Meldungen

Illustration Lupe auf gruenem Grund.
20.08.2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 08/21

Aktuelles aus den Ländern und von der Bundesregierung

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Bayern

Der bayrische Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Beihilfefähigkeit von Freiflächen-PV befasst. In einem Fall entschied es, dass mit Schafen beweidetes Grünland unter aufgeständerten Freiflächen-Photovoltaikanlagen als landwirtschaftlich genutzte Flächen gelten und beihilfefähig sind. Das Land Bayern, das Bundeslandwirtschaftsministerium und andere Bundesländer lehnen diese Entscheidung ab und plädieren wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage dafür, dass Bayern gegen die Entscheidung vorgeht. Es ist zunächst eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erforderlich, da der Verwaltungsgerichtshof die Revision nicht zugelassen hat (VGH München, Urteil v. 01.06.2021 – 6 BV 19.98).

Sachsen

Über den Stand des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Freistaat Sachsen informiert die Bundesregierung auf Bundestag-Drucksache 19/31523 in Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bünbdnis 90/Die Grünen. 2020 gab es im Bereich der PV-Anlagen bis 10 Kilowatt 5.900 Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamt-Bruttoleistung von 39,5 Megawatt. Bei den Anlagen über 10 bis 30 Kilowatt waren es 486 Anlagen mit 10,4 Megawatt. Bei den Anlagen über 30 bis 100 Kilowatt: 259 Anlagen mit 18 Megawatt. Über 100 Kilowatt: 349 Anlagen mit 178,5 Megawatt. Insgesamt wurden in den letzten zehn Jahren 6.994 PV-Anlagen in Betrieb genommen, mit einer Bruttoleistung von 246,3 Megawatt. Im Bereich der Windenergieanlagen an Land gab es 2020 bei den Anlagen über 750 Kilowatt 1 Inbetriebnahme, und eine installierte Bruttoleistung von 8,1 Megawatt. Im Bereich der Biomasse- und Biogasanlagen wurden in den letzten fünf Jahren folgender Netto-Zubau in Megawatt (MW) erreicht: 2015: 4 MW, 2016: -19 MW, 2017: -11 MW, 2018: 9,0 MW, 2019: 4,3 MW. Aktuelle Daten zur Anzahl der Arbeitsplätze in der Branche der erneuerbaren Energien im Freistaat Sachsen liegen der Bundesregierung nicht vor.

Niedersachsen

Entscheidungen über die Genehmigung von Erneuerbare-Energien-Anlagen auf, an oder in Kulturdenkmalen obliegen den unteren Denkmalschutzbehörden. Das niedersächsische Ministerium für Wirtschaft und Kultur (MWK) wird seinen aus dem Jahre 2003 stammenden diesbezüglichen Erlass durch einen neuen „Runderlass zum Umgang mit Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien bei der Anwendung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes“ ersetzen. Dieser geht in Kürze ins Mitzeichnungsverfahren der Landesregierung. Zumindest bis neue Technologien eine Marktreife erreicht haben, die ihre Verwendung wirtschaftlich im Bereich des Denkmalschutzes darstellbar zulässt, müssten, so die Landesregierung in der schriftlichen Beantwortung einer Kleinen Anfrage von Abgeordneten der GRÜNEN-Fraktion (Drucksache 18/9530), Lösungen gefunden werden, wie Baudenkmäler in einem wirtschaftlich sinnvollen Umfang mit den derzeit marktbeherrschenden aufgeständerten dunklen PV-Modulen – ohne die berechtigten Interessen des Denkmalschutzes übermäßig zu beeinträchtigen – ausgestattet werden können. Das MWK und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege haben eine Arbeitsgruppe berufen, der Architektenkammer, Ingenieurskammer, das Institut für Solarforschung, die TU Braunschweig sowie die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen angehören.

Baden-Württemberg

Mit der Freiflächen-Photovoltaik auf aufgelassenen Weinbergen befasst sich das baden-württembergische Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Stellungnahme zu einem Antrag der FDP/DVP-Fraktion auf Drucksache 17/205. Aufgelassene Weinberge liegen, so das MELV, häufig in sehr steilem Gelände, was die Installa­tion von PV-Anlagen und Stromleitungen erschwere und teuer mache. Auch die Pflege der Fläche unter den Modu­len wäre aufwendig und teuer. Bei PV-Anlagen in Steillagen könnten sich aufgrund des geneigten Win­kels der Fläche in Kombination mit der für Weinberge üblichen Ausrichtung nach Süden Vorteile ergeben. Die Lüftung der Module könne jedoch behindert werden. Aus weinbaulicher Sicht sei die Nutzung von Ertragsweinbergen zur Gewinnung von Solarenergie interessant, da hier bereits Spalieranlagen vorhanden seien, auf die PV-Module installiert werden könnten. Inwieweit die Produktivität von Weinbergen und die Traubenqualität auf den mit PV-Modulen aus­gestatteten Flächen beeinflusst werde, sei derzeit Bestandteil von Forschungsarbei­ten. Aus weinbaulicher Sicht seien aufgegebene Weinberge kritisch zu betrachten. Hier könnten PV-Anlagen einen Beitrag zur Fortführung der Pflege leisten.

Bundesregierung

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestags-Fraktion der FPD auf Drucksache 19/30853 hat die Bundesregierung die Situation der Energiespeicher in Deutschland, einschließlich geplanter Projekte und der Forschung, dargestellt. 2019 waren an das deutsche Netz Pumpspeicherkraftwerke (darunter auch welche aus Österreich und Luxemburg) mit einer Netto-Nennleistung von zirka 11,3 Gigawatt angeschlossen, deren Gesamtkapazität bei rund 40 Gigawattstunden liegt. 7 neue Pumpspeicherkraftwerke befinden sich in Planung. Die Kapazität aller Batteriegroßspeicher in Deutschland (2020 waren 13 gemeldet) wird auf insgesamt rund 450 Megawattstunden geschätzt. Der Bestand an Heimspeichern wuchs im Jahre 2020 auf 285.000 mit einer Gesamtleistung von 2,3 Gigawattstunden. Davon sind aktuell 235.000 Batteriespeicher im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur registriert. Die Gesamtleistung der registrierten Haushaltsspeicher (mit einer Kapazität von bis zu 20 Kilowattstunden) liegt derzeit bei rund 2 Gigawattstunden. Für die Erdgasspeicherung standen Ende 2019 in Deutschland insgesamt 47 Speicheranlagen mit einem nutzbaren Arbeitsgasvolumen von 23,9 Milliarden Kubikmeter zur Verfügung.
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16.08.2021

„Die Klimakrise erfordert schnellere Genehmigungen erneuerbarer Energien“ – BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter zu Gast im KNE-Podcast

„Angesichts der Klimakrise brauchen wir einen deutlich schnelleren Ausbau aller erneuerbarer Energien und eine Verkürzung von Genehmigungsverfahren. Bis Herbst erwarten wir daher klare Ergebnisse, was die Vereinheitlichung von Naturschutzstandards beim Ausbau der Windenergie betrifft. So bekommen wir mehr Verlässlichkeit für den Naturschutz und mehr Planungssicherheit für die Branche“, erklärt Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) in einer neuen Folge des Podcasts „Naturschutz und Energiewende“. Im Gespräch mit Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) und KNE-Geschäftsführer Michael Krieger geht es um die Frage, wie Klima- und Artenschutz versöhnt werden können – und um die Person hinter der Präsidentin. „Klimaschutz steht nicht über anderen Themen, ist aber von zentraler Bedeutung und muss mit anderen Politikbereichen viel stärker verwoben werden“, so die frühere Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ehemalige Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr des Saarlandes. Der Dialog zwischen Naturschutz und Energiewende sei heute besser geworden. Mitunter gerate die sachliche Frage jedoch aus dem Fokus und der Naturschutz werde von Gegnern der Energiewende für ihren Protest instrumentalisiert. Daher brauche es verbindlichere und standardisierte Kenngrößen im Rahmen der Genehmigungsverfahren. Um die Ziele des Klimaschutzgesetzes zu erfüllen, müsse der Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor nach Berechnungen des BEE bis 2030 auf 80 Prozent steigen. Von der nächsten Bundesregierung erwartet Peter, dass der Ausbau aller erneuerbaren Energien deutlich beschleunigt und ein integrierter Plan für die bürgernahe Energiewende vorgelegt wird – vom Netzausbau über die Flächenausweisung bis zur Energiewende im Wärme- und Mobilitätssektor. Auch die Bundesländer seien in der Pflicht, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten und landespolitische Hürden zu beseitigen. Foto: BEE
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Sreenshot Videokonferenz Energy Transition Forum Korea
10.08.2021

Fachaustausch mit dem Energy Transition Forum Korea

Nachdem das KNE in den vergangenen Jahren bereits mehrfach Anfragen aus Südkorea erhalten hat, ergab sich ein erneuter Austausch mit dem Energy Transition Forum Korea. Bereits im vergangenen Herbst wurde das KNE zu einem digitalen Workshop eingeladen und der aktuelle Austausch diente der Vertiefung hinsichtlich des Spannungsfeldes Naturschutz und Energiewende. Im Mittelpunkt standen die Lösungsstrategien des KNE bei der Bewältigung von Konflikten beim naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Besonders interessierten sich die Gesprächspartner dabei für die konkrete Ausgestaltung von Bürgerversammlungen und die Rolle von Umweltorganisationen in Moderations- und Mediationsverfahren. Michael Krieger, KNE-Geschäftsführer, betonte: "Im Mittelpunkt einer jeden Konfliktlösung stehen neben der Konzeption des Energiewendeprojekts die Emotionen. Es ist zentrale Aufgabe zuzuhören und hinzuhören, wenn Einwände und Anliegen eingebracht werden. Oftmals wird sich zu sehr darauf beschränkt, lediglich Informationen zu verteilen. Es ist aber genauso wichtig, die Menschen emotional zu erreichen." Das Energy Transition Forum Korea arbeitet mit der Universität Seoul zusammen und ist im Auftrag des Energieministeriums Korea tätig. Geplant ist es, das Forum zu einer Art „südkoreanischem KNE“ weiterzuentwickeln. Es wurde daher vereinbart weiter in Kontakt zu bleiben.
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Titelbild K21-Artikel Fledermausland
10.08.2021

Fledermausland – Fledermausschutz und Energiewende sind möglich

Warum das Spannungsfeld zwischen Fledermausschutz und Energiewende überwunden werden kann

Energiewende und Fledermäuse – das ist ein emotionsgeladenes Themenfeld. Der Ausbau der Erneuerbaren muss jedoch nicht zu Lasten dieser äußerst erfolgreichen und weltweit verbreiteten Tiergruppe gehen. Bereits jetzt sind Verfahren zur Abmilderung der Effekte wie des Schlags von Fledermäusen oder des Lebensstättenverlustes bekannt. Viele Fragestellungen bedürfen noch einer vertieften Beschäftigung. Dennoch können unter Einbezug von aktuellem Wissen konsensfähige Lösungen gefunden werden. Ein Beitrag im KNE-Jahbuch K 21 widmet sich ausführlich dieser Thematik. Die Autoren Markus Melber und Dr. Volker Runkel vom Bundesverband für Fledermauskunde Deutschland leuchten in Ihrem Beitrag das Spannungsfeld zwischen Fledermausschutz und Energiewende aus und geben einen Einblick in die überaus interessante Biologie der Tiere. Angesichts der bereits bestehenden Schutzmöglichkeiten sind beide Autoren zuversichtlich, dass konsensfähige Lösungen gefunden werden können. K 21 – Naturschutz und Energiewende gemeinsam voranbringen. Der Handlungsdruck auf den Klimaschutz wächst, aber auch die Biodiversitätskrise fordert großes Engagement. In die Debatte um eine naturverträgliche Energiewende ist viel Bewegung gekommen, gemeinsame Lösungen werden gebraucht. Das 163 Seiten starke Jahrbuch  beleuchtet diese Problematik anhand zehn aktueller Handlungsfelder und Beispiele und will die Debatte weiter voranbringen und Lösungsansätze aufzeigen. Die Vielfalt der Beiträge der Autorenschaft spiegelt dabei die Spannbreite und die Komplexität der Anforderungen wider.
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08.08.2021

