.

Aktualisierte Leitfadenübersicht zum Stand der Fortschreibungsaktivitäten

Das KNE hat diese und weitere Aktualisierungen in seiner vorgenommen. Die Tabelle soll einen schnellen und kompakten Überblick zu den jeweils aktuellen behördlichen Vorgaben und Empfehlungen sowie zum Stand der Fortschreibungsaktivitäten in den Ländern liefern.

Aktivitäten anlässlich des laufenden UMK-Prozesses

Gemäß aktuellem Beschluss der letzten UMK-Sondersitzung vom 11. Dezember 2020 sind alle Länder aufgefordert, im Frühjahr 2021 ihre jeweiligen Regelungen im Hinblick auf den im Dezember beschlossenen Signifikanzrahmen zu prüfen. Etwaige Anpassungen sollen dann laut dem Beschluss bis zum Herbst 2022 vorgenommen werden. Das KNE behält die Aktivitäten der Länder im Blick und beteiligt sich aktiv an dem nun anlaufenden Arbeitsprozess zum Signifikanzrahmen in den dafür gebildeten Unterarbeitsgruppen „Repowering“, „Probabilistik“ und „Signifikanzschwellen“. Das KNE erwartet insgesamt eine zunehmende Dynamik bei den Fortschreibungsaktivitäten und ist für entsprechende Hinweise aus den Ländern dankbar. 1Konferenz der Umweltminister des Bundes und der Länder.
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16.03.2021

BMU-Staatssekretär Jochen Flasbarth im KNE-Podcast

Dialog zwischen Naturschutz und Energiewende bleibt wichtig

„Als ich noch NABU-Präsident war und die ersten Windenergieanlagen entstanden sind, waren die Auseinandersetzungen nicht weniger hart als sie auch heute zum Teil sind. Insgesamt sehe ich aber, dass insbesondere auch die großen Verbände, sowohl auf der Seite der Energiewirtschaft wie auch des Naturschutzes Gesprächsformate finden, um ihre Anliegen wechselseitig zu verstehen. Und das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende ist ja letztlich nichts anderes als der Ort, an dem auch gerade dieses Zusammenführen von Positionen stattfinden soll“, betont Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. In einer neuen Folge des KNE-Podcasts „Naturschutz und Energiewende“ sprechen KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke und KNE-Geschäftsführer Michael Krieger mit ihrem Gast über den naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien, aber auch über den Menschen hinter dem Amt. Auf die Frage nach einer stärkeren Bund-Länder-Koordination bei der Energiewende bekräftige Flasbarth: „Sobald wir Mengenziele [des Bundes] haben, können viele Konflikte über die räumliche Steuerung durch Eignungsgebiete und Ausschlussgebiete auf der planerischen Ebene vermieden werden. Dafür müssen wir aber auch die Länder im Bundesrat gewinnen.“ Was die Eignung von Natura-2000-Gebieten für die Energiewende betreffe, wies Flasbarth darauf hin, dass es sich dabei um „die Juwelen des Naturschutzes und nicht um vermutete Vorranggebiete für Windenergie“ handle. Rein rechtlich sei eine Nutzung aber auch nicht ausgeschlossen. Mit Blick auf die internationale Energiewende betonte der Staatssekretär, dass sich die Zusammenarbeit mit Regierungen weltweit enorm verbessert habe. „Das Pariser Klimaabkommen ist eine enorm wichtige Festlegung, weil damit das wichtige Signal gegeben wird, dass wir 2050 eine komplett treibhausgasneutrale Wirtschaft haben.“
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01.03.2021

BMU-Staatssekretär Jochen Flasbarth im KNE-Podcast

„Als ich noch NABU-Präsident war und die ersten Windenergieanlagen entstanden sind, waren die Auseinandersetzungen nicht weniger hart als sie auch heute zum Teil sind. Insgesamt sehe ich aber, dass insbesondere auch die großen Verbände, sowohl auf der Seite der Energiewirtschaft wie auch des Naturschutzes Gesprächsformate finden, um ihre Anliegen wechselseitig zu verstehen. Und das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende ist ja letztlich nichts anderes als der Ort, an dem auch gerade dieses Zusammenführen von Positionen stattfinden soll“, betont Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. In einer neuen Folge des KNE-Podcasts „Naturschutz und Energiewende“ sprechen KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke und KNE-Geschäftsführer Michael Krieger mit ihrem Gast über den naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien, aber auch über den Menschen hinter dem Amt. Auf die Frage nach einer stärkeren Bund-Länder-Koordination bei der Energiewende bekräftige Flasbarth: „Sobald wir Mengenziele [des Bundes] haben, können viele Konflikte über die räumliche Steuerung durch Eignungsgebiete und Ausschlussgebiete auf der planerischen Ebene vermieden werden. Dafür müssen wir aber auch die Länder im Bundesrat gewinnen.“ Was die Eignung von Natura-2000-Gebieten für die Energiewende betreffe, wies Flasbarth darauf hin, dass es sich dabei um „die Juwelen des Naturschutzes und nicht um vermutete Vorranggebiete für Windenergie“ handle. Rein rechtlich sei eine Nutzung aber auch nicht ausgeschlossen. Mit Blick auf die internationale Energiewende betonte der Staatssekretär, dass sich die Zusammenarbeit mit Regierungen weltweit enorm verbessert habe. „Das Pariser Klimaabkommen ist eine enorm wichtige Festlegung, weil damit das wichtige Signal gegeben wird, dass wir 2050 eine komplett treibhausgasneutrale Wirtschaft haben.“ Der KNE-Podcast Das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren.
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Animation Windenergieanlage mit einem schwarzem Rotorblatt und Landschaft
25.02.2021

Paint it black? Norwegische Studie zur Reduktion von Kollisionsrisiken an Windenergieanlagen nicht auf Deutschland übertragbar

Workshop empfiehlt weitere Forschung zu Wirksamkeit und Umsetzung auf deutschen Standorten

