Berlin, 13. Mai 2024

Antikollisionssysteme – aktuelle Entwicklungen und Probleme in der Praxis

Zwei Webinare im Rahmen des FuE-Projektes

Das KNE-Forschungsprojekt „Antikollisionssysteme in der Praxis“ befasst sich mit der Frage, wie Antikollisionssysteme (AKS) als eine der in § 45b Absatz 6 Bundesnaturschutzgesetz genannten Schutzmaßnahmen Eingang in die Genehmigungspraxis finden können. Im Rahmen des Projektes wurden nun zwei Webinare zu den Themen „Genehmigung von AKS – Basiswissen und aktuelle Entwicklungen“ und „AKS als Schutznahmen im BNatSchG – alle Probleme gelöst?“ durchgeführt.

Webinar 1 „Genehmigung von AKS – Basiswissen und aktuelle Entwicklungen“

Das erste Webinar am 30. April 2024 richtete sich an Vertreterinnen und Vertreter von. Dort wurde der aktuelle Wissenstand rund um die grundlegenden Fragen zum Einsatz von AKS präsentiert. Dr. Elke Bruns (Projektleiterin) gab im ersten Teil der Online-Veranstaltung einen Überblick über die technische Ausstattung, den Entwicklungsstand von Detektionssystemen, wie sie funktionieren und was sie leisten müssen, um als wirksam zu gelten.

AKS gelten laut Gesetz als fachlich geeignet. Sie versprechen ein hohes Schutzniveau, da das Kollisionsrisiko für  Brutvogelarten dadurch - auch über einen längeren Zeitraum hinweg bedarfsgerecht verringert werden kann.  In der Praxis stellt sich die Anwendung jedoch als nicht so einfach dar. Zum einen gilt bisher erst ein einziges Detektionssystem als wirksam. Es kann zum Schutz des Rotmilans, in zwei Bundesländern auch zum Schutz des Seeadlers eingesetzt werden. Weitere Systeme sind noch in der Erprobung, Die Vertreter und Vertreterinnen der Unteren Naturschutzbehörden wünschten sich eine Klärung, wer für die Anerkennung zuständig ist und wie das Prozedere der Anerkennung abläuft. Hierzu konnte das FuE-Projekt nur vorläufige Angaben machen.

Zum andern setzen, wie Maik Pommeranz (Projektmitarbeiter) erläuterte, die Zumutbarkeitsbeschränkungen für Schutzmaßnahmen insbesondere der Anwendung von kostenintensiven AKS Grenzen. Dies gilt vor allem  an den weniger ertragreichen Standorten, da dort die Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit schneller erreicht ist. Wenn ein AKS hingegen mehrere WEA abdecken kann und die Kosten aufgeteilt werden können, erhöhen sich die Spielräume für den Einsatz der Systeme. Die Teilnehmenden kritisierten in ihren Rückmeldungen, dass es an konkreten Vollzugshinweisen fehle, wann AKS eingesetzt werden sollten.

Unsicherheiten bestehen auch bei der Frage, wie AKS im Genehmigungsbescheid zu behandeln sind. In dem Webinar wurde ein aktuelles Urteil thematisiert, wonach der Behörde ein Abschaltkonzept vorliegen müsse, so dass die Vermeidungswirksamkeit der Maßnahme beurteilt werden kann. Die Teilnehmenden bestätigten, dass eine Handreichung für die rechtssichere Anordnung von AKS bei Änderungen und oder Neugenehmigungen hilfreich sei.

Webinar 2 „AKS als Schutznahmen im BNatSchG – alle Probleme gelöst?“

Das zweite Webinar fand am 7. Mai 2024 statt und richtete sich speziell an Naturschutz- und Umweltverbände. Ziel war es auch hier zunächst Basiswissen über die Funktionsweise einer automatisch gesteuerten Abschaltung zu vermitteln. Die Verbandsvertreter und -vertreterinnen konnten sich im Zuge des Webinars ein Bild über den Stand der technischen Entwicklungen sowie über die Anerkennung wirksamer Detektionssysteme machen und zahlreiche Fragen stellen.

Skepsis und Wissensbedarf bleiben

Einige Webinarteilnehmerinnen und -teilnehmer zeigten sich skeptisch, ob die Systeme insbesondere an Standorten mit mehreren Brutpaaren kollisionsgefährdeter Arten und zugleich hohem Aufkommen an Nahrungsgästen zurechtkommen würden. Gefragt wurde auch nach den Möglichkeiten einer nachträglichen Ausstattung von WEA mit einem AKS. Wiederum andere Teilnehmer und Teilnehmerinnen meldeten, dass sie in ihrem Zuständigkeitsbereich in den letzten zwei Jahren noch keine AKS als Genehmigungsauflage auf dem Tisch gehabt hätten. Insgesamt überwog in der Runde die Skepsis darüber, welche Zukunft die AKS unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen haben könnten.

Fachkontakt
Dr. Elke Bruns
Leiterin Fachinformation
+49 30 7673738-20
elke.bruns@naturschutz-energiewende.de

Titelbild: Illustration Tino Herrmann

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Ziel des FuE-Vorhabens ist es, die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Antikollisionssystemen (AKS) zu klären, um deren Anwendung in Genehmigungsverfahren auf eine fachwissenschaftlich abgesicherte Grundlage zu stellen.