Erstes Kamerasystem zur Vermeidung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen reif für die Praxis

Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende hat am 7. Juli ein digitales Fachgespräch zu Antikollisionssystemen an Windenergieanlagen durchgeführt, an dem es mit 160 Teilnehmenden ein sehr reges Interesse gab. Dabei hatten sieben Hersteller die Möglichkeit den aktuellen Stand ihrer Erprobungen zu präsentieren. Zu den Ergebnissen des Fachgesprächs äußerte sich Dr. Elke Bruns, Abteilungsleiterin beim KNE: „Mit IdentiFlight® hat der erste Hersteller bewiesen, dass sein Antikollisionssystem eine geeignete Schutzmaßnahme darstellt, um das Tötungsrisiko für den Rotmilan auf ein nicht signifikantes Maß zu senken. Das System ist damit reif für die Praxis, doch es bleibt noch viel tun. Wir hoffen, dass weitere Systemanbieter schnell nachziehen und ebenfalls nachweisen können, wie sie die Senkung von Kollisionsrisiken gewährleisten.” Dr. Marc Reichenbach, geschäftsführender Gesellschafter der ARSU GmbH, bestätigte in seinem Gutachten: „Wir haben IdentiFlight® an sechs deutschen Standorten erprobt. Für den Rotmilan konnten wir eine Erfassungsreichweite von 750 m, eine mittlere Erfassungsrate von 92 % und eine Erkennungsrate von bis zu 97,5 % nachweisen.“ Positiv ist, dass Antikollisionssysteme mittlerweile auch im Süden Deutschlands getestet werden, wo die topografischen Bedingungen besonders anspruchsvoll sind, resümierte Bruns. Das KNE verfolgt bereits seit seiner Gründung vor mehr als fünf Jahren das Potenzial von Kamera- und Radarsystemen zum naturverträglichen Ausbau der Windenergie und hat die Debatte durch einen regelmäßigen Fachaustausch, Publikationen und praxisorientierte Anforderungsprofile vorangebracht. Neben der offenen Frage, wie und durch wen eine technische Zertifizierung stattfinden könnte, sollte es im nächsten Schritt nun darum gehen, eine Anerkennung von Antikollisionssystemen in den Artenschutz-Länderleitfäden zu prüfen. Im aktuellen Entwurf des sächsischen Leitfadens, der sich derzeit in der Konsultation befindet, sind Antikollisionssysteme erstmals als regelmäßig zu prüfende Vermeidungsmaßnahme genannt. Die Formulierung ist unter anderem an die vom KNE im Rahmen eines Forschungsberichts entwickelten Mindestanforderungen angelehnt. Hintergrund Antikollisionssysteme haben das Potenzial signifikant erhöhte Tötungsrisiken so weit zu verringern, dass der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand nicht erfüllt wird. Bei ausreichender Leistungsfähigkeit können sie eine Alternative zu einer pauschalen Abschaltung während der Brutzeit darstellen. Durch die automatische bedarfsgerechte Abschaltung mittels Antikollisionssystemen können die Einbußen in der Stromproduktion im Vergleich zu einer pauschalen Abschaltung deutlich verringert werden. Antikollisionssysteme werden erst in einzelnen Länderleitfäden unter dem Vorbehalt weiterer Erprobungen als mögliche Schutzmaßnahme aufgeführt. Das KNE hat ein Anforderungsprofil für eine fachlich valide Erprobung entwickelt. Twitter: @KNE_tweet. Der KNE-YouTube-Kanal. Der KNE-Podcast. Der KNE-Newsroom im Presseportal.
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01.08.2021

„Die Klimakrise erfordert schnellere Genehmigungen erneuerbarer Energien“

„Angesichts der Klimakrise brauchen wir einen deutlich schnelleren Ausbau aller erneuerbarer Energien und eine Verkürzung von Genehmigungsverfahren. Bis Herbst erwarten wir daher klare Ergebnisse, was die Vereinheitlichung von Naturschutzstandards beim Ausbau der Windenergie betrifft. So bekommen wir mehr Verlässlichkeit für den Naturschutz und mehr Planungssicherheit für die Branche“, erklärt Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) in einer neuen Folge des Podcasts „Naturschutz und Energiewende“. Im Gespräch mit Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) und KNE-Geschäftsführer Michael Krieger geht es um die Frage, wie Klima- und Artenschutz versöhnt werden können – und um die Person hinter der Präsidentin. „Klimaschutz steht nicht über anderen Themen, ist aber von zentraler Bedeutung und muss mit anderen Politikbereichen viel stärker verwoben werden“, so die frühere Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ehemalige Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr des Saarlandes. Der Dialog zwischen Naturschutz und Energiewende sei heute besser geworden. Mitunter gerate die sachliche Frage jedoch aus dem Fokus und der Naturschutz werde von Gegnern der Energiewende für ihren Protest instrumentalisiert. Daher brauche es verbindlichere und standardisierte Kenngrößen im Rahmen der Genehmigungsverfahren. Um die Ziele des Klimaschutzgesetzes zu erfüllen, müsse der Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor nach Berechnungen des BEE bis 2030 auf 80 Prozent steigen. Von der nächsten Bundesregierung erwartet Peter, dass der Ausbau aller erneuerbaren Energien deutlich beschleunigt und ein integrierter Plan für die bürgernahe Energiewende vorgelegt wird – vom Netzausbau über die Flächenausweisung bis zur Energiewende im Wärme- und Mobilitätssektor. Auch die Bundesländer seien in der Pflicht, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten und landespolitische Hürden zu beseitigen. Der KNE-Podcast Das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren.
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Illustration Lupe auf gruenem Grund.
29.07.2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 07/21

Aktuelles aus Bayern, dem BfN und der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Bayern

Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie hat auf Drucksache 18/16046 den Stand des bayrischen Windenergieausbaus ausgewiesen. Wurden 2013 noch 400 Genehmigungsanträge gestellt, 174 Anlagen genehmigt und 94 in Betrieb genommen, waren es 2020 nunmehr drei Anträge, vier Genehmigungen und acht Inbetriebnahmen. Im ersten Quartal 2021 wurde kein Genehmigungsantrag für eine Windenergieanlage gestellt, vier Anlagen wurden genehmigt. Die drei Kommunen Metten in Niederbayern, Oberschönegg in Schwaben und Eggolsheim in Oberfranken haben nach intensiver Beratung durch die jeweiligen Windkümmerer auf eigene Initiative das Projekt Windkümmerer wieder verlassen. Gründe dafür waren Bürgerproteste oder zu geringe Windgeschwindigkeit. Eine Veröffentlichung der Potenzialanalyse für Windenergieanlagen ist nach Auskunft des Ministeriums nicht vorgesehen. Der Windenergieerlass soll in puncto Artenschutz aktualisiert und ergänzt werden. Detektionssysteme sollen dort jedoch nicht aufgenommen werden, diese könnten bei hinreichender Wirksamkeit unabhängig von der Nennung im Erlass eingesetzt werden.

Bundesamt für Naturschutz

Die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten hat „Fachliche Empfehlungen für die avifaunistische Erfassung und Bewertung bei Windenergie-Genehmigungsverfahren (Brutvögel)“ (BfN-Skript 602) herausgegeben. Sie bieten eine Hilfestellung für eine nachvollziehbare Sachverhaltsermittlung bei Genehmigungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen. Im Rahmen der Zuständigkeiten der Länder können Anpassungen an das vorkommende Artenspektrum und die regionale Habitatausstattung vorgenommen werden. Die vorgeschlagenen Methoden beziehen sich auf die Erfassung und Bewertung der Brutvorkommen von horst- bzw. reviertreuen Vogelarten, so dass eine Einschätzung des artenschutzrechtlichen Konfliktpotenzials möglich ist. Dabei wird davon ausgegangen, dass eine Unterschreitung der empfohlenen Mindestabstände (LAG VSW 2015) regelmäßig die Prüfung von Vermeidungsmaßnahmen zur Minderung von Umweltwirkungen zur Folge hat. Die Fachempfehlung enthält zudem ein Ablaufschema als Entscheidungshilfe zur Einschätzung der erforderlichen Untersuchungstiefe in der artenschutzrechtlichen Prüfung und untersetzt die vorgeschlagenen Methoden mit konkreten Beispielskizzen.

Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde

Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) erforscht und erprobt in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) sensorbasierte automatische Vogeldetektionssysteme. Diese sollen verhindern, dass geschützte Greif- und Großvogelarten durch den Betrieb von Windenergieanlagen verletzt werden. Das Projekt ist im Juni gestartet und läuft bis Ende 2022. Auftraggeber ist das Energieministerium des Landes Brandenburg, das das Projekt mit rund 1,8 Millionen Euro unterstützt. Ziel ist es, künftig fernerkundungsbasierte Vogeldetektionssysteme wie Radarsensoren oder RGB-Kamerasysteme in konfliktbehafteten Gebieten in Brandenburg einsetzen zu können. Bislang gibt es nur geringe Kenntnisse über die technische Leistungsfähigkeit der marktfähigen und operationellen Systeme. In dem jetzt angelaufenen Projekt sollen deren Genauigkeit und Zuverlässigkeit empirisch nachgewiesen werden. Außerdem sollen sie an konkreten und für Brandenburg charakteristischen Standorten erprobt werden.
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15.07.2021

KNE-Podcast: Von Walen und Wäldern: Artenschutz mit Algorithmen?

Welche Chancen bietet die Digitalisierung für eine naturverträgliche Energiewende? Diese Frage diskutierten Michael Krieger und Dr. Mathis Danelzik vom KNE im Rahmen des 35. Deutschen Naturschutztages mit Alexander Britz von Microsoft Deutschland in einem Live-Podcast am 31. Mai 2021. Nun steht der Podcast zum "Nachhören" zur Verfügung. Smarte Technologien sind in vielen Lebensbereichen bereits allgegenwärtig – und die Digitalisierung wird auch beim Naturschutz immer bedeutsamer. So ist intelligente Software zum Beispiel bereits heute in der Lage, Satellitenbilder zu nutzen, um migrierende Wale anhand ihrer Fluke zu identifizieren und ihre Wege durch die Weltmeere aufzuzeichnen. Dadurch können wertvolle Daten zu den Auswirkungen des Klimawandels auf das Verhalten der Tiere gewonnen werden. Auch beim Schutz der Wälder können digitale Technologien einen wichtigen Beitrag liefern.  Alexander Britz stellt im Gespräch den von Microsoft initiierten „Planetary Computer“ vor – eine maschinelle Lernplattform, die eine riesige Menge offener Daten aufbereitet. Das KNE auf dem Deutschen Naturschutztag 2021 Vom 31. Mai bis zum 2. Juni 2021 fand der 35. Deutsche Naturschutztag mit digitalen Fachforen und Side-Events sowie einem hybriden Live-Event statt. Das KNE beteiligte sich mit einer digitalen Ausstellung zur Konfliktklärung beim Ausbau erneuerbarer Energien und einem Live-Podcast.
  • Weitere Informationen finden Sie hier.
Fragen oder Anregungen gern an podcast@naturschutz-energiewende.de. Folgen Sie uns auf Twitter: @KNE_tweet. Abonnieren Sie unseren YouTube-Kanal.
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KNE-Jahrbuch_K21-quer_Copyright-KNE-gGmbH-2-300x194
13.07.2021