Im vergangenen Juli erhielt eine Studie des namhaften Norwegian Institute for Nature Research (NINA) viel Aufmerksamkeit: In einem großen norwegischen Windpark mit einer sehr hohen Brutdichte von Seeadlern hatte sich gezeigt, dass die schwarze Lackierung eines Rotorblattes (im Vergleich zu rein weißen Rotorblättern) zu einer deutlichen Reduzierung der Kollisionsraten führte. Über alle Vogelarten hinweg konnte die durchschnittliche jährliche Kollisionsrate um 72 Prozent reduziert werden. In einem gemeinsamen Workshop des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende und des Bundesamtes für Naturschutz mit fast 30 Expertinnen und Experten und einer Diskussionsveranstaltung mit über 130 Teilnehmenden wurden diese Ergebnisse aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert. Im Ergebnis lässt sich festhalten: Der norwegische Ansatz ist nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragbar. „Die Anlagendimensionen, das Artenspektrum und auch die Brutsituation weichen in Norwegen deutlich von den Rahmenbedingungen in Deutschland ab“, betonte KNE-Expertin Dr. Elke Bruns. „Gleichwohl klingt die Maßnahme vielversprechend. Ob sich Vögel bei der Annäherung auf eine Windenergieanlage mit einem schwarzen Rotorblatt signifikant anders verhalten als bei den für Deutschland typischen rot-weißen Blattspitzen, sollte daher erforscht werden. Man könnte dadurch wertvolle Erkenntnisse über das Ausweichverhalten kollisionsempfindlicher Arten gewinnen, die auch für die Beurteilung der Kollisionswahrscheinlichkeit von Bedeutung sind“, so Bruns. Allerdings meinte Kathrin Ammermann (Bundesamt für Naturschutz): „Ein zeitnaher Nachweis einer Wirksamkeit der Maßnahme ‚schwarzes Rotorblatt‘ in Deutschland ist angesichts zahlreicher offener Fragen zum Beispiel zum Artenspektrum, zu möglichen Untersuchungsmethoden, zur Anzahl an Standorten usw. nicht zu erwarten. Denkbar wäre die Konkretisierung möglicher Untersuchungen über eine Machbarkeitsstudie." Boris Stemmer (Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe) ging auf die visuellen Auswirkungen schwarzer Rotorblätter ein: „Jedwede Maßnahme zum besseren Vogelschutz ist grundsätzlich zu begrüßen. In diesem Fall ist jedoch zu befürchten, dass der bessere Schutz der Avifauna mit erheblichen negativen Wirkungen auf das Wahrnehmen und Erleben von Natur und Landschaft erkauft wird. Zur tatsächlichen Abschätzung visueller Wirkungen wäre eine empirisch-sozialwissenschaftliche Studie durchzuführen. Wenn mit dem schwarzen Anstrich mit Windenergieanlagen zwar in Bereiche vorgedrungen werden kann, die bisher aus Artenschutzgründen nicht nutzbar waren, sollte andererseits nicht erwartet werden, dass dadurch die Akzeptanz der Energiewende maßgeblich verbessert wird. Denn die naturschutzfachlich wertvollen Bereiche sind häufig auch für das Landschaftserleben besonders wichtig.“ Bernhard Stoevesandt (Fraunhofer Institut für Windenergiesysteme) wies auf technische Fragen hin: „Rotorblätter sind strukturell hochbelastete Bauteile. Schwarze Rotorblätter sind eine bisher ungeklärte technische Herausforderung, da die Erhitzung durch Sonnenstrahlung sich signifikant auf die Struktur auswirken könnte. Wenn das Konzept angewendet werden soll, ist auf jeden Fall noch viel zu klären." Im Hinblick auf die Konformität mit den Vorgaben der Flugsicherung berichtete Herr Berger von der in Niedersachsen zuständigen Luftfahrtbehörde, dass Ausnahmen von der bestehenden rot-weißen Kennzeichnungspflicht in Einzelfällen denkbar seien – zumindest in Niedersachen. Für andere Länder könne er nicht sprechen. Wolle man eine Schwarzfärbung bei allen zukünftig zu genehmigenden Windenergieanlagen einsetzen, sei es notwendig, zuvor die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen zu ändern. Hierfür sei das Bundesverkehrsministerium zuständig. Die Expertinnen und Expertinnen waren sich einig: Es ist unwahrscheinlich, dass sich in Deutschland in naher Zukunft schwarze Rotorblätter drehen werden. Der Ansatz sei es aber allemal wert, weiter erforscht zu werden. Zu der Frage, ob eine schwarze Einfärbung eines einzelnen Rotorblattes zu Akzeptanzproblemen für die Windenergie vor Ort führen könne, führte Jan Hildebrandt vom Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme aus, dass Akzeptanz in der Bevölkerung nicht allein von der Landschaftsbildveränderung abhänge. Dieser Aspekt könne von anderen Akzeptanzfaktoren überlagert werden. Insofern bestünde nicht zwingend ein direkter Zusammenhang.

Hintergrund

Die insgesamt einen Zeitraum von elf Jahren umfassende Untersuchung wurde im Windpark „Smøla“ durch eine Forschergruppe um Dr. Roel May vom Norwegian Institute for Nature Research (NINA) durchgeführt. Im Gegensatz zum dünn beziehungsweise gar nicht besiedelten norwegischen Versuchsstandort stehen in Deutschland die meisten Anlagen nicht fernab von Siedlungen.

Video: Simulation von Windenergieanlagen mit einem schwarzen Rotorblatt

Die im Auftrag des KNE vom Büro Lenné3D erarbeitete Animation simuliert vergleichend Wind-energieanlagen mit der heute in Deutschland üblichen Flugsicherheitskennzeichnung und solche mit einem schwarzen Rotorblatt. Die dargestellten Anlagen entsprechen am Markt erhältlichen Modellen eines deutschen Anlagenherstellers. Sie haben eine Gesamthöhe von 230 Metern, eine Gondelhöhe von 160 Metern und 70 Meter lange Rotorblätter. Auch die Anordnung der Anlagen entspricht einem realistischem Windpark-Design mit einem hier 5-fachen seitlichen Rotor-Abstand. Die Entfernungen der Anlagen vom Betrachter bzw. von der Kamera betragen jeweils 1.000, 2.000 und 3.000 Meter. Im Video drehen sich die Rotoren mit 10 Umdrehungen pro Minute, was einem Betrieb bei mittlerer Windgeschwindigkeit entspricht. © Copyright Lenné3D GmbH.
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https://www.beltz.de/fachmedien/paedagogik/produkte/produkt_produktdetails/45419-klima_krise_kinder.html
24.02.2021

Mit Kindern philosophieren

Barbara Brüning  und Daniel Nachtsheim: Klima. Krise. Kinder.