Neues KNE-Jahrbuch

K 21 zeigt Wege, Naturschutz und Energiewende gemeinsam voranzubringen Um die Klimaziele zu erreichen, muss der Ausbau erneuerbarer Energien deutlich beschleunigt werden. Doch wie kann es gelingen, dass davon nicht nur das Klima, sondern auch der Naturschutz profitiert? Das neue 163 Seiten starke Jahrbuch „K 21 – Naturschutz und Energiewende gemeinsam voranbringen“ des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) beantwortet diese Frage anhand zehn aktueller Handlungsfelder und Beispiele. „In die Debatte um eine naturverträgliche Energiewende ist viel Bewegung gekommen. Der Handlungsdruck auf den Klimaschutz wächst, aber auch die Biodiversitätskrise fordert unser aller Engagement. Gemeinsame Lösungen werden gebraucht, und es gibt interessante Impulse gerade auch von Seiten der Umweltorganisationen. Mit unserem Jahrbuch wollen wir diese Debatte weiter voranbringen und aufzeigen, wie naturverträgliche Energiewende konkret möglich ist“, so KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke. Zu den zehn Beiträgen
  • Verena Bax und Dr. Raphael Weyland vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordern eine konkrete EU-Strategie für die naturverträgliche Energiewende, um Naturschutzbelange auf europäischer Ebene endlich stärker zu berücksichtigen.
  • KNE-Redakteurin Anke Ortmann berichtet von einem KNE-Podcast mit Jochen Flasbarth: Wie hat sich in der persönlichen Wahrnehmung des Staatssekretärs im Bundesumweltministerium das Verhältnis von Energiewende und Natur- und Artenschutz entwickelt? Und gelingt es, Konflikte vor Ort zu klären?
  • Wie sich die Photovoltaik (PV) auf Natur und Landschaft auswirkt, beleuchtet KNE-Expertin Natalie Arnold. Sie zeigt unterschiedliche Anwendungen auf – von Gebäude-PV über Solarparks bis hin zu schwimmender PV.
  • Dr. Silke Christiansen, Leiterin Recht des KNE, beschäftigt sich mit dem Konflikt zwischen Klima- und Artenschutz in Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen. Weitere konkrete Vorgaben für Planung und Genehmigung könnten helfen, diesen Konflikt rechtssicher aufzulösen.
  • Das Spannungsfeld zwischen Fledermausschutz und Energiewende leuchten Markus Melber und Dr. Volker Runkel vom Bundesverband für Fledermauskunde Deutschland aus. Angesichts der bereits bestehenden Schutzmöglichkeiten sind beide Autoren zuversichtlich, dass konsensfähige Lösungen gefunden werden können.
  • Dr. Peter Sittig-Behm und Julia Hilkenbach von der Kanzlei prometheus gehen auf das hochaktuelle Thema Repowering ein. Sie sind überzeugt, dass Repoweringvorhaben eine Verbesserung der artenschutzrechtlichen Situation im Vergleich zur Bestandssituation mit sich bringen können.
  • Die Brandenburger Umwelt-Staatssekretärin Silvia Bender gewährt einen Einblick in die politische Praxis Brandenburgs, Klimapolitik, Energiewende und Artenschutz zu verbinden. Sie schildert eindrücklich, dass sich die Klimakrise bereits heute verheerend auf die Artenvielfalt in Brandenburg auswirkt.
  • Mit den dezentralen Erneuerbare-Energien-Anlagen verändert sich auch das Landschaftsbild. Prof. Dr. Dr. Olaf Kühne und Dr. Corinna Jenal von der Karls Universität Tübingen zeigen auf, wie stark unser Verhältnis zu Landschaften sozial konstruiert ist.
  • KNE-Geschäftsführer Michael Krieger blickt auf die Energiewende in Indien. Da der indische Subkontinent Biodiversitäts-Hotspot ist, ist die naturverträgliche Energiewende hier eine besondere Herausforderung.
  • Das K 21 endet mit einer globalen, nationalen und regionalen Betrachtung von Forscherinnen und Forschern des Forschungszentrums Jülich zur Wasserstoffnutzung.
Zum KNE-Jahrbuch: K 21 – Naturschutz und Energiewende gemeinsam voranbringen.
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13.07.2021

Neues KNE-Jahrbuch K 21

Um die Klimaziele zu erreichen, muss der Ausbau erneuerbarer Energien deutlich beschleunigt werden. Doch wie kann es gelingen, dass davon nicht nur das Klima, sondern auch der Naturschutz profitiert? Das neue 163 Seiten starke Jahrbuch „K 21 – Naturschutz und Energiewende voranbringen“ des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) beantwortet diese Frage anhand zehn aktueller Handlungsfelder und Beispiele. „In die Debatte um eine naturverträgliche Energiewende ist viel Bewegung gekommen. Der Handlungsdruck auf den Klimaschutz wächst, aber auch die Biodiversitätskrise fordert unser aller Engagement. Gemeinsame Lösungen werden gebraucht, und es gibt interessante Impulse gerade auch von Seiten der Umweltorganisationen. Mit unserem Jahrbuch wollen wir diese Debatte weiter voranbringen und aufzeigen, wie naturverträgliche Energiewende konkret möglich ist“, so KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke.

Zu den zehn Beiträgen

  • Verena Bax und Dr. Raphael Weyland vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordern eine konkrete EU-Strategie für die naturverträgliche Energiewende, um Naturschutzbelange auf europäischer Ebene endlich stärker zu berücksichtigen.
  • KNE-Redakteurin Anke Ortmann berichtet von einem KNE-Podcast mit Jochen Flasbarth: Wie hat sich in der persönlichen Wahrnehmung des Staatssekretärs im Bundesumweltministerium das Verhältnis von Energiewende und Natur- und Artenschutz entwickelt? Und gelingt es, Konflikte vor Ort zu klären?
  • Wie sich die Photovoltaik (PV) auf Natur und Landschaft auswirkt, beleuchtet KNE-Expertin Natalie Arnold. Sie zeigt unterschiedliche Anwendungen auf – von Gebäude-PV über Solarparks bis hin zu schwimmender PV. Dr. Silke Christiansen, Leiterin Recht des KNE, beschäftigt sich mit dem Konflikt zwischen Klima- und Artenschutz in Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen. Weitere konkrete Vorgaben für Planung und Genehmigung könnten helfen, diesen Konflikt rechtssicher aufzulösen.
  • Das Spannungsfeld zwischen Fledermausschutz und Energiewende leuchten Markus Melber und Dr. Volker Runkel vom Bundesverband für Fledermauskunde Deutschland aus. Angesichts der bereits bestehenden Schutzmöglichkeiten sind beide Autoren zuversichtlich, dass konsensfähige Lösungen gefunden werden können.
  • Dr. Peter Sittig-Behm und Julia Hilkenbach von der Kanzlei prometheus gehen auf das hochaktuelle Thema Repowering ein. Sie sind überzeugt, dass Repoweringvorhaben eine Verbesserung der artenschutzrechtlichen Situation im Vergleich zur Bestandssituation mit sich bringen können.
  • Die Brandenburger Umwelt-Staatssekretärin Silvia Bender gewährt einen Einblick in die politische Praxis Brandenburgs, Klimapolitik, Energiewende und Artenschutz zu verbinden. Sie schildert eindrücklich, dass sich die Klimakrise bereits heute verheerend auf die Artenvielfalt in Brandenburg auswirkt.
  • Mit den dezentralen Erneuerbare-Energien-Anlagen verändert sich auch das Landschaftsbild. Prof. Dr. Dr. Olaf Kühne und Dr. Corinna Jenal von der Karls Universität Tübingen zeigen auf, wie stark unser Verhältnis zu Landschaften sozial konstruiert ist. KNE-Geschäftsführer Michael Krieger blickt auf die Energiewende in Indien. Da der indische Subkontinent Biodiversitäts-Hotspot ist, ist die naturverträgliche Energiewende hier eine besondere Herausforderung.
  • Das K 21 endet mit einer globalen, nationalen und regionalen Betrachtung von Forscherinnen und Forschern des Forschungszentrums Jülich zur Wasserstoffnutzung.
Zum Jahrbuch K 21 als eBook.
Das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren.
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08.07.2021

Erstes Kamerasystem zur Vermeidung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen reif für die Praxis

Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende hat am 7. Juli ein digitales Fachgespräch zu Antikollisionssystemen an Windenergieanlagen durchgeführt, an dem es mit 160 Teilnehmenden ein sehr reges Interesse gab. Dabei hatten sieben Hersteller die Möglichkeit den aktuellen Stand ihrer Erprobungen zu präsentieren. Zu den Ergebnissen des Fachgesprächs äußerte sich Dr. Elke Bruns, Abteilungsleiterin beim KNE: „Mit IdentiFlight® hat der erste Hersteller bewiesen, dass sein Antikollisionssystem eine geeignete Schutzmaßnahme darstellt, um das Tötungsrisiko für den Rotmilan auf ein nicht signifikantes Maß zu senken. Das System ist damit reif für die Praxis, doch es bleibt noch viel tun. Wir hoffen, dass weitere Systemanbieter schnell nachziehen und ebenfalls nachweisen können, wie sie die Senkung von Kollisionsrisiken gewährleisten.” Dr. Marc Reichenbach, geschäftsführender Gesellschafter der ARSU GmbH, bestätigte in seinem Gutachten: „Wir haben IdentiFlight® an sechs deutschen Standorten erprobt. Für den Rotmilan konnten wir eine Erfassungsreichweite von 750 m, eine mittlere Erfassungsrate von 92 % und eine Erkennungsrate von bis zu 97,5 % nachweisen.“ Positiv ist, dass Antikollisionssysteme mittlerweile auch im Süden Deutschlands getestet werden, wo die topografischen Bedingungen besonders anspruchsvoll sind, resümierte Bruns. Das KNE verfolgt bereits seit seiner Gründung vor mehr als fünf Jahren das Potenzial von Kamera- und Radarsystemen zum naturverträglichen Ausbau der Windenergie und hat die Debatte durch einen regelmäßigen Fachaustausch, Publikationen und praxisorientierte Anforderungsprofile vorangebracht. Neben der offenen Frage, wie und durch wen eine technische Zertifizierung stattfinden könnte, sollte es im nächsten Schritt nun darum gehen, eine Anerkennung von Antikollisionssystemen in den Artenschutz-Länderleitfäden zu prüfen. Im aktuellen Entwurf des sächsischen Leitfadens, der sich derzeit in der Konsultation befindet, sind Antikollisionssysteme erstmals als regelmäßig zu prüfende Vermeidungsmaßnahme genannt. Die Formulierung ist unter anderem an die vom KNE im Rahmen eines Forschungsberichts entwickelten Mindestanforderungen angelehnt.

Hintergrund

Antikollisionssysteme haben das Potenzial signifikant erhöhte Tötungsrisiken so weit zu verringern, dass der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand nicht erfüllt wird. Bei ausreichender Leistungsfähigkeit können sie eine Alternative zu einer pauschalen Abschaltung während der Brutzeit darstellen. Durch die automatische bedarfsgerechte Abschaltung mittels Antikollisionssystemen können die Einbußen in der Stromproduktion im Vergleich zu einer pauschalen Abschaltung deutlich verringert werden. Antikollisionssysteme werden erst in einzelnen Länderleitfäden unter dem Vorbehalt weiterer Erprobungen als mögliche Schutzmaßnahme aufgeführt. Das KNE hat ein Anforderungsprofil für eine fachlich valide Erprobung entwickelt.
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Windräder vor Himmel
29.06.2021

Forschungsprojekt in Brandenburg zur Erprobung von Antikollisionssystemen

Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) erforscht und erprobt in Kooperation mit dem KNE Antikollisionssysteme zur Detektion von windenergiesensiblen Vogelarten. Diese sollen verhindern, dass geschützte Greif- und Großvogelarten durch den Betrieb von Windenergieanlagen verletzt werden. Das Projekt ist jüngst gestartet und läuft bis Ende 2022, Auftraggeber ist das Brandenburger Energieministerium. Ziel ist es, zukünftig Zukunft Antikollisionssysteme in Brandenburg zur Vermeidung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen einsetzen zu können. „Das KNE verfolgt die rasante Entwicklung unterschiedlicher Antikollisionssysteme seit seiner Gründung vor fünf Jahren. Die Leistungsfähigkeit der Systeme verbessert sich zunehmend, so dass windenergiesensible Vogelarten wie der Rotmilan oder der Seeadler inzwischen mit bis zu 90-prozentiger Sicherheit auf 600 Meter Entfernung erkannt werden können. Mit dem Vorhaben wollen wir den empirischen Wissensstand über die Leistungsfähigkeit der Systeme verbessern und insbesondere die Eignung für die jeweiligen Standortansprüche in Brandenburg untersuchen. Wir sind davon überzeugt, dass die Ergebnisse auch über Brandenburg hinaus Beachtung finden werden. Wir freuen uns daher als Kooperationspartner der HNEE einen wichtigen fachlichen Beitrag zur Konfliktprävention vor Ort leisten zu können“, kommentiert Michael Krieger. Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Systeme sollen empirisch nachgewiesen und an konkreten und für Brandenburg typischen Standorten erprobt werden. Die Ergebnisse des Projekts von HNEE und KNE sollen als Diskussionsgrundlage für den Dialog mit Entscheidungsträgern des Landes Brandenburg dienen. Die betroffenen Verbände und Ressorts sind über eine Projektarbeitsgruppe als beratendem Gremium in das Projekt eingebunden. Zur Pressemitteilung des Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie (MWAE): Leistungsfähigkeit von Vogeldetektionssystemen im Test
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29.06.2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 06/21

Aktuelles aus Bund und Ländern, Forschung und internationalen Netzwerken

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. Im Mittelpunkt stehen interessante Fakten, politische Positionen und Strategien sowie wissenschaftliche Informationen zur naturverträglichen Energiewende in Deutschland. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um – Schlaglichter aus Politik und Gesellschaft.

Brandenburg

Der Brandenburger Landtag hat mit den Stimmen von SPD, CDU, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen/FREIE WÄHLER einem von den Freien Wählern vorgelegten Gesetzentwurf zugestimmt, der die Verlängerung des Wind-Moratoriums von zwei auf maximal vier Jahre möglich macht. Der Brandenburger Landesverband des BWE forderte bei dieser Gelegenheit (PM 16.06.2021), dass in der Regionalplanung anstelle von Eignungsgebieten Vorranggebiete ausgewiesen werden sollten. Hilfreich wären auch landeseinheitliche Kriterien als Leitplanken für die Regionalplanung. Derzeit sei es möglich, dass es in den fünf regionalen Planungsgemeinschaften Brandenburgs fünf unterschiedliche Kriterienkataloge gebe, was enorme rechtliche Risiken berge. Die Landesregierung müsse die Regionalplaner aktiv bei der Erstellung von rechtssicheren Plänen unterstützen. Um einen weiteren Einbruch der Windenergie zu vermeiden, müssten Windenergieanlagen trotz eines Moratoriums genehmigt werden.

Energy Watch Group

Nach einer neuen Studie des Berliner Thinktanks Energy Watch Group (EWG) könnte die Energieversorgung in Deutschland bereits 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Demnach sei es möglich, nicht nur den Strombedarf allein mit Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Geothermie zu decken, sondern auch die Wärmeversorgung aus rein grünen Quellen zu speisen. Der entscheidende Faktor in Deutschland sei der Ausbau der Windenergie. Mit guten Konzepten ließen sich Windenergieanlagen auch in Naturgebieten auf den Bergen installieren. Die Autoren haben drei Szenarien entwickelt in Abhängigkeit von drei Grundannahmen zur Windenergienutzung im Süden Deutschlands: I. kompletter Verzicht auf den dortigen Windausbau, II. Nutzung von 50 Prozent des dortigen Potenzials, III. Ausschöpfung des gesamten dortigen Potenzials von 37 Gigawatt. Entsprechend werden Folgerungen für den PV-Ausbau, den Ausbau der Netze und die Speichertechnologien gezogen.

Fraunhofer-Institute

Drei Fraunhofer-Institute haben in einer gemeinsamen Analyse herausgearbeitet, dass gerade die ostdeutschen Bundesländer beste Voraussetzungen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft haben. Beim Markthochlauf der Wasserstoffgewinnung und seiner Anwendungsfelder könne Ostdeutschland ganz vorn mitmischen. In einem Masterplan skizzieren sie detailliert die Herausforderungen und Chancen. Mecklenburg-Vorpommern etwa erzeuge 12-mal mehr Strom aus erneuerbaren Energien als zur Deckung der eigenen Stromnachfrage gebraucht werde. Das eröffne Chancen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und Syntheseprodukten. Brandenburg habe mit knapp dem vierfachen Erneuerbare-Energien-Potenzial im Verhältnis zur heutigen Stromnachfrage ebenfalls bedeutsame Möglichkeiten. In den drei anderen neuen Ländern liege das Verhältnis zwischen 1,4 und 2,3. Von den Autoren werden 50 konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, die das Ausschöpfen des Potenzials ermöglichen sollen.

Bund

In Beantwortung einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion teilte die Bundesregierung auf Bundestags-Drucksache 19/30212 mit, dass der Bund bisher fünf Projekte zur Agri-Photovoltaik fördere. Sie plane zudem, die Auswirkungen der Agri-PV auf Natur und Landschaft untersuchen zu lassen. Eine über die für 2022 vorgesehene Ausschreibung hinausgehende spezielle Förderung von Agri-PV-Projekten nach dem EEG sei derzeit nicht geplant. Nach der nationalen Direktzahlungen-Durchführungsverordnung kommen Flächen, auf denen sich Photovoltaikanlagen befinden derzeit nicht für die Gewährung von EU-Direktzahlungen in Betracht. Für die nationale Nachfolgeregelung in der kommenden Förderperiode ab dem Jahre 2023 prüfe man, ob eine Gewährung der EU-Direktzahlungen in Betracht kommen könnte.  Die Anforderungen an Solaranlagen auf Ackerflächen werde die Bundesnetzagentur in der Innovationsausschreibungsverordnung definieren. Das Verfahren hierzu werde kurzfristig eingeleitet werden.

Nordrhein-Westfalen

Mit den Auswirkungen geltender Außenbereichssatzungen auf die Flächenverfügbarkeit für die Windenergie befasste sich eine Kleine Anfrage von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN. Konkret geht es um den Gebrauch der Möglichkeit mittels einer Außenbereichssatzung, Splittersiedlungen im Außenbereich in den Geltungsbereich des 1.000-Meter-Mindestabstandes aufzunehmen und damit die Nutzung der Windenergie weiter zu erschweren. Die Landesregierung teilte auf Drucksache 17/14123 mit, dass das Instrument sehr gezielt und nicht flächendeckend eingesetzt werde. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz plane eine Erhebung, um die Auswirkungen auf das Flächenpotenzial abschätzen zu können. Ansonsten liege das Aufstellen solcher städtebaulicher Satzungen im eigenverantwortlichen Ermessen der Kommunen und sei Ausdruck der ihnen zustehenden kommunalen Planungshoheit.
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25.06.2021

Muss der Artenschutz zurückstecken, um das Klima zu retten?

„Wir brauchen mehr Tempo bei der Energiewende, um unsere Klimaziele zu erreichen und den drohenden Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten. Doch mit der Gleichsetzung ,Klimaschutz ist Naturschutz‘ dürfen wir es uns nicht zu leicht machen. Wir brauchen mehr kreative Konzepte für eine naturverträgliche Energiewende – von Dichtezentren über neue Technologien bis hin zu Artenschutzhilfsprogrammen“, forderte KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke auf dem KNE-Kongress „Klima. Natur. Energie.“ am 24. Juni 2021. Dr. Gregor Hagedorn, Akademischer Direktor am Naturkundemuseum Berlin und Mitinitiator von Scientists 4 Future, betonte in seiner Keynote: „Als Biologe kann ich sagen: Das drohende Artenschutzsterben tut mir unendlich weh. Das Risiko eines ,Weiter so‘ ist größer als das Risiko des Wandels. Unser Problem sind nicht Klimawandelleugner, sondern Nicht-Wahrhaben-Woller."

Versachlichung der Debatte notwendig

Die Paneldiskussion griff die Frage auf, wie stark der Klimawandel die biologische Vielfalt bedroht, und wie dem Einhalt geboten werden kann. Karen Wiltshire, Vizedirektorin des Alfred-Wegner-Instituts, schilderte, wie drastisch die Meere schon heute unter dem Klimawandel leiden. Allein in der Nordsee seien die Folgen in den letzten zwanzig Jahren verheerend. Sie forderte mehr Tempo beim Klimaschutz, aber auch einen umfassenden Dialog mit allen Beteiligten und mehr Forschung über die Auswirkungen auf die Natur. Die Lärmbelastung und Eingriffe in Lebensräume durch Offshore-Windparks bedürften weiterer Forschung. Auch Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie, forderte eine Versachlichung der Debatte auf wissenschaftlicher Basis. Er plädierte für einen deutlich schnelleren Ausbau aller erneuerbarer Energien und für ein gemeinsames Ringen um die besten Lösungen auf Augenhöhe. Die von der Branche geforderten massiven Ausbauziele würden dem Naturschutz Sorgen bereiten, bekannte die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Prof. Dr. Beate Jessel, im Anschluss. Eine naturverträgliche Energiewende sei möglich. „Dabei gilt es, die Belange des Naturschutzes von Anfang an mitzudenken – bei der Auswahl der Standorte, der Ausführungsplanung vor Ort und auch beim Betriebsablauf. Oberste Prämisse muss jedoch sein, ambitionierte Einspar- und Effizienzziele nicht nur zu setzen, sondern auch zu erreichen!“

Internationales Engagement für eine naturverträgliche Energiewende

Dass ein großer Windpark Lebensräume für Flora und Fauna schaffen kann, zeigte eine Reportage über den schottischen Windpark Whitelee. Hier sei es eindrucksvoll gelungen, den Windenergieausbau so umzusetzen, dass der Naturschutz und die Anliegen der Menschen gleichermaßen berücksichtigt wurden, kommentierte KNE-Direktor Dr. Raynal-Ehrke. Erfahrungsberichte aus sechs Ländern zeigten zum Abschluss, dass sich Menschen weltweit mit der Frage beschäftigen, wie sich der Ausbau dezentraler erneuerbarer Energien in Einklang mit Natur und Landschaft gestalten lässt. So unterschiedlich die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen, die geografischen Herausforderungen und spezifischen Lösungsansätze auch sind – alle Akteure waren sich darin einig darin, dass mehr Dialog und ein schnelles Handeln nötig sind, um weltweit Naturschutz und Energiewende zusammenzubringen. Weitere Videos und Konferenzmitschnitte folgen und werden in Kürze auf der Internetseite zum KNE-Kongress und in unserem YouTube-Kanal zur Verfügung gestellt.
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25.06.2021

Gemeinsamer Bericht von Weltbiodiversitätsrat und Weltklimarat

KNE-Lesetipp

Titel: IPBES (2021): IPBES-IPCC co-sponsored workshop on biodiversity and climate change – scientific outcome Der erste gemeinsame Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) und des Weltklimarates (IPCC) verdeutlicht, wie Biodiversitäts- und Klimakrise zusammenhängen und welche Synergien bei den Schutzbestrebungen entstehen. In der aktuellen Klimaschutzdebatte darf der Biodiversitätsschutz nicht vergessen werden. Es gilt, Klima- und Biodiversitätsschutz zusammenzudenken. Hierfür zeigt der Bericht von IPBES und IPCC vielfältige Lösungen auf.