Eine Buchempfehlung

Die Frage, ob man Kindern und Jugendlichen brisante Themen wie Klimawandel und Klimakrise zumuten kann, haben diese – seit August 2018 zunehmend machtvoller – selbst beantwortet. Mit Fridays for Future (FFF) ist eine weithin bekannte und von Kindern und Jugendlichen getragene Massenbewegung entstanden, an deren Rückkehr in den Fokus medialer Beachtung nach der Corona-Pandemie kein Zweifel bestehen kann. Angeregt durch eine Einladung an Professorin Barbara Brüning zu einem Vortrag auf dem KNE-Sommerabend 2018 entstand die Idee, in Buchform erstens zum Verständnis von Theorie und Praxis dieser Jugendbewegung beizutragen, zweitens aber auch Hinweise zu erarbeiten zur Didaktik einer philosophischen Reflexion der Klimakrise – alle angeschlossenen Kategorien mitbewegend – im schulischen Unterricht. Die erste Auflage ist erschienen, Autoren sind Barbara Brüning (BB) und Daniel Nachtsheim (DN). Das Buch gliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten Teil (DN) kommen Kinder und Jugendliche der FFF-Bewegung im O-Ton zu Wort – und das in der ganzen Spannbreite dort vorkommender Meinungen, die von Ungestüm und Kampfgeist zeugen, von Nachdenklichkeit und Zweifeln, auch von Distanz. Jenseits der gemeinsamen Überzeugung, dass endlich etwas getan werden muss, herrscht mehr Meinungsvielfalt als medial vermittelt wird. Simon (15) bringt es auf den Punkt: „allgemein unterstützte Forderungen existieren kaum“. Der zweite Teil (BB) befasst sich mit dem Großthema „Nachhaltig leben“, dass viele „Fridays“ besonders bewegt, denn sie adressieren den Klimaschutz nicht nur an die Politik, sondern auch an die Lebensweisen – die eigene, die der Eltern und Lehrer und Lehrerinnen und die der politisch Verantwortlichen. Es werden persönliche Konsequenzen eingefordert: Leben mit Maß, gesunde Ernährung, Tiere schützen. Nach dieser Grundlegung werden historische Positionen der Naturethik verhandelt. Befragt werden etwa Protagoras, Hildegard von Bingen, Karl Marx bis hin zum Gegenwarts-Philosophen Emanuele Coccia. Die anschließende ethische Einordnung (Klimaethik) orientiert sich an der Verantwortungs-Ethik von Hans Jonas: „Überlegt euch bei allem, was ihr tut, ob die Erde morgen auch noch für künftige Generationen bewohnbar sein wird.“ Im dritten Teil (BB/DN) werden Didaktik-Bausteine für das Unterrichtsthema „Ökologische Ethik“ für die Sekundarstufe (11-16-Jährige) vorgestellt sowie für „Das Prinzip Verantwortung“ für die Oberstufe (ab 16 Jahre): Wie steige ich kreativ ein ins Thema? Welche speziellen Methoden setze ich ein (z. B. Gruppenarbeit, Pro-und-Contra-Diskussion)? Was stelle ich inhaltlich in den Mittelpunkt (Verhältnis Mensch-Natur, Defizite traditioneller Ethiken)? Dem allen vorangestellt betonen Dr. Torsten Raynal-Ehrke und Michael Krieger in ihrem Grußwort, dass die naturverträgliche Energiewende für einen wirksamen Klimaschutz dringend vorangetrieben werden muss, und ermutigen generationsübergreifend zu Engagement und Handeln. Das Buch sei allen empfohlen, die sich für O-Ton-Informationen zu Fridays-for-Future interessieren, eine philosophische Einordnung der Klimakrise zu schätzen wissen – und (als Pflichtlektüre) natürlich allen, die den Versuch wagen wollen, im Diskurs über den Klimaschutz auch gegenüber Kindern und Jugendlichen zu bestehen. Quelle: Brüning, Barbara und Daniel Nachtsheim: Klima. Krise. Kinder. Philosophieren über Nachhaltigkeit und Fridays for Future. 132 S., Beltz Juventa (2021).
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Illustration Lupe auf gruenem Grund.
24.02.2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 02/21

NEU: Das KNE berichtet aus Politik und Gesellschaft

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten sowie politische und wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. So können etwa Meldungen aus Verbänden oder Antworten von Landesregierungen auf parlamentarische Anfragen kleine Einblicke in Vorhaben, Positionen und Strategien der jeweiligen Akteure geben. Dabei kann es selbstverständlich nicht um Vollständigkeit gehen, was wir bieten sind Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Thüringen

Eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Laura Wahl (Bündnis 90/Die Grünen) befasste sich mit den Hemmnissen bei der PV-Nutzung von dem Denkmalschutz unterliegenden Dachflächen. Das Umwelt- und Energieministerium wies auf Drs. 7/2586 zwar darauf hin, dass das Potenzial der für Installationen zur Verfügung stehenden Dachflächen der zirka 30.000 Thüringer Baudenkmale nicht benannt werden könne, die im Erlaubnisverfahren nach § 14 Thüringisches Denkmalschutzgesetz ausgesprochenen denkmalfachlichen Befürwortungen bewegten sich aber immerhin im beachtlichen Bereich von 70 bis 80 Prozent.

Baden-Württemberg

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz teilte auf die Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Winfried Mack auf Drs. 16/9600 mit, dass seit 2011 bis 2020 in Baden-Württemberg 388 Windenergieanlagen in Betrieb genommen wurden, davon in 19 Projekten 77 Anlagen (234,75 MW Nennleistung) im Staatswald. Pro Windenergieanlage erfolgte eine dauerhafte Waldumwandlung von durchschnittlich 0,4 Hektar (gesamt: 30,8 Hektar), 80 Prozent der Flächenverluste wurden durch flächengleiche Ersatzaufforstungen ausgeglichen. Die zusätzliche befristete Waldinanspruchnahme von zirka 0,3 Hektar je Windrad wurde zeitnah wiederbewaldet. Die Waldflächenverluste für die bisherige Windkraftnutzung im gesamten Land (1,3 Millionen Hektar Wald) betragen lediglich 35 Hektar.