Klimawandel als Treiber des dramatischen Biodiversitätsverlusts

Der Biodiversitätsverlust des vergangenen Jahrhunderts ist zu 34 Prozent auf Änderungen der Nutzungsintensität von Land und Meer zurückzuführen. Weitere 23 Prozent des Biodiversitätsverlusts gehen auf die direkte Nutzung von Arten zurück, jeweils 14 Prozent auf den Klimawandel und die Umweltverschmutzung. Der Einfluss des Klimawandels wird während des 21. Jahrhunderts allerdings voraussichtlich die anderen Verlustursachen überholen. Der klimawandelbedingte Biodiversitätsverlust variiert je nach geographischer Lage und Lebewesen. Wechselwarme marine und Süßwasser-Arten scheinen angesichts der Erwärmung empfindlicher zu sein als terrestrische Arten.

Lösungsansätze für den Kampf gegen den Klimawandel

Weltbiodiversitätsrat und des Weltklimarat setzen auf naturbasierte Lösungen wie die Renaturierung von Ökosystemen. Naturbasierte Lösungen bergen ein großes Potenzial im Kampf gegen den Klimawandel. Ziel dieser Lösungen sollte jedoch nicht allein die rasche Kohlenstoffbindung sein. Der Schutz der Biodiversität sowie die Folgen für die lokale Bevölkerung sollten stets berücksichtigt werden. Synergien zwischen Natur- und Klimaschutz ergeben sich, wenn die Degradierung kohlenstoffreicher Ökosysteme wie Wälder, Feuchtgebiete und Moore aufgehalten oder ihre Wiederherstellung vorangetrieben wird. Dasselbe gilt für aquatische Ökosysteme wie Mangroven, Tangwälder, Salz-und Seegraswiesen.  Da es vor allem die genannten terrestrischen Ökosysteme auch in Deutschland gibt, besteht hier Handlungsbedarf. Auch eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, in der die Pflanzenvielfalt gefördert wird und Düngemittel nur reduziert eingesetzt werden, kann Treibhausgase reduzieren und die Fähigkeit des Bodens, Kohlenstoff zu speichern, steigern. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen sich Biodiversitäts- und Klimaschutz nicht vereinbaren lassen. Viehweiden in Europa können zahlreiche Offenlandarten beherbergen. Die Methanemissionen durch die Wiederkäuer sind jedoch klimaschädlich. Südafrikanische Offenlandökosysteme werden durch kontrollierte Feuer vor Verbuschung und Verwaldung geschützt. Die hohe Albedo der unbewaldeten Landoberfläche sorgt einerseits für lokale Kühlungseffekte, andererseits bleibt das CO2-Senkenpotenzial der bekämpften Wälder ungenutzt. Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen, welche soziale Folgen und den Schutz der Biodiversität unberücksichtigt lassen, sind wenig zukunftsträchtig. Dazu gehören der großflächige Anbau von Energiepflanzen in Monokulturen sowie die zunehmend intensive Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen. Letztere kann Wasserkonflikte hervorrufen und zu einer Versalzung des Bodens führen. Auch der Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie Wasserkraft kann Arten und Ökosysteme beinträchtigen. Außerdem stellt die Aufforstung in Monokulturen – insbesondere in Gebieten, die vorher nicht von Wald bedeckt waren – einen Verlust für die Biodiversität dar. Biodiversitäts- und Klimaschutz müssen zusammengedacht werden. Dafür muss verstärkt auf multifunktionale Maßnahmen gesetzt werden, denn nur durch einen ganzheitlichen und integrierten Ansatz können die global gesteckten Ziele erreicht werden. Der Bericht zeigt hier dringenden Handlungsbedarf auf. Das KNE unterstützt Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen, die zugleich Synergien mit dem Schutz und der Entwicklung der Biodiversität schaffen. Quelle: IPBES (Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) und IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) (2021): IPBES-IPCC co-sponsored workshop on biodiversity and climate change – scientific outcome. 234 S. Link zum Dokument.
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25.06.2021

Muss der Artenschutz zurückstecken, um das Klima zu retten?

KNE-Kongress widmete sich dem Spannungsverhältnis von Klima, Natur und Energie

„Wir brauchen mehr Tempo bei der Energiewende, um unsere Klimaziele zu erreichen und den drohenden Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten. Doch mit der Gleichsetzung ,Klimaschutz ist Naturschutz‘ dürfen wir es uns nicht zu leicht machen. Wir brauchen mehr kreative Konzepte für eine naturverträgliche Energiewende – von Dichtezentren über neue Technologien bis hin zu Artenschutzhilfsprogrammen“, forderte KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke auf dem KNE-Kongress „Klima. Natur. Energie.“ am 24. Juni 2021. Dr. Gregor Hagedorn, Akademischer Direktor am Naturkundemuseum Berlin und Mitinitiator von Scientists 4 Future, betonte in seiner Keynote: „Als Biologe kann ich sagen: Das drohende Artenschutzsterben tut mir unendlich weh. Das Risiko eines ,Weiter so‘ ist größer als das Risiko des Wandels. Unser Problem sind nicht Klimawandelleugner, sondern Nicht-Wahrhaben-Woller."

Versachlichung der Debatte notwendig

Die Paneldiskussion griff die Frage auf, wie stark der Klimawandel die biologische Vielfalt bedroht, und wie dem Einhalt geboten werden kann. Karen Wiltshire, Vizedirektorin des Alfred-Wegner-Instituts, schilderte, wie drastisch die Meere schon heute unter dem Klimawandel leiden. Allein in der Nordsee seien die Folgen in den letzten zwanzig Jahren verheerend. Sie forderte mehr Tempo beim Klimaschutz, aber auch einen umfassenden Dialog mit allen Beteiligten und mehr Forschung über die Auswirkungen auf die Natur. Die Lärmbelastung und Eingriffe in Lebensräume durch Offshore-Windparks bedürften weiterer Forschung. Auch Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie, forderte eine Versachlichung der Debatte auf wissenschaftlicher Basis. Er plädierte für einen deutlich schnelleren Ausbau aller erneuerbarer Energien und für ein gemeinsames Ringen um die besten Lösungen auf Augenhöhe. Die von der Branche geforderten massiven Ausbauziele würden dem Naturschutz Sorgen bereiten, bekannte die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Prof. Dr. Beate Jessel, im Anschluss. Eine naturverträgliche Energiewende sei möglich. „Dabei gilt es, die Belange des Naturschutzes von Anfang an mitzudenken – bei der Auswahl der Standorte, der Ausführungsplanung vor Ort und auch beim Betriebsablauf. Oberste Prämisse muss jedoch sein, ambitionierte Einspar- und Effizienzziele nicht nur zu setzen, sondern auch zu erreichen!“

Internationales Engagement für eine naturverträgliche Energiewende

Dass ein großer Windpark Lebensräume für Flora und Fauna schaffen kann, zeigte eine Reportage über den schottischen Windpark Whitelee. Hier sei es eindrucksvoll gelungen, den Windenergieausbau so umzusetzen, dass der Naturschutz und die Anliegen der Menschen gleichermaßen berücksichtigt wurden, kommentierte KNE-Direktor Dr. Raynal-Ehrke. Erfahrungsberichte aus sechs Ländern zeigten zum Abschluss, dass sich Menschen weltweit mit der Frage beschäftigen, wie sich der Ausbau dezentraler erneuerbarer Energien in Einklang mit Natur und Landschaft gestalten lässt. So unterschiedlich die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen, die geografischen Herausforderungen und spezifischen Lösungsansätze auch sind – alle Akteure waren sich darin einig darin, dass mehr Dialog und ein schnelles Handeln nötig sind, um weltweit Naturschutz und Energiewende zusammenzubringen. Den gesamten Konferenzmitschnitt finden Sie auf der Internetseite zum KNE-Kongress und in unserem YouTube-Kanal.
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11.06.2021

KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“ tauscht sich zu Agri-PV und angrenzenden Fragen aus

Agri-Photovoltaik (PV) verringert die Flächeninanspruchnahme durch Landwirtschaft und erneuerbare Energien und dient damit indirekt dem Naturschutz. Aber kann Agri-PV auch einen aktiven Beitrag zum Naturschutz leisten? Welche Anforderungen ließen sich an Agri-PV-Anlagen stellen, damit Standortwahl und Ausgestaltung möglichst naturverträglich sind?  Über diese und weitere Fragen tauschten sich am 10. Juni im KNE-Forum „Naturverträgliche Solarparks“ bundesweit interessierte Vertreterinnen und Vertreter aus den Ministerien, der Solarbranche, den Naturschutzverbänden, den Energieagenturen und der Wissenschaft aus. Zu Gast waren zudem Vertreter und Vertreterinnen der Landwirtschaft.

Agri-PV – Nische oder Zukunftsmodell für eine naturverträgliche Energiewende?

Wie Agri-PV ganz praktisch aussieht oder aussehen kann, zeigten bildreiche Praxisimpulse zu Beginn des Forums. Ob als Dach von Sonderkulturen, als senkrecht aufgestellte bifaziale Module zwischen denen landwirtschaftliche Maschinen fahren können, ob hoch aufgeständert oder nachlaufend, ökologisch oder konventionell bewirtschaftet. Vieles würde in Sachen Agri-PV schon ausprobiert, berichteten Stephan Schindele von BayWa re., Heiko Hildebrand von Next2Sun und Tobias Keinath vom Frauenhofer ISE in der Veranstaltung. Im großen Stil kommt Agri-PV in Deutschland derzeit aber noch nicht zum Einsatz, dafür fehlten die geeigneten Rahmenbedingungen. Agri-PV ist nicht nur von Seiten der Solarbranche, sondern auch aus Sicht der Landwirtinnen und Landwirte interessant, wie ein Beitrag von Helmut Wahl von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und die anschließende Diskussion im Forum zeigten. Viele von ihnen hätten ein Interesse neue Ertragsmöglichkeiten zu erschließen und einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, würden sich aber fragen: Harmonieren Solarmodule und die alltägliche Bewirtschaftung? Wie entwickeln sich die Erträge und welche Kulturen eignen sich am besten? Lohnt sich der Anbau unter den Modulen, wenn dafür EU-Subventionen wegfallen? Kann ich sicher sein, dass meine Flächen den Status als landwirtschaftliche Flächen behalten? Am Ende der Diskussion stand für die Mehrheit der Teilnehmenden fest: Agri-PV hat nur eine Chance, wenn sich die Rahmendbedingungen dafür änderten. Es sollte von Seiten der Politik stärkere Anreize für die Doppelnutzung der Flächen geben, Agri-PV müsse noch stärker beforscht und geeignete Genehmigungskonzepte müssten entwickelt werden.

Landwirtschaft, Energieerzeugung und Naturschutz verbinden?

Deutlich wurde bei dem Austausch auch, dass Agri-PV über die Reduzierung von Flächenkonkurrenzen hinaus noch nicht automatisch einen aktiven Beitrag zur naturverträglichen Energiewende leistet. Dafür wäre es wichtig, von einer Zweifach- zu einer Dreifachnutzung zu kommen und auch bei Agri-PV Naturschutzaspekte mitzudenken. Sandra Dullau von der Hochschule Anhalt stellte im zweiten Teil des Forums dar, welche Fragen sich mit Blick auf die Naturverträglichkeit von Agri-PV-Anlagen stellten und welche Chancen es für die Biodiversität gebe. Welche bereits erprobten Biodiversitätsmaßnahmen lassen sich an die verschiedenen Agri-PV-Anlagedesigns koppeln? Welche Synergien entstehen durch die Dreifachnutzung? Lässt sich die Akzeptanz der PV auf landwirtschaftlichen Nutzflächen durch Maßnahmen für die Biodiversität steigern? Wie lassen sich Agri-PV-Anlagen in diversifizierte Landnutzungssysteme integrieren? Welcher sozioökonomische Benefit lässt sich generieren? Zu diesen Fragen sei noch viel Forschung nötig, die in den nächsten Jahren angegangen werden müsse. Dass Agri-PV auch in Biosphärenreservaten denkbar sei, zeigte ein Projektvorhaben im Saarland, das Hans-Henning Krämer von der Biosphäre Bliesgau vorstellte. Hier soll eine extensive Mähwiese mit PV-Modulen bestückt werden. Nach einer intensiven Diskussion über die Auswirkungen auf die Avifauna, die Sinnhaftigkeit von Blühstreifen in der konventionellen Landwirtschaft beziehungsweise im Schatten der Module sowie die Mindestbreite von Blühstreifen, hielt es nur rund ein Drittel der Forums-Teilnehmenden  für möglich, dass sich Landwirtschaft, Energieerzeugung und Naturschutz verbinden lassen. Fast die Hälfte glaubte hingegen, dass einer der drei Punkte immer „hinten runterfallen“ wird. Das zeigte sich auch in der Diskussion darüber, ob man Agri-PV nicht mit dem Anspruch auf Naturverträglichkeit überfrachte. Kritisch wurde auch die im Vergleich zu konventionellen PV-Anlagen häufig größere Flächeninanspruchnahme und daher potenziell stärkere Beeinträchtigung des Landschaftsbildes diskutiert. Gleichzeitig zeigen ein Teil bislang schon laufender oder erprobter Projekte, die im Forum vorgestellt wurden, dass sich Agri-PV mit ökologischem Landbau oder aber auch als Kombination von Photovoltaik, Blühstreifen und landwirtschaftlichen Flächenanteilen durchaus umsetzen lässt.

Mehr Akzeptanz durch Naturschutz?

Schließlich spielte die Frage der Akzeptanz von Freiflächenanlagen im Allgemeinen und Agri-PV-Anlagen im Besonderen noch eine zentrale Rolle. Für die Potenziale, die Solarparks für die Biodiversität und den Naturschutz bieten, sei insgesamt noch viel Werbung nötig. Wenn Kommunen vor Ort gut eingebunden seien und Fragen nach dem Landschaftsbild, dem Naturschutz und möglicher Mehrfachnutzung der Flächen mitgedacht würden, steige erfahrungsgemäß die Akzeptanz, erklärten mehrere Teilnehmende. So ließen sich die Widerstände, mit denen der Ausbau der Windenergie zu kämpfen hat und die auch schon einige der Teilnehmenden in Bezug auf Solarparks erfahren haben hoffentlich noch abwenden.

Ausblick

Das KNE wird den Austausch zur naturverträglichen Gestaltung von Solarparks im Rahmen des Forums weiter fördern und ermöglichen, dass sich bundesweit die beteiligten Akteure zu Themen austauschen, die ihnen selbst am Herzen liegen. Übergeordnete Fragestellungen sind dabei: Welche erfolgreichen Praxisbeispiele gibt es bereits? Welche Ideen, Bedenken und Fragen bestehen von verschiedenen Seiten und wie können Solarparks und Naturschutz besser zusammengebracht werden? Das Forum findet zweimal im Jahr statt. Das vertiefende Thema des nächsten Forums steht noch nicht fest.

Weiterführende Informationen

  • Meldung zum KNE-Forum "Naturverträgliche Solarparks" zu Standort- und Qualitätskriterien naturverträglicher Solarparks am 19. Januar 2021
  • Meldung zum Auftakt des KNE-Forums „Naturverträgliche Solarparks“ am 18. September 2020
  • KNE-Podcast #6 Wie verändern Solarparks unsere Landschaft?
  • KNE-Publikation "Auswirkungen von Solarparks auf das Landschaftsbild - Methoden zur Ermittlung und Bewertung"
  • KNE-Auswahlbibliografie „Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Naturschutz“
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Illustration Detektionssystem zum Vogelschutz
10.06.2021

Neue Veröffentlichung des KNE: Checkliste für Antikollisionssysteme

Technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen (Antikollisionssysteme) besitzen das Potenzial, Vogelkollisionen wirkungsvoll zu vermeiden. Durch den Einsatz dieser Systeme sollen signifikant erhöhte Tötungsrisiken von windenergiesensiblen Vogelarten gesenkt und das Eintreten des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes verhindert werden. Eine hohe Wirksamkeit der Systeme ist jedoch nur bei ausreichender Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit wahrscheinlich. Das KNE hat Wirksamkeitsanforderungen an Antikollisionssysteme formuliert und diese in eine Arbeitshilfe beziehungsweise Checkliste übersetzt. Die Publikation „Anforderungen an Antikollisionssysteme zum Schutz von Vögeln an Windenergieanlagen – Checkliste für eine qualifizierte Entscheidung über die Anwendbarkeit“ soll Behörden dabei unterstützen, zu beurteilen, ob ein Antikollisionssystem zur Senkung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos an einem bestimmten Standort als fachlich geeignete Maßnahme in Frage kommt. In der Checkliste werden die entscheidungsrelevanten Parameter abgefragt. Dazu gehören das Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen, die technische Leistungsfähigkeit der Detektion, die sich aus Erfassungsreichweite, Erfassungsrate und der fakultativen Erkennungsrate zusammensetzt, sowie die rechtzeitige Reaktion. Darüber hinaus spielt es eine zentrale Rolle, ob eine ausreichende räumliche Abdeckung am Standort erreicht werden kann. Mithilfe der Antwortvorgaben kann herausgearbeitet werden, inwieweit die Anforderungen erfüllt werden. Die Anwendung der Checkliste ermöglicht eine erste Einschätzung, ob der Einsatz eines Antikollisionssystem am fraglichen Standort erfolgversprechend sein kann. Die Checkliste ist ein Ergebnis, das im Rahmen des vom BfN geförderten FuE-Vorhabens „Anforderungen an technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen“ erarbeitet wurde. Der Abschlussbericht dieses Vorhabens wird zeitnah veröffentlicht.

Veranstaltungshinweis

Weiterführende Hinweise

  • FuE-Vorhaben „Anforderungen an technische Überwachungs- und Abschaltsysteme an Windenergieanlagen“
  • Publikation von BfN/KNE/FA Wind „Technische Systeme zur Minderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen. – Entwicklungsstand und Fragestellungen – BfN-Skripten 571“
  • Die Synopse „Detektionssysteme zur ereignisbezogenen Abschaltung von Windenergieanlagen zum Schutz von tagaktiven Brutvögeln“
  • KNE-Publikation "10 Fragen - 10 Antworten zu Detektionssystemen"
  • KNE-Video "Detektionssysteme zur Verminderung von Vogelkollisionen an Windenergieanlagen"
  • KNE-Podcast #1 Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermeiden
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07.06.2021

KNE-Podcast: Wie geplante Windenergieanlagen realitätsgetreu visualisieren?

Bei der Planung von Windenergieanlagen spielen optische Auswirkungen eine zentrale Rolle. Sachgerechte Visualisierungen sind wichtig, um mögliche Beeinträchtigungen von Anwohnenden, der Landschaft oder von Denkmälern möglichst objektiv einzuschätzen. Worauf es dabei ankommt erklärt Dr. Mathis Danelzik im Gespräch mit Dr. Torsten Raynal-Ehrke und Michael Krieger. Die Fachagentur Windenergie an Land, die Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern und das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende haben einen praxisorientierten Leitfaden erarbeitet, um eine verlässlichere Handhabung und Prüfung von 2-D-Visualisierungen von Windenergieanlagen zu ermöglichen. Der Leitfaden „Gute fachliche Praxis für die Visualisierung von Windenergieanlagen“ beschreibt Anforderungen an eine fotobasierte 2-D-Visualisierung hinsichtlich Methodik und Darstellung sowie spezielle Erfordernisse je nach Fachbereich und Aufgabenstellung. Zusätzlich enthält er hilfreiche und praxisorientierte Informationen hinsichtlich Auswahl, Festlegung, Anfertigung und Darstellung von Betrachtungspunkten. Fragen oder Anregungen gern an podcast@naturschutz-energiewende.de. Folgen Sie uns auf Twitter: @KNE_tweet. Abonnieren Sie unseren YouTube-Kanal.
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25.05.2021

Extrakte aus Politik und Gesellschaft 05/21

Aktuelles aus dem Bund, Thüringen, Bayern und vom BUND und dem Paritätischen Gesamtverband

In „Extrakte“ veröffentlicht das KNE regelmäßig Fragmente aus parlamentarischen und ministeriellen Veröffentlichungen sowie aus publizierten Beiträgen von Akteuren der Energiewende. 

Bund

1 - Der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU) der Bundesregierung hat sein 391-seitiges Hauptgutachten 2021 vorgelegt. Thema ist die „Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration“ in einer Situation, in der sich der Multilateralismus in einer tiefgreifende Krise befinde. Nur wenn sich der Umgang mit Land grundlegend ändere, könnten die Klimaschutzziele erreicht, der dramatische Verlust der biologischen Vielfalt abgewendet und das globale Ernährungssystem nachhaltig gestaltet werden. Er schlägt daher fünf exemplarische Mehrgewinnstrategien vor, um Konkurrenzen zwischen Nutzungsansprüchen zu überwinden. Diese beziehen sich auf: Renaturierung, Schutzgebietssysteme, Landwirtschaftssysteme, Ernährungsstile und die Bioökonomie. Diese sollten durch fünf Governance-Strategien vorangetrieben werden, darunter insbesondere die Setzung geeigneter Rahmenbedingungen, eine Neuorientierung der EU-Politik und die Errichtung von Gemeinschaften gleichgesinnter Staaten. 2 - Können Autobahnen Energie liefern? – Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) untersucht im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums und gemeinsam mit der Autobahn GmbH die Tauglichkeit einer Photovoltaik-Straßenüberdachung an der A 81 (PM10/2021). Der Baubeginn ist für den Herbst 2021 geplant. Danach wird der Betrieb der Anlage etwa ein Jahr wissenschaftlich begleitet. Auf einer Fläche von 10 mal 17 Metern in über 5 Metern Höhe wird neben der Energiegewinnung durch Photovoltaik (PV) auch der Schutz der Fahrbahn vor Witterung getestet. So könnten einerseits Betriebs- und Wartungskosten reduziert sowie andererseits die Dauerhaftigkeit der Fahrbahn und die Verkehrssicherheit erhöht werden. Die Energieerzeugung für E-Tankstellen könnte so mit geringen Netzausbaukapazitäten ermöglicht werden. Auch Sicherheit und Komfort an Parkplätzen könnten durch Beleuchtung und andere elektrisch betriebene Einrichtungen profitieren. Der Demonstrator soll bei der Tank- und Rastanlage Hegau-Ost in Baden-Württemberg gebaut werden. Pilotanwendungen sollen folgen.

Bayern

Auf Drucksache 18/14983 hat das Staatsministerium Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Daten zu Windenergieanlagen in bayrischen Wäldern veröffentlicht. In bayerischen Wäldern waren Ende 2019 insgesamt 294 Windenergieanlagen am Netz, davon 101 Anlagen auf dem Gebiet der Bayerischen Staatsforsten. Nach Abzug der Ersatzaufforstungen per Saldo wurden rund 44,8 Hektar Fläche dafür verbraucht. Für insgesamt zehn Windenergieanlagen wurde der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung aus artenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt. Fünf Anträge sind aufgrund noch zu klärender artenschutzrechtlicher Fragen bisher nicht verbeschieden. In 16 Fällen wurde der Genehmigungsantrag unter anderem wegen artenschutzrechtlicher Bedenken zurückgenommen. Auch im Wald gibt es geeignete und verträgliche Standorte für Windenergieanlagen. Waldflächen, die nur während der Bauphase kahlgeschlagen werden, sind innerhalb von drei Jahren wieder aufzuforsten. Eigene Begleitforschung zum Windenergieausbau in Wäldern zusätzlich zu den zahlreichen Forschungsvorhaben auf Bundesebene ist nicht geplant.