Sachsen-Anhalt

Wie Energieministerin Prof. Claudia Dalbert mitteilte (PM 08/2021), werden in den nächsten fünf Jahren in Sachsen-Anhalt potenziell 842 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1.321 Megawatt ausfallen, weil die EEG-Förderung ausläuft. Davon würden 587 Anlagen mit rund 860 Megawatt nicht in Windvorrang- und Windeignungsgebieten liegen. Der Anteil der Windenergie an der gesamten Bruttostromerzeugung in Sachsen-Anhalt habe 2019 bei 53 Prozent gelegen. Die Vorrang- und Eignungsgebiete machten derzeit zirka ein Prozent der Landesfläche aus, das Potenzial könne bei 2,4 Prozent liegen.

BUND Bundesarbeitskreis Wald

Laut dem neugewählten Sprecher des Arbeitskreises, dem Biologen Jörg Nitsch, schließt der BUND Windkraft im Wald nicht grundsätzlich aus (BUNDmagazin 1/21), auch wenn eine Mehrheit des Arbeitskreises skeptisch bleibe. Man müsse abwägen: „Einerseits reißen wir mit Windrädern Lücken in den Wald. Andererseits müssen wir die Energiewende schaffen, um die Klimakrise zu bewältigen, auch für unseren Wald. Ganz einig sind wir uns, dass Schutzgebiete und ältere Laubwälder tabu sind für die Windkraft.“
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Illustration Gluehbirne auf gelbem Grund
19.02.2021

Ableitung eines Indikatorensets zur Umweltverträglichkeit der Energiewende

KNE-Lesetipp

Bewertungsansatz des ifeu-Heidelberg zur Darstellung der Veränderungen des Umweltzustandes durch die Energiewende

Titel: Kauertz, B., Dittrich, M., Fehrenbach, H., Franke, Beitu. (2020): Ableitung eines Indikatorensets zur Umweltverträglichkeit der Energiewende. Endbericht. Die Energiewende dient dem Klimaschutz. Aber wie wirkt sie sich auf die anderen Schutzgüter wie Boden, Wasser, Flora, Fauna oder Landschaft aus? Die sogenannten Umweltauswirkungen der Energiewende sind noch nicht ausreichend erforscht. Deswegen hat das Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) in den letzten vier Jahren einen Bewertungsansatz erarbeitet und versucht Indikatoren zu ermitteln, die es erlauben, die Auswirkungen der Energiewende darzustellen und zu quantifizieren. Der Bewertungsansatz sieht vor, dass die Betroffenheit der Schutzgüter des UVPG (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung) anhand von Wirkpfaden ermittelt wird. Die Wirkpfade beschreiben den Weg der Umweltauswirkung von der Quelle zum Ort der möglichen Wirkung. Beispielsweise gibt es einen Wirkpfad „Flächeninanspruchnahme“, der auf die Schutzgüter Tiere und Pflanzen, biologische Vielfalt, Fläche, Landschaft, Kultur und sonstige Sachgüter wirkt. Er wird unter anderem durch die Indikatoren „Temporäre Flächenbelegung in Quadratkilometern“ und „Indirekte Flächeninanspruchnahme mit Auswirkungen auf das Landschaftsbild in Hektar“ beschrieben. Diese müssen relevant, aussagekräftig, quantifizierbar und bewertbar sein und einen Regionalbezug haben. Im Monitoring erfolgt dann eine Zeitreihendarstellung der Indikatoren, um die Veränderung der Umweltzustandes zu erfassen. Das Referenzjahr ist das Jahr 2000, das durch die Einführung des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes den Anfang der Energiewende in Deutschland markiert. Das ifeu konnte bislang noch nicht ausreichend Indikatoren für alle Schutzgüter ermitteln. Lediglich die Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter Fläche, Luft und Rohstoffe können laut den Autorinnen und Autoren zurzeit sachgerecht beurteilt werden. Für die anderen geben die Indikatoren oft nur Hinweise auf die Folgen. Es ist angedacht, weiter an der Treffsicherheit der Indikatoren zu arbeiten, weitere Indikatoren zu ermitteln und die Datenerhebung zu normieren. Die Liste der Indikatoren soll „Grundlage für weitere Ausarbeitungen des UBA und des BMU im Zusammenhang mit den Monitoringberichten zur Energiewende“ sein. Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) begrüßt die Bemühungen des ifeu, die Umweltauswirkungen der Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien darzustellen und zu quantifizieren. Auch wenn diese weitaus geringer ausfallen sollten als die der konventionellen Energieträger (welche laut des Berichtes viel weniger erforscht werden), sind sie soweit wie möglich zu reduzieren. Mit Hilfe der Identifikation erster Indikatoren und Wirkpfade können die Auswirkungen der Energiewende auf Natur und Landschaft besser erfasst werden. Ein systematisches und fachwissenschaftliches belastbares Monitoring ist die Voraussetzung für eine naturverträgliche Gestaltung und Standortwahl der Erneuerbaren-Energie-Anlagen. Das KNE sieht es als nun folgende Forschungsaufgabe an, das Indikatorenset für die Schutzgüter Flora, Fauna und Landschaftsbild zu erweitern und zu verbessern. Denn gerade für diese Schutzgüter stellt das KNE in der Praxis prioritär Konflikte oder Akzeptanzprobleme fest. Quelle: Kauertz, B., Dittrich, M., Fehrenbach, H., Franke, B. (2020): Ableitung eines Indikatorensets zur Umweltverträglichkeit der Energiewende. Endbericht. TEXTE 222/2020. UBA - Umweltbundeamt, Dessau-Roßlau. 301 S.
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17.02.2021

KNE-Wortmeldung zur Windenergienutzung auf Waldstandorten

Der Thüringer Landtag hat am 18. Dezember 2020 durch eine Änderung des Thüringer Waldgesetzes beschlossen, Waldgebiete fortan wieder vollständig von der Windenergienutzung auszuschließen. Damit scheint sich eine politische Tendenz zu entwickeln, die uns nachdenklich stimmt. Aus Sicht des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende sollte die Nutzung von Waldstandorten nicht generell ausgeschlossen werden. Werden Besonderheiten bei Planung, Genehmigung, Bau und Betrieb von Windenergieanlagen umfassend beachtet, ist eine naturverträgliche Nutzung der Windenergie auch auf dafür geeigneten Waldstandorten möglich.