BUND und Paritätischer Gesamtverband

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und Der Paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband haben „Eine Zukunftsagenda für die Vielen“ vorgelegt. In dem Forderungspapier für eine ökologische und gerechte Gesellschaft für alle Menschen werden soziale und ökologische Maßnahmen vorgeschlagen, die deutlich machen sollen, dass ökologischer Umbau der Gesellschaft und soziale Gerechtigkeit zusammengehören. Gefordert werden unter anderem die Aufhebung von Ausschreibungen (mindestens für Projekte unter 18 MW bei der Windenergie und unter 1 MW bei Photovoltaik-Projekten), eine soziale und ökologische Agrar- und Ernährungswende, soziale Sicherheit für die Transformation (Aufbau eines Transformationsfonds), ein ausreichend finanzierter starker Naturschutz, eine Senkung des Ressourcenverbrauchs, Klimagerechtigkeit und eine UN-Konvention für ein nachhaltiges Chemikalien-, Abfall- und Stoffstrommanagement.

Thüringen

Laut der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur (ThEGA) hat sich die Anzahl der Windenergieanlagen im Freistaat im vergangenen Jahr in Thüringen gegenüber 2019 nicht verändert. Klimafreundlichen Strom produzieren weiterhin 837 Windräder. Zwar sind 16 neue Anlagen 2020 ans Netz gegangen. Gleichviel ältere Anlagen wurden aber in diesem Zeitraum auch stillgelegt. Durch das Ersetzen der stillgelegten Windräder durch leistungsstärkere Anlagen (Repowering) erhöhte sich die installierte Leistung jedoch um 43,5 Megawatt. Die Gesamtleistung der Windenergie in Thüringen beträgt zirka 1.640 Megawatt, womit mehr als eine Million Haushalte mit erneuerbarem Strom versorgt werden. Auf 0,33 Prozent der Landesfläche stehen derzeit Windenergieanlagen. Bis 2025 werden in Thüringen etwa 200 weitere Windräder mit einer Gesamtleistung von rund 170 Megawatt aus der staatlichen EEG-Förderung fallen. Deshalb müssten die Raumordnungspläne zügig fertiggestellt und eine klare Repowering-Strategie entwickelt werden.
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Großer Abendsegler eine Baumfledermaus im Wald
© Bernd Wolter - stock.adobe.com
21.05.2021

Neuigkeiten aus der Forschung zum Fledermausschutz bei Windenergievorhaben

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – das neue Tool ProBat Inspector

Seit einigen Jahren werden auf der Grundlage akustischer Erfassungen der Fledermausaktivität an Gondeln von Windenergieanlagen standortspezifische Abschaltalgorithmen zum Fledermausschutz festgelegt. Gutachterinnen und Gutachter können diese zum Beispiel mit dem Tool ProBat vornehmen. Das Tool wurde erst kürzlich im Rahmen eines laufenden BfN-Vorhabens auf eine rein onlinebasierte Version (ProBat 7) umgestellt, welche deutlich anwendungsfreundlicher sein soll als die früheren Microsoft Access-Versionen (siehe Aktuelle Meldung vom 21.12.2020). Kürzlich wurde nun ergänzend ein weiteres separates Tool online gestellt, mit dem insbesondere Behörden, aber auch Projektierer oder beauftragte Gutachter kontrollieren können, ob die in der Genehmigung festgelegten Abschaltzeiten der Windenergieanlagen zum Fledermausschutz auch tatsächlich eingehalten wurden. Die App nennt sich "ProBat Inspector". Die Projektverwaltung und Dateneingaben sind ähnlich wie bei ProBat gestaltet. Als Ergebnis erhält man eine grafische Darstellung aller relevanter Nachtzehntel des betreffenden Jahres und hat zudem die Möglichkeit, einen Ergebnisbericht zu erzeugen, der alle zur Prüfung der Abschaltzeiten relevanten Informationen enthält.

ProBat auf der Tagung „Evidenzbasierter Fledermausschutz bei Windkraftvorhaben“

Das Tool ProBat war auch Thema gleich mehrerer Beiträge auf der Tagung „Evidenzbasierter Fledermausschutz bei Windkraftvorhaben“ des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung am 15. April 2021. Prof. Dr. Veith stellte eine Masterarbeit vor, in der unter anderem der Einfluss des Eingabeparameters „Windgeschwindigkeit“ auf die berechneten Abschaltalgorithmen bei den ProBat-Versionen 5.4 und 6.2 miteinander verglichen wurden. Ergebnis einer händischen Erhöhung der Windgeschwindigkeiten war, dass ProBat 5.4 bei der Berechnung von Abschaltzeiten kaum sensibel auf stärkere Windgeschwindigkeiten reagierte, obwohl man doch hier mit höheren „Cut in-Windgeschwindigkeiten“ rechnen müsste. Dieser Kritik begegnete Dr. Oliver Behr vom ProBat-Entwicklungsteam, in dem er erläuterte, dass ProBat in der 5.4er-Version bekanntermaßen und bewusst mit einem Standarddatensatz aus den RENEBAT-Forschungsvorhaben im Hintergrund gearbeitet hätte. Unter anderem gemessene Windeingangsdaten seien seinerzeit oft fehlerbehaftet gewesen. Erst in der 6.2er-Version hätten diese daher einen gewissen Einfluss zugesprochen bekommen. Für den Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit und Fledermausaktivität werden jedoch auch in den jüngeren ProBat-Versionen die im RENEBAT-Vorhaben ermittelten Verteilungen verwendet. In seinem anschließenden Vortrag zu Neuerungen in ProBat 7 relativierte Dr. Behr auch nochmals ausführlich die wiederkehrende Kritik an ProBat im Zusammenhang mit den bestehenden Grenzen der akustischen Fledermauserfassung. ProBat sei im Zuge der RENEBAT-Vorhaben und darüber hinaus mehrfach weiterentwickelt worden und dabei sowohl auf unterschiedliche Erfassungsgeräte und Empfindlichkeiten als auch auf größere Rotoren angepasst worden. Die Aufzeichnung der akustischen Aktivität im Rotorbereich der WEA stelle, wie bei biologischen Erfassungen üblich, nur eine Erfassung einer Stichprobe dar. In den RENEBAT-Vorhaben wäre durch Schlagopfernachsuchen der Zusammenhang zwischen stichprobenhaft gemessener akustischer Aktivität und Schlagrisiko der WEA ermittelt worden. Dementsprechend sei es nicht notwendig, sämtliche Fledermausaktivität im Rotorbereich zu erfassen. Die Wirksamkeit der in ProBat berechneten Betriebsalgorithmen sei im Forschungsvorhaben RENEBAT II überprüft worden. Dr. Volker Runkel appellierte in einem Impuls daran, die im Rahmen von Gondelmonitorings an Tausenden WEA erfassten akustischen Monitoring-Daten zusammen auszuwerten und dabei auch Möglichkeiten des maschinellen Lernens zu nutzen. Dafür müssten die bei der Erfassungsmethoden bestehenden Standards um solche zur Datenauswertung erweitert werden.

Bedarfsgerechte Abschaltungen bei Fledermäusen keine Option

Ein weiterer Impulsvortrag auf der Tagung wurde verdeutlichte, dass die bedarfsgerechte, spontane Abschaltung von WEA zum Fledermausschutz – anders als bei kollisionsempfindlichen Vogelarten – bei Fledermäusen keine Option ist. Alle derzeit verfügbaren Erfassungstechniken dürften hinsichtlich der erforderlichen Erfassungsreichweiten und einer nächtlichen Erfassung nicht hinreichend geeignet sein. Zudem würde es aufgrund der im Vergleich zu Vögeln deutlich höheren Aktivität von Fledermäusen in WEA-Nähe zu einer sehr hohen Zahl von Abschaltvorgängen kommen.

Schwierigkeiten bei der Populationsabgrenzung führen zu Einschränkungen für eine Ausnahmeerteilung vom Tötungsverbot bei Fledermäusen

Eine Vorstellung verschiedener Ansätze zur Abgrenzung von Fledermaus-Populationen durch Cosima Lindemann von der Universität Trier verdeutlichte, dass in der Eingriffsplanung von WEA nur kleinskalige, durch ökologische Parameter funktional abgegrenzte Populationen anhand der Wochenstuben für das Störungsverbot sowie Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen operabel sind. Beim Tötungsverbot ist der Populationsansatz aufgrund nicht schließbarer bestehender Wissenslücken bei der Abgrenzung von „Wandernden Population“ nicht anwendbar. Trotz bzw. aufgrund bekannter Kollisionen ziehender Fledermäuse an WEA seien Ausnahmeerteilungen vom individuenbezogenen Tötungsverbot nach § 45 BNatSchG daher in der Regel nicht umsetzbar.

Mopsfledermaus unter bestimmten Voraussetzungen mit Windenergievorhaben vereinbar

Aktuelle Forschungsergebnisse des Gutachterbüros FrInaT zur waldbewohnenden Mopsfledermaus ergaben, dass vorhandene Quartiere im Umfeld von Windenergieanlagen (WEA) kein Ausschlusskriterium für den Bau eines Windparks sind, wenn sie außerhalb der jeweiligen Kernhabitate der Art und mit einem passenden Maßnahmenkonzept geplant werden.

Neue Erkenntnisse zum Abendsegler – dem häufigsten Fledermaus-Kollisionsopfer an Windenergieanlagen

Telemetrie-Untersuchungen des IZW an Großen Abendseglern ergaben, dass bei der Raumnutzung bzw. Interaktion mit WEA keine geschlechtsspezifischen Unterschiede bestünden, wie dies frühere Untersuchungen bislang vermuten ließen. Eine pauschale Anlockwirkung durch WEA konnte nicht bestätigt werden, über alle untersuchten Individuen hinweg wurde in einem Gebiet sogar eher eine Meidung festgestellt. Bei der Betrachtung einzelner untersuchter Individuen, wurde jedoch eine sehr unterschiedliche Raumnutzung und damit auch potenziell das Kollisionsrisiko erhöhende WEA-nahe Raumnutzungen deutlich. Die Quartiernähe zu WEA scheint zudem ein entscheidender Faktor für das Auftreten des Großen Abendseglers an WEA zu sein. Bei größeren Windparks traten Individuen deutlich verstärkt an den randlichen WEA auf, was de facto Auswirkungen auf die Kollisionsrisiken der Anlagen innerhalb der betreffenden Parks haben dürfte. Die Forschungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Das KNE behält das Thema Windenergie und Fledermäuse weiterhin im Blick und informiert Sie auch weiterhin gerne über Neuigkeiten! Weiterführende Informationen
  • Steckbrief zur Studie "Untersuchungen und Maßnahmen zur Minderung der Auswirkungen von Windenergieanlagen im Wald (Hurst et al. 2016)"
  • Aus der KNE-Rubrik Fragen & Antworten "Wie hoch ist die Zahl der Windenergieanlagen an Land in Deutschland, die mit nächtlichen Abschaltungen zum Schutz von Fledermäusen betrieben werden?"
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Illustration Gluehbirne auf gelbem Grund
21.05.2021