Wind im Wald in den Ländern

In Thüringen war im Windenergieerlass von 2016 eine behutsame Öffnung des Waldes außerhalb von nach § 9 Abs. 1 des Thüringer Waldgesetzes ausgewiesenen Schutz- und Erholungswäldern erfolgt. Waldflächen, die nicht unter diese Kategorie fielen und solche, die keine hervorgehobene Waldfunktion (z. B. für den Bodenschutz) innehatten und so als weiche Tabuzonen eingestuft waren, konnten nach Abwägung aller relevanten Belange in die regionalplanerische Vorrangflächenkulisse für die Windenergienutzung aufgenommen werden. Der 2019 veröffentlichte „Aktionsplan Wald 2030 ff.“ der Thüringer Staatskanzlei empfahl, insbesondere von Schädlingsbefall oder Windwurf betroffene Flächen zu berücksichtigen. Durch die Änderung des Thüringer Waldgesetzes ist dies nun nicht mehr möglich. Das erklärte Ziel des aktuellen Thüringer Klimagesetzes von einem Prozent der Landesfläche für die Windenergie soll fortan wieder ausschließlich auf Offenlandstandorten erreicht werden, was im waldreichen Thüringen schwierig werden dürfte. In Nordrhein-Westfalen dürfen seit Juli 2019 Waldbereiche für die Windenergie nur in Anspruch genommen werden, wenn ein Bedarf nachgewiesen ist, der nicht außerhalb von Waldbereichen realisierbar ist. Bereits seit Mai 2018 ist in Nordrhein-Westfalen der seinerzeit erste Leitfaden zur „Windenergie im Wald“ von 2012 nicht mehr anzuwenden. Angesichts der Änderungen in Thüringen und Nordrhein-Westfalen ist die Windenergienutzung auf Waldstandorten insgesamt nur noch in sechs Ländern zulässig: Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. In Niedersachsen, wo der Wald bisher tabu war, wird hingegen eine Öffnung diskutiert. Der aktuelle Entwurf des Landesraumordnungsprogramms enthält Grundsätze, die eine Öffnung des Waldes für die Windenergie vorsehen (siehe dort unter Art. 1 Nr. 1 m). Dabei sollen allerdings auch zukünftig historische alte Waldstandorte, Waldschutzgebiete und Waldgebiete in Schutzgebieten nach Naturschutzrecht ausgeschlossen bleiben. In Landschaftsschutzgebieten und Naturparken können Waldflächen geprüft werden, wobei jedoch – weiterhin – in erster Linie vorbelastete Flächen oder aus forstlicher Sicht geringwertig versorgte Standorte genutzt werden sollen (ebd.). Niedersachsen erhofft sich davon größere Spielräume bei der Flächenausweisung bei gleichzeitigem Schutz von ökologisch hochwertigen Waldflächen.

Wald ist nicht gleich Wald

In den waldreichen Mittelgebirgsregionen sind Standorte in den Tal- und Niederungslagen häufig weniger windhöffig. Zudem liegen hier Offenlandstandorte oftmals näher an den Siedlungen. Geeignete windreiche Standorte liegen hingegen in den bewaldeten Höhenlagen. Dabei ist Wald nicht gleich Wald. Im Sinne des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) ist Wald zunächst einmal „jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Als Wald gelten [somit] auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen“ (§ 2 Abs. 1 BWaldG). Im Hinblick auf eine Nutzung von Waldflächen für die Windenergienutzung sollte unterschieden werden zwischen intensiv forstwirtschaftlich genutzten und artenarmen Waldflächen sowie solchen mit hohem Anteil standortfremder bzw. nicht heimischen Baumarten einerseits und eher extensiv genutzten und vor allem naturnahen Wäldern andererseits. In letzteren sind die waldspezifischen Ökosystemfunktionen für die Pflanzen- und Tierwelt sowie die weiteren Naturgüter in der Regel deutlich höher ausgeprägt – auch die direkt dem Klimaschutz dienende Funktion als Kohlenstoffsenke. Insgesamt weisen solche Waldflächen einen hohen naturschutzfachlichen Wert auf und sollten für die Windenergienutzung tatsächlich ausgeschlossen werden. Auch Schutz- und Erholungswälder sollten nur ausnahmsweise nutzbar sein. Für die übrigen Waldflächen nach BWaldG, vor allem solche mit starker forstlicher Prägung, sollte jedoch eine Prüfung als geeigneter Standort für Windenergieanlagen (WEA) zugelassen werden.

Naturverträgliche Windenergienutzung auch auf Waldstandorten

Unter strikter Anwendung von Vermeidungsgrundsätzen lassen sich aus unserer Sicht WEA nicht nur im Offenland, sondern auch auf Waldstandorten naturverträglich realisieren. Für die Planung und Realisierung der Anlagen sollte ein möglichst frühzeitiger Austausch der relevanten Akteure – Projektierer, behördlicher und verbandlicher Naturschutz, Wald und Forst – stattfinden und auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sollten „mitgenommen“ werden. Zudem ist auf folgende Punkte zu achten:
  • Meidung bzw. Ausschluss von Waldflächen mit altem und artenreichen Laub- und Laubmischbeständen oder solcher mit einem hohen Anteil an Höhlenbäumen;
  • vorrangige Nutzung von Kalamitätsflächen;
  • möglichst geringe Flächen- und Waldinanspruchnahme sowie Eingriffsminimierung durch frühzeitig optimierte Standortwahl und möglichst kurze Zuwegungen bzw. Nutzung bereits vorhandener Wege;
  • Minimierung von Beeinträchtigungen der Tier- und Pflanzenwelt, zum Beispiel durch Rodungs- und Bauzeitenoptimierung;
  • Einhaltung eines hinreichenden Abstands der unteren Rotorkante der WEA zur Vegetation;
  • eine sorgfältige Umweltbaubegleitung während der Errichtung der Anlage;
  • Umsetzung von artspezifischen und fachlich validen Schutzmaßnahmen sowie entsprechender Kompensationsmaßnahmen.
Bei aller berechtigten Sorge um den deutschen Wald, seine biologische Vielfalt und seine unverzichtbaren Ökosystemleistungen: Ein pauschaler Ausschluss des Waldes als Standort für die Windenergienutzung beraubt uns wichtiger Möglichkeiten, dringend benötigte Flächen für den Ausbau der erneuerbaren Energien naturverträglich zu erschließen. Einzelfallbetrachtungen sind aufwändiger als pauschale Urteile, aber wir sollten bereit sein, die Mühe auf uns zu nehmen.
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Windenergieanlage im Wald
17.02.2021

Das KNE empfiehlt: Die Nutzung von Windenergie im Wald nicht generell ausschließen

Der Thüringer Landtag hat am 18. Dezember 2020 durch eine Änderung des Thüringer Waldgesetzes beschlossen, Waldgebiete fortan wieder vollständig von der Windenergienutzung auszuschließen. Damit scheint sich eine politische Tendenz zu entwickeln, die uns nachdenklich stimmt. Aus Sicht des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende sollte die Nutzung von Waldstandorten nicht generell ausgeschlossen werden. Werden Besonderheiten bei Planung, Genehmigung, Bau und Betrieb von Windenergieanlagen umfassend beachtet, ist eine naturverträgliche Nutzung der Windenergie auch auf dafür geeigneten Waldstandorten möglich.

Wind im Wald in den Ländern

In Thüringen war im Windenergieerlass von 2016 eine behutsame Öffnung des Waldes außerhalb von nach § 9 Abs. 1 des Thüringer Waldgesetzes ausgewiesenen Schutz- und Erholungswäldern erfolgt. Waldflächen, die nicht unter diese Kategorie fielen und solche, die keine hervorgehobene Waldfunktion (z. B. für den Bodenschutz) innehatten und so als weiche Tabuzonen eingestuft waren, konnten nach Abwägung aller relevanten Belange in die regionalplanerische Vorrangflächenkulisse für die Windenergienutzung aufgenommen werden. Der 2019 veröffentlichte „Aktionsplan Wald 2030 ff.“ der Thüringer Staatskanzlei empfahl, insbesondere von Schädlingsbefall oder Windwurf betroffene Flächen zu berücksichtigen. Durch die Änderung des Thüringer Waldgesetzes ist dies nun nicht mehr möglich. Das erklärte Ziel des aktuellen Thüringer Klimagesetzes von einem Prozent der Landesfläche für die Windenergie soll fortan wieder ausschließlich auf Offenlandstandorten erreicht werden, was im waldreichen Thüringen schwierig werden dürfte. In Nordrhein-Westfalen dürfen seit Juli 2019 Waldbereiche für die Windenergie nur in Anspruch genommen werden, wenn ein Bedarf nachgewiesen ist, der nicht außerhalb von Waldbereichen realisierbar ist. Bereits seit Mai 2018 ist in Nordrhein-Westfalen der seinerzeit erste Leitfaden zur „Windenergie im Wald“ von 2012 nicht mehr anzuwenden. Angesichts der Änderungen in Thüringen und Nordrhein-Westfalen ist die Windenergienutzung auf Waldstandorten insgesamt nur noch in sechs Ländern zulässig: Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. In Niedersachsen, wo der Wald bisher tabu war, wird hingegen eine Öffnung diskutiert. Der aktuelle Entwurf des Landesraumordnungsprogramms enthält Grundsätze, die eine Öffnung des Waldes für die Windenergie vorsehen (siehe dort unter Art. 1 Nr. 1 m). Dabei sollen allerdings auch zukünftig historische alte Waldstandorte, Waldschutzgebiete und Waldgebiete in Schutzgebieten nach Naturschutzrecht ausgeschlossen bleiben. In Landschaftsschutzgebieten und Naturparken können Waldflächen geprüft werden, wobei jedoch – weiterhin – in erster Linie vorbelastete Flächen oder aus forstlicher Sicht geringwertig versorgte Standorte genutzt werden sollen (ebd.). Niedersachsen erhofft sich davon größere Spielräume bei der Flächenausweisung bei gleichzeitigem Schutz von ökologisch hochwertigen Waldflächen.

Wald ist nicht gleich Wald

In den waldreichen Mittelgebirgsregionen sind Standorte in den Tal- und Niederungslagen häufig weniger windhöffig. Zudem liegen hier Offenlandstandorte oftmals näher an den Siedlungen. Geeignete windreiche Standorte liegen hingegen in den bewaldeten Höhenlagen. Dabei ist Wald nicht gleich Wald. Im Sinne des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) ist Wald zunächst einmal „jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Als Wald gelten [somit] auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen“ (§ 2 Abs. 1 BWaldG). Im Hinblick auf eine Nutzung von Waldflächen für die Windenergienutzung sollte unterschieden werden zwischen intensiv forstwirtschaftlich genutzten und artenarmen Waldflächen sowie solchen mit hohem Anteil standortfremder bzw. nicht heimischen Baumarten einerseits und eher extensiv genutzten und vor allem naturnahen Wäldern andererseits. In letzteren sind die waldspezifischen Ökosystemfunktionen für die Pflanzen- und Tierwelt sowie die weiteren Naturgüter in der Regel deutlich höher ausgeprägt – auch die direkt dem Klimaschutz dienende Funktion als Kohlenstoffsenke. Insgesamt weisen solche Waldflächen einen hohen naturschutzfachlichen Wert auf und sollten für die Windenergienutzung tatsächlich ausgeschlossen werden. Auch Schutz- und Erholungswälder sollten nur ausnahmsweise nutzbar sein. Für die übrigen Waldflächen nach BWaldG, vor allem solche mit starker forstlicher Prägung, sollte jedoch eine Prüfung als geeigneter Standort für Windenergieanlagen (WEA) zugelassen werden.