Eine Zeitreise ins Jahr 2050

KNE-Lesetipp

Titel: Staud, T., Reimer, N. (2021): Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird.  An Studien, Berichten und Sachbüchern zum Klimawandel mangelt es nicht. Die Journalisten Nick Reimer und Toralf Staud unternehmen in einem soeben erschienenen Buch den Versuch, die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf Deutschland im Jahr 2050 zu projizieren: Schon heute ist es hierzulande 1,6 Grad Celsius wärmer als vor der Industrialisierung. In den nächsten 30 Jahren kommen mindestens weitere 0,4 Grad Celsius hinzu – unabhängig davon, wie sehr die Treibhausgasemissionen gesenkt werden. Wie wird unser Leben in Deutschland in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts konkret aussehen, wenn es immer heißer, trockener und stürmischer wird? Neben Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, unsere Städte, Landwirtschaft, Energieerzeugung, Sicherheit und Wirtschaft geht es im dritten Kapitel um Konsequenzen für Natur und Landschaft. Der Kuckuck zeigt beispielhaft, wie rasch klimatische Veränderungen die Natur empfindlich stören. Der Langstrecken-Zugvogel kehrt Mitte April aus seinem Winterquartier zurück nach Deutschland. Weil aber typische Wirtsvögel wie der Teichrohrsänger, in dessen Nester der Kuckuck seine Eier legt, wegen der nun wärmeren Frühjahre eher zu brüten beginnen, wird es für den Kuckuck immer schwieriger, Nester mit Eiern zu finden. Eine Untersuchung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) von über 500 in Deutschland geschützten Tierarten kam zu dem Schluss, dass lediglich elf Prozent von ihnen wohl relativ problemlos mit der erwarteten Erderhitzung zurechtkommen werden. Weiter steigende Temperaturen bringen für 77 Prozent der untersuchten Tierarten ein mittleres Überlebensrisiko, zwölf Prozent werden als Hochrisikogruppe klassifiziert. Der Klimawandel werde künftig zum größten Treiber für den Verlust an Biodiversität in Deutschland, betonte kürzlich auch Jörg-Andreas Krüger, Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), im KNE-Podcast. Der Klimawandel lässt aber auch hitzeresistentere Arten in Deutschland gedeihen – darunter allerdings auch den Borkenkäfer, den Eichenprozessionsspinner oder tropische Mückenarten, die unter anderem für eine Verbreitung des Dengue-Fiebers sorgen. Eindrücklich ist das Fazit von Autor Toralf Staud: „Klimaschutz ist Heimatschutz. Wenn wir nicht den stärksten Klimaschutz machen, der überhaupt möglich ist, haben wir in 50 oder 80 Jahren ein komplett anderes Land.“ Allerdings darf auch nicht verschwiegen werden, dass auch der Ausbau dezentraler Erneuerbarer-Energien-Anlagen selbst mit negativen Einflüssen auf Natur und Landschaft verbunden sein können und es immer wieder gilt, diese Folgen vor Ort zu minimieren, auszugleichen oder durch eine gute Planung zu vermeiden. Das Buch wirft wichtige Fragen zum Verhältnis von Klimaschutz, Artenschutz und Energiewende auf. Wer sich näher für das Thema interessiert, sei auf den KNE-Kongress am 24. Juni verwiesen. Quelle: Staud, T., Reimer, N. (2021): Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird. Verlag Kiepenheuer & Witsch 2021, ISBN: 9783462000689.
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11.05.2021

Mehr Tempo bei der Energiewende!

„Dem Naturschutz nützt es gar nichts, wenn wir mit den Erneuerbaren nicht vorankommen“, betont Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in einer neuen Folge des Podcasts „Naturschutz und Energiewende“. Im Gespräch mit KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke und KNE-Geschäftsführer Michael Krieger geht es um die Frage, wie die Interessen zwischen Klimaschutz, Biodiversität und Energiewende austariert werden können. Fehlende Flächen seien derzeit das größte Hemmnis für den Ausbau der Windenergie an Land und zunehmend auch für Solarparks. Aber auch die Verfahrensdauer von Genehmigungen sei ein Hemmnis, wenn man die Klimaschutzziele erreichen wolle. Zwar müsse man sich Zeit nehmen, um Konflikte vor Ort im Gemeininteresse zu lösen, jedoch: "wir müssen echt schneller werden“, so Andreae. 2050 sei – entgegen dem persönlichen Empfinden – aus energiepolitischer Sicht nicht mehr weit weg, das Zeitfenster eng. Sorgen bereite der Verbandschefin mit über 1.900 Mitgliedern auch die noch ganz am Anfang stehende Energiewende im Wärmesektor, die von der nächsten Bundesregierung konzentrierter angegangen werden müsse. Der BDEW lege großen Wert auf die Naturverträglichkeit der Energiewende, sie sei aller Anstrengungen wert. Dabei dürfe aber nicht übersehen werden, dass es letztlich um den Schutz von Arten gehen müsse, nicht um den Schutz jedes einzelnen Individuums. In der Gesamtbetrachtung einer ganzen Bandbreite weiterer Faktoren spiele die Windenergie eine untergeordnete Rolle für das Vogelsterben. Der KNE-Podcast Das KNE Das 2016 gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) ist eine von der Umweltstiftung Michael Otto getragene und vom Bundesumweltministerium finanzierte Einrichtung. Zweck der gemeinnützigen GmbH ist die Unterstützung einer naturverträglichen Energiewende vor Ort. Das KNE bietet Beratung und umfangreiche Fachinformationen an, es organisiert Dialog und Austausch, und vermittelt, wenn es beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu Konflikten kommt, speziell ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren.
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11.05.2021

Mehr Tempo bei der Energiewende! Das KNE im Gespräch mit BDEW-Chefin Kerstin Andreae

„Dem Naturschutz nützt es gar nichts, wenn wir mit den Erneuerbaren nicht vorankommen“, betont Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in einer neuen Folge des Podcasts „Naturschutz und Energiewende“. Im Gespräch mit KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke und KNE-Geschäftsführer Michael Krieger geht es um die Frage, wie die Interessen zwischen Klimaschutz, Biodiversität und Energiewende austariert werden können. Fehlende Flächen seien derzeit das größte Hemmnis für den Ausbau der Windenergie an Land und zunehmend auch für Solarparks. Aber auch die Verfahrensdauer von Genehmigungen sei ein Hemmnis, wenn man die Klimaschutzziele erreichen wolle. Zwar müsse man sich Zeit nehmen, um Konflikte vor Ort im Gemeininteresse zu lösen, jedoch: "wir müssen echt schneller werden“, so Andreae. 2050 sei – entgegen dem persönlichen Empfinden – aus energiepolitischer Sicht nicht mehr weit weg, das Zeitfenster eng. Sorgen bereite der Verbandschefin mit über 1.900 Mitgliedern auch die noch ganz am Anfang stehende Energiewende im Wärmesektor, die von der nächsten Bundesregierung konzentrierter angegangen werden müsse. Der BDEW lege großen Wert auf die Naturverträglichkeit der Energiewende, sie sei aller Anstrengungen wert. Dabei dürfe aber nicht übersehen werden, dass es letztlich um den Schutz von Arten gehen müsse, nicht um den Schutz jedes einzelnen Individuums. In der Gesamtbetrachtung einer ganzen Bandbreite weiterer Faktoren spiele die Windenergie eine untergeordnete Rolle für das Vogelsterben. Foto: BDEW/Trutschel
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30.04.2021

Mit Dichtezentren Artenschutz und Windenergieausbau voranbringen?

Mit Hilfe von Dichtezentren für windenergiesensible Arten sollen artenschutzrechtliche Konflikte bereits auf der Ebene der Planung vermindert werden. Welche Ansätze die Länder entwickelt haben, um einerseits einen wirksamen Artenschutz und andererseits den Ausbau der Windenergie an Land zu ermöglichen, war Gegenstand eines digitalen Fachgesprächs am 29. April 2021 mit rund 150 Teilnehmenden. „Die Ausweisung von Vorranggebieten für die Windenergie ist ein entscheidender Hebel, um den Ausbau der Windenergie voranzutreiben”, betonte Dr. Elke Bruns, Abteilungsleiterin im Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE). Durch Dichtezentren als Teil eines raumbezogenen Steuerungsansatzes sei es möglich, artenschutzrechtliche Konflikte frühzeitig zu vermeiden und Windenergieprojekte auf verträgliche Standorte zu lenken. Das Konzept der Dichtezentren sieht vor, über ausgewiesene Schutzgebiete hinaus Bereiche zu identifizieren, die eine hohe Siedlungsdichte reviertreuer Arten aufweisen. Darüber hinaus sollen diese Gebiete in einigen Bundesländern die Funktion einer (Quell-) Population erfüllen: Durch Reproduktionsüberschüsse in den Dichtezentren sollen Individuenverluste an anderer Stelle ausgeglichen werden. Im Gegenzug sollen Windenergieanlagen dann in den dafür ausgewiesenen Gebieten realisiert werden können. Eine Reihe von Bundesländern hat die Dichtezentrenausweisung bereits in ihre jeweiligen Leitfäden und Erlasse aufgenommen. Welche Ansätze es in den Ländern gibt, zeigt ein Gutachten des Planungsbüros Bosch & Partner im Auftrag des KNE. Dichtezentren werden derzeit zumeist für den Rotmilan, in einigen Ländern aber auch für weitere windenergiesensible Vogelarten ausgewiesen. Das können Gebiete mit hoher Individuendichte, aber auch seltene Einzelvorkommen sein.  In Hessen wurden auch Schwerpunktvorkommen  für Fledermäuse abgegrenzt. Bei der Ermittlung von Dichtezentren werden unterschiedliche Kriterien und Methoden angewendet: In manchen Ländern ist im Wesentlichen die Brutpaardichte pro Flächeneinheit ausschlaggebend, in anderen wird auch die Habitatausstattung in die Abgrenzung einbezogen. So entstehen in den Ländern Dichtezentren mit unterschiedlichem räumlichen Umgriff. Im Fachgespräch wurden einzelne Länderkonzepte und deren Besonderheiten vorgestellt und eine Reihe fachlicher und methodischer Fragen diskutiert:  Anhand welcher Kriterien grenzt man solche Gebiete sinnvoll ab, und wie weist man nach, dass sie die gewünschte Funktion als Quell-Population auch erfüllen? Wovon hängt es ab, ob für alle windenergiesensiblen Arten Dichtezentren ermittelt werden oder nur für ausgewählte? Reichen die vorliegenden Brutvogelkartierungen aus, und in welchen zeitlichen Abständen sind Fortschreibungen erforderlich? Elke Bruns betonte, dass die Ausweisung von Dichtezentren auf soliden fachlichen Füßen stehen sollte, zumal sie Auswirkungen auf die Nutzbarkeit des Raumes und – in einigen Ländern – auch auf die Zulässigkeit von Windenergieanlagen haben. Idealerweise sollte man länderübergreifend im Zuge von Fortschreibungen zu einheitlicheren Vorgehensweisen und Konzepten kommen. NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann präsentierte eine Studie, die aufzeigt, wie auf der Grundlage einer Brutvogelkartierung und unter Berücksichtigung von Abstandsradien bundesweit Dichtezentren abgegrenzt werden könnten. Demnach stünde mit den auf Basis dieser Methode ermittelten Dichtezentren mindestens zwei Prozent (und damit noch ausreichend) Fläche für die Windenergienutzung zur Verfügung. Voraussetzung sei allerdings, dass die Windenergieanlagen auf den Flächen außerhalb der Dichtezentren entweder im Rahmen der Regelgenehmigung (Signifikanzprüfung) oder durch die Erteilung von Ausnahmen genehmigt werden würden. Ob diese Voraussetzung erfüllt werden kann, ist gegenwärtig jedoch nicht absehbar.

Hintergrund

Das KNE möchte angesichts des Potenzials von Dichtezentren für eine artenschutzkonforme Steuerung des anstehenden massiven Windenergieausbaus auf das Erfordernis hinweisen, bald einen Konsens über die fachwissenschaftliche Belastbarkeit des Konzeptes zu erzielen und verstärkt einheitliche Anforderungen für Methodik und Praxis der Dichtezentren zu entwickeln.
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