Naturverträgliche Windenergienutzung auch auf Waldstandorten

Unter strikter Anwendung von Vermeidungsgrundsätzen lassen sich aus unserer Sicht WEA nicht nur im Offenland, sondern auch auf Waldstandorten naturverträglich realisieren. Für die Planung und Realisierung der Anlagen sollte ein möglichst frühzeitiger Austausch der relevanten Akteure – Projektierer, behördlicher und verbandlicher Naturschutz, Wald und Forst – stattfinden und auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sollten „mitgenommen“ werden. Zudem ist auf folgende Punkte zu achten:
  • Meidung bzw. Ausschluss von Waldflächen mit altem und artenreichen Laub- und Laubmischbeständen oder solcher mit einem hohen Anteil an Höhlenbäumen;
  • vorrangige Nutzung von Kalamitätsflächen;
  • möglichst geringe Flächen- und Waldinanspruchnahme sowie Eingriffsminimierung durch frühzeitig optimierte Standortwahl und möglichst kurze Zuwegungen bzw. Nutzung bereits vorhandener Wege;
  • Minimierung von Beeinträchtigungen der Tier- und Pflanzenwelt, zum Beispiel durch Rodungs- und Bauzeitenoptimierung;
  • Einhaltung eines hinreichenden Abstands der unteren Rotorkante der WEA zur Vegetation;
  • eine sorgfältige Umweltbaubegleitung während der Errichtung der Anlage;
  • Umsetzung von artspezifischen und fachlich validen Schutzmaßnahmen sowie entsprechender Kompensationsmaßnahmen.
Bei aller berechtigten Sorge um den deutschen Wald, seine biologische Vielfalt und seine unverzichtbaren Ökosystemleistungen: Ein pauschaler Ausschluss des Waldes als Standort für die Windenergienutzung beraubt uns wichtiger Möglichkeiten, dringend benötigte Flächen für den Ausbau der erneuerbaren Energien naturverträglich zu erschließen. Einzelfallbetrachtungen sind aufwändiger als pauschale Urteile, aber wir sollten bereit sein, die Mühe auf uns zu nehmen.

Weitere Veröffentlichungen des KNE zum Thema

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Rebhuhn in Wiesenlandschaft
11.02.2021

Wie steht es um den Vogelbestand in Deutschland?

Erkenntnisse aus dem Bericht „Vögel in Deutschland – Übersichten zur Bestandssituation“ (2019)

Aufgrund internationaler Konventionen und Richtlinien sowie nationaler Gesetze ist Deutschland dazu verpflichtet, regelmäßig die Bestandssituation von Vogelarten zu erfassen. Damit sollen der Erhaltungszustand und die Gefährdungssituation ermittelt und Anforderungen an Schutzmaßnahmen formuliert werden. Das moderne Vogelmonitoring muss verschiedensten Anforderungen genügen: Neben fachlich-statistischen Aspekten stehen auch die Kontrolle der zum Schutz der biologischen Vielfalt formulierten Ziele im Vordergrund. Zudem werden die Daten für die Erfüllung von Berichtspflichten internationaler Naturschutzübereinkommen und -richtlinien genutzt, wie zum Beispiel für den Bericht zur Umsetzung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie. Dieser wurde das letzte Mal im Oktober 2019 von der Bundesregierung bei der EU-Kommission eingereicht und war Anlass für die Aktualisierung von Bestandsgrößen und -trends aller in Deutschland vorkommenden Vogelarten. Der daraus entstandene Bericht „Vögel in Deutschland – Übersichten zur Bestandssituation“ (Gerlach et al. 2019) fasst den Wissensstand über die Vogelwelt Deutschlands zusammen. Datenstand des Berichts ist das Jahr 2016, so dass Bestandserfassungen nach dem Jahr 2016 dementsprechend nicht berücksichtigt sind. Die nächste Aktualisierung der Bestandssituation wird 2025 erfolgen. Zusammengestellt wurden die verwendeten Daten vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) in Zusammenarbeit mit der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN), gezählt wurden die Vögel überwiegend von Ehrenamtlichen. Tausende Vogelbeobachterinnen und Vogelbeobachter beteiligten sich an den bundesweiten Monitoringprogrammen oder gaben ihre Gelegenheitsbeobachtungen in die Online-Plattform ornitho.de ein. So konnten für alle brütenden, überwinternden und durchziehenden Vogelarten Deutschlands Bestandsgrößen und -trends beschrieben werden. Diese Daten sind nicht nur Grundlage für die nächste Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, sondern auch für die Bewertung von wesentlichen Instrumenten des Vogelschutzes und deren Wirkungen, beispielsweise Artenhilfsprogrammen, Gebietsschutz oder Agrarumweltmaßnahmen. Außerdem können die wichtigsten Einflussfaktoren in ihrer Wirkung eingeschätzt werden, dazu gehören Land- und Forstwirtschaft, Freizeitaktivitäten und die Entwicklung von Siedlungen und Verkehrswegen.

Bestandsentwicklung zahlreicher Vogelarten in Deutschland kritisch

Aus dem Bericht geht hervor, dass Deutschland mit mehr als 300 nachgewiesenen Brutvogelarten zu den artenreichsten Ländern Mitteleuropas gehört. Der Nordosten Deutschlands erweist sich dabei aufgrund vielfältigerer Landschaftsstrukturen, geringerer Landnutzungsintensität und niedrigerer menschlicher Siedlungsdichte im Vergleich zum Rest des Landes als ein besonderer Biodiversitätshotspot. Zudem wird aufgezeigt, dass in Deutschland jährlich zwischen 74 und 100 Millionen Vogelpaare brüten, summiert über alle Arten. Der Gesamtbestand aller Vögel bewegt sich damit in derselben Größenordnung wie um das Jahr 2010. Allerdings wird der größte Teil von wenigen Arten gestellt: Die Bestände der häufigsten zehn Arten summieren sich bereits zu etwa 51,5 Millionen Brutpaaren. Die häufigsten 18 Arten stellen über drei Viertel aller Vogelpaare dar. Bundesweit mit Abstand am häufigsten brüten Amsel und Buchfink mit im Mittel jeweils mehr als 8 Millionen Paaren, gefolgt von Kohlmeise und Mönchsgrasmücke. Im Zeitraum von 2004 bis 2016 nahmen die Bestände etwa eines Drittels der Brutvogelarten ab, die restlichen Arten zeigten stabile oder zunehmende Populationen. Hochrechnungen des 24-Jahres-Trends von 1992 bis 2016 zeigen allerdings, dass Deutschland in diesem Zeitraum etwa 14 Millionen Brutvogelindividuen verloren hat, vor allem im Offenland und im Siedlungsbereich in der ersten Hälfte des Zeitraums. Besonders alarmierend ist die Lage der Vogelbestände in der Agrarlandschaft. So nahmen die Bestände von Rebhuhn und Kiebitz über 24 Jahre (1992–2016) um fast 90 Prozent ab. Ähnlich dramatisch ist die Entwicklung bei den Feuchtwiesenarten Uferschnepfe und Bekassine sowie dem Braunkehlchen. Auch an den Küsten sind starke Abnahmen zu beobachten. Strandbrütende Arten wie Seeregenpfeifer und Brandseeschwalbe konnten ihre Bestände nicht stabilisieren, obwohl große Teile der Brutgebiete in Nationalparks liegen. Doch es gehen auch erfreuliche Erkenntnisse aus dem Bericht hervor: Für den Lebensraum „Wald“ zeichnet sich deutschlandweit seit etwa 2010 eine deutliche Erholung der Bestände der Populationen vieler Arten ab, etwa 1,6 Millionen Brutpaare sind dort dazugekommen. Für den Lebensraum „Siedlung“ ist eine leichte Erholung, wahrscheinlich aufgrund der zunehmenden Begrünung der Städte, zu erkennen. Die positive Bestandsentwicklung einiger ehemals in Deutschland stark gefährdeter Brutvogelarten wie Kranich, Schwarzstorch oder Seeadler zeigt, dass aufgrund intensiver Schutzbemühungen auch Erfolge in der Fläche außerhalb von Schutzgebieten erreicht werden können. Auch der Bestand der Großtrappe in Deutschland wächst nach Jahrzehnten des Rückgangs. In den letzten zwei Jahrzehnten hat er sich vervierfacht, laut Bericht sind die inzwischen wieder über 230 Großtrappen zu fast 100 Prozent in EU-Vogelschutzgebieten konzentriert. Insgesamt zeigen die Ergebnisse jedoch, dass sich die negativen Entwicklungen im Hinblick auf die Veränderungen der Vogelwelt weiter fortsetzen und eine umfassende Kehrtwende trotz einiger Erfolge im Vogelschutz weiterhin aussteht. Die Autorinnen und Autoren des Berichts weisen deshalb darauf hin, dass eine Verstärkung der naturschutzpolitischen Anstrengungen aus diesen Gründen dringend erforderlich ist.
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Drei Windenergieanlagen bei Nacht mit Beleuchtung, Foto: © sunsand-stock.adobe.com
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05.02.2021

Anlockwirkung von Windenergieanlagen auf nachtaktive Insekten

Das Naturkundemuseum Karlsruhe hat Ende Januar eine Studie zu Auswirkungen von Beleuchtung an Windenergieanlagen auf nachtaktive Insekten veröffentlicht. Die Forschungsgruppe hatte an einer Windenergieanlage bei Karlsruhe Lichtfallen auf einer Höhe von etwa 100 Metern als auch am Boden angebracht, um die Anlockwirkung dieser Anlage auf nachtaktive Insekten zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass die Menge der durch die Beleuchtung angelockten Insekten in 100 Meter Höhe sehr gering war. In der Referenzfalle am Boden war die Anzahl der festgestellten im jahreszeitlichen Verlauf nahezu normal verteilt. Eine zur Kontrolle der geringen Fangzahlen auf der Windenergieanlage angebrachte Klebefalle im Juni und Juli sowie die Verlängerung der Beprobungszeiträume bestätigten die geringe Insektenaktivität auf der Windenergieanlage. Laut Forschungsteam lassen die Ergebnisse der Untersuchung den Schluss zu, dass Windenergieanlagen keine Bedeutung bezüglich des aktuellen Insektensterbens haben. Bezüglich der Zusammensetzung der dokumentierten Insekten in der Höhe und der Referenzfalle am Boden zeigten sich Unterschiede. So waren in der Höhe viel Kleininsekten, wie beispielsweise Zikaden, Wanzen und Kurzflügler zu finden, während am Boden die Nachtfalter dominant waren. Lesen sie auch die KNE-Wortmeldung zum Insektenrückgang und Windenergieanlagen.
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Screenshot Länderkarte Mecklenburg-Vorpommern zur Struktur der erneuerbaren Energieträger
29.01.2021

KNE-Länderkompass: Neue Zahlen, Daten und Fakten zur Energiewende in den Bundesländern

Welches Bundesland ist führend in der Windenergie? Welches in der Solarenergie? Welche Länder liegen mit ihrer Gesamtleistung aller Erneuerbaren gleich auf?

In Niedersachen sind weiterhin die meisten Windenergieanlagen (6.377) mit einer Gesamtleistung von 12,25 Gigawatt installiert. Auf Platz zwei liegt ebenfalls unverändert Brandenburg mit 3.893 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 7,5 Gigawatt. Insgesamt gab es seit September 2020 im Mittel wenig Veränderungen im Zubau der erneuerbaren Energien, die Anlagenanzahl nahm über alle Bundesländer in der Photovoltaik um 5 Prozent zu. Dabei verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern mit einer Steigerung der Anzahl der Freiflächen-Photovoltaik um 13 Prozent auf 274 mit einer Gesamtleistung von 0,6 Gigawatt größten Zuwachs. Bayern beherbergt weiterhin die meisten Wasserkraftwerke (3.535) mit einer Leistung von rund zwei Gigawatt, die meisten Anlagen für Biomasse (4.187) mit einer Leistung von 1,7 Gigawatt und die meisten Solaranlagen. Es sind über eine halbe Million bauliche Photovoltaikanlagen (580.227) mit einer Gesamtleistung von 10,86 Gigawatt und über 3.000 Freiflächenanlagen mit einer Leistung von 3,21 Gigawatt über das Bundesland verteilt, deren Anzahl nahm in Bayern seit September 2020 um 12 Prozent zu.

Der KNE-Länderkompass

Der KNE-Länderkompass informiert mit neusten Zahlen und Fakten – unter anderem zu Entwicklungen, installierter Bruttoleistung, Zielsetzungen in den einzelnen Bundesländern – und gibt einen Ein- und Überblick über die Umsetzung der naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Individuell für jedes der dreizehn Flächenländer werden der Stand der Umsetzung der Energiewende, die Flächennutzung sowie die Ausweisung der entsprechenden Schutzgebiete dargestellt.